Von: apa
Ein Revitalisierungsprojekt am Inn in Zams im Tiroler Oberland soll die dortige Gewässerstruktur verbessern und neue Lebensräume für aquatische Flora und Fauna schaffen. Für die baulichen Maßnahmen, deren Kosten von Bund, Land Tirol und der Gemeinde Zams getragen werden, ist unter anderem ein Aufweitungsbereich von 8.000 Quadratmetern sowie die Entnahme von 30.000 Kubikmetern zur Geländeabsenkung vorgesehen, hieß es bei einem APA-Lokalaugenschein an Ort und Stelle.
Man gehe davon aus, dass sich “durch die Ausweitung und die Absenkung Schotterbänke bilden, die einmal überströmt und dann wieder nicht überströmt sind”, erklärte Andreas Murrer von der Abteilung Wasserwirtschaft des Landes. Durch diese unterschiedlichen Charakteristiken entstünden “neue, wichtige Lebensräume”, zu denen auch zwei temporär wasserführende Au-Tümpel sowie ein “Stillwasserbereich” zählten. Letzterer soll mit dem “Grundwasser kommunizieren” und damit ein Habitat für Amphibien darstellen, erklärte Murrer, auf einem Schotterweg vor einem dichten Auwald stehend.
Wichtig sei bei dem Projekt, das mit Gesamtkosten von 1,6 Millionen Euro zu Buche schlägt, weiters, dass auch der nahe gelegene Köllbach an den Inn “angebunden” werde. “Dadurch entsteht für die Fischfauna ein Rückzugsraum und ist schließlich auch wichtig als Laichhabitat”, betonte Murrer. “Insgesamt soll jedenfalls die Fläche wieder “mobilisiert werden” sowie die derzeit “recht monotone Artenzusammensetzung wieder verbessert werden”, benannte der Experte die Erwartungshaltung an die Maßnahme. Die Revitalisierung soll beginnend mit Herbst 2025 bis Anfang 2027 in zwei Niedrigwasserphasen federführend durch das Baubezirksamt Imst umgesetzt werden.
Für Maßnahme nach “Ufern mit Revitalisierungspotenzial gesucht”
Für diese Maßnahme habe man gezielt nach “Ufern am Inn mit Revitalisierungspotential gesucht”, berichtete indes Walter Michaeler von der Abteilung Umweltschutz des Landes. “Hier in Zams gab es schließlich eine Fläche am Fließgewässer, die ursprünglich in die natürliche Hochwasserdynamik eingebettet war”, strich er heraus. Zudem habe es hier bereits einen degradierten Auwald gegeben, dessen dynamischer Auencharakter allerdings gegenwärtig “fast komplett fehlt”.
Mit den nunmehr gesetzten Maßnahmen orientiere man sich am “ursprünglichen Zustand”, den man wiederherzustellen versuche. “Unsere Hoffnung ist, dass die Natur dann ebenfalls auf diese Zustandswiederherstellung reagiert und sich vermehrt die Grauerle oder der Flussuferläufer ansiedeln”, meinte Michaeler.
Von ebenjenem “ursprünglichen Zustand” – wie auch immer dieser genau ausgehen haben mag – ist aktuell beim Lokalaugenschein in Zams wenig zu bemerken. Noch wirkt der Auwald weniger wild oder ursprünglich als vielmehr ein wenig verwahrlost, die Baumkronen sind teilweise abgestorben. Der Weg zum Inn und damit auch zum kommenden Naherholungsgebiet für die Bevölkerung führt eher durch Dickicht, als dass diese Mini-Wanderung einladend oder attraktiv wäre. Dennoch ist zu erahnen, welches Potenzial in diesem Projekt steckt und wie es Ökologie und Naherholung kombinieren könnte.
Wichtig sei jedenfalls, dass man ein solches Projekt nicht “isoliert” betrachten dürfe, erklärten Murrer und Michaeler unisono und lenkten damit den Blick wieder vor allem auf den ökologischen Aspekt der Maßnahmen. “Es sind gewissermaßen Insel-Biotope, die wie eine Perlenkette ineinandergreifen müssen”, erklärte Murrer. So gebe es etwa bereits vergleichbare Revitalisierungsprojekte in Tösens und Mils im Oberland, im Bereich Telfs und Innsbruck sowie bei Radfeld im Unterland. “In Summe bzw. in der Korrespondenz miteinander und untereinander haben diese Projekte eine nachhaltige ökologische Wirkung”, führte er aus.
Für Ökologen keine “Biodiversität-Saltos” zu erwarten
Ebendies betonte auch der Ökologe und Gewässerexperte Gabriel Singer von der Universität Innsbruck im APA-Gespräch: “Von solchen lokalen Projekten darf man sich nicht erwarten, dass die Biodiversität Saltos schlägt.” Ein “lokales Habitat” sei zwar grundsätzlich positiv, aber oft seien andere Habitate zu weit entfernt. “Das bedeutet dann, dass die Distanz zur Quellpopulation zu groß und damit die Wirkung gering ist.” Ganz generell müsse man solche “Revitalisierungsprojekte” jedenfalls weniger lokal, als zumindest großflächiger über Regionen hinweg denken, strich Singer heraus: “Wir müssen den Flüsse ganz generell wieder viel mehr Fläche zurückgeben”. Das werde über kurz oder lang nicht gehen, ohne dass man sich dafür landwirtschaftliche Flächen “zurückhole”.
Dennoch bewertet der Ökologe solche “lokalen Projekte” wie jenes in Zams prinzipiell als wichtig, denn: “Da solche Projekte immer auch Naherholungsgebiete für die Bevölkerung schaffen, wird auch Bewusstsein für die Natur und für die Wichtigkeit von Renaturierung geschaffen.” Außerdem sei jeder kleinere oder auch größere Schritt in dieser Hinsicht ein Schritt in die richtige Richtung.
Revitalisierungsprojekt soll auch “Naherholungsgebiet” schaffen
Auch der Bürgermeister der Gemeinde Zams, Landtagsabgeordneter Benedikt Lentsch (SPÖ), sah einen ebensolchen Schritt in die richtige Richtung. Er betonte aber zugleich auch, dass das Projekt für die Gemeinde selbst auf zwei Beinen stehe: “Wir sehen nicht nur die ökologische Aufwertung und damit einhergehende Verbesserungen, sondern auch die Aufwertung des Gebietes als Naherholungsgebiet für die Bevölkerung.”
Das Inn-Revitalisierungsprojekt verfolge zahlreiche Ziele und sei auf vielen Ebenen nützlich und sinnvoll, ließen auch die ressortzuständigen Landesräte Josef Geisler (ÖVP) und René Zumtobel (SPÖ) wissen. “Beim ökologischen Wasserbau wie hier geht es nicht nur um Hochwasserschutz, wenn der Inn einmal mehr Wasser führt”, bemerkte Geisler. Wichtig sei darüber hinaus auch, dass “unsere Flüsse als lebendige Lebensräume erhalten und weiterentwickelt werden”, so Geisler. Darauf fokussierte sich auch Zumtobel: “Mit den 8.200 Quadratmetern, die entsprechend ausgeweitet werden, sollen noch mehr Lebensräume für Pflanzen, Vögel, Fische und Amphibien geschaffen werden.”
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