Von: idr
Bozen – Für viele Menschen bedeutet der Jahreswechsel Party, Freude und jede Menge Feuerwerk. Für Millionen Haustiere beginnt jedoch am Morgen des 31. Dezember ein ums andere Mal der schlimmste Tag des Jahres: Hunde, die vor Panik zitternd unter dem Bett kauern, Katzen, die tagelang verschwunden bleiben, Wildvögel, die desorientiert gegen Hindernisse prallen und viele weitere traurige Schicksale.
Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Am Silvestertag entlaufen laut dem deutschen Haustierregister TASSO rund fünfmal so viele Hunde wie an einem durchschnittlichen Tag – 457 verglichen mit 84 an normalen Tagen. In Italien starben laut der Tierschutzorganisation AIDA&A allein in der Silvesternacht 2022 rund 400 Haustiere durch die Auswirkungen von Feuerwerk.
Die Gründe liegen auf der Hand: Hunde hören nicht nur um ein Vielfaches besser, sondern auch Frequenzen zwischen 15 und 50.000 Hertz, Katzen sogar bis 65.000 Hertz – Menschen hingegen nur bis etwa 20.000 Hertz. Bereits ein einzelner Knallkörper kann bei einem Hund bereits zu massiven Hörschäden führen. Dazu kommen grelle Lichtblitze, der beißende Geruch von Schwarzpulver und die schiere Unberechenbarkeit. Tiere können nicht verstehen, woher die Geräusche kommen oder wann sie aufhören.
Die Vorbereitung macht den Unterschied
Wer seinem Tier die Silvesternacht erträglicher machen möchte, sollte früh anfangen. Schon Tage vorher kann man einen sicheren Rückzugsort einrichten – am besten einen Raum auf der straßenabgewandten Seite, mit zugezogenen Vorhängen oder heruntergelassenen Rollläden. Eine gemütliche Höhle, eine offene Transportbox mit weichen Decken oder ein ruhiger Platz unterm Bett können helfen. Manche Tiere ziehen sich auch von selbst in Kleiderschränke oder hinter Sofas zurück – diese Orte sollte man zugänglich lassen.
Hintergrundgeräusche wie ein laufender Fernseher oder ruhige Musik können die Knallgeräusche übertönen. Manche Tierhalter schwören auf beruhigende Klassik oder speziell komponierte Entspannungsmusik für Tiere. Wichtig: Die Vorbereitung beginnt nicht erst am 31. Dezember. Schon in den Tagen davor sollte der Rückzugsort eingerichtet sein, damit sich das Tier daran gewöhnen kann.
Der Silvestertag selbst
Hundebesitzer sollten die letzte Gassirunde möglichst einige Stunden vor Mitternacht absolvieren. Um möglichen Frühzündern vorzubeugen, sollten Hundehalter eventuell in Gehörschutz investieren und die Tiere zur Sicherheit zu jeder Zeit an der Leine führen. Selbst der ruhigste Hund kann bei einem unerwarteten Knall in Panik geraten und sich losreißen.
Gegen Mitternacht beginnt für die meisten Tiere, vor allem in Städten, der blanke Horror. Wer seinem Tier etwas Gutes tun will, bleibt daher zu Hause. Die bloße Anwesenheit des Menschen, den das Tier kennt und dem es vertraut, kann bereits Wunder wirken. Dabei gilt: Selbst entspannt bleiben. Tiere spüren die Stimmung ihres Halters. Wer selbst nervös ist, überträgt diese Nervosität.
Wichtig ist auch, das Tier nicht zu bedrängen. Manche Hunde suchen in Stresssituationen die Nähe, andere ziehen sich zurück. Beides ist in Ordnung. Wer seinen Hund übermäßig tröstet oder bemitleidet, kann die Angst sogar noch verstärken – das Tier interpretiert die Aufmerksamkeit als Bestätigung, dass tatsächlich Gefahr besteht.
Medikamente und Chips
Viele Tierbesitzer fragen sich, ob sie ihrem Tier etwas gegen die Angst geben sollten. Die Antwort lautet: niemals auf eigene Faust. Sedativa oder Beruhigungsmittel müssen vom Tierarzt verschrieben werden. Falsch dosiert können sie mehr schaden als nutzen. Es gibt allerdings natürliche Alternativen wie Bachblüten, CBD-Öle oder Pheromonsprays, die manche Tiere beruhigen. Auch diese sollten jedoch vorher mit dem Tierarzt besprochen und rechtzeitig ausprobiert werden.
Trotz aller Vorsicht passiert es Jahr für Jahr: Tiere reißen sich los und laufen panisch davon. Ohne Kennzeichnung ist die Chance, sie wiederzufinden, minimal. Ein Mikrochip allein reicht nicht – er muss auch in einer Datenbank registriert sein. Auch kleine GPS-Sender wie AirTags oder herkömmliche Mittel wie eine Hundemarke mit einer Telefonnummer erhöhen die Chancen, im Zweifelsfall seinen Vierbeiner wiederzusehen.
Ein Appell an die Vernunft
Bei der anhaltenden Debatte um Feuerwerksverbote oder -einschränkungen geht es nicht darum, Menschen den Spaß zu verderben. Es geht um Rücksichtnahme. Wer unbedingt böllern möchte, sollte zumindest Abstand zu Wohngebieten halten und im Hinterkopf behalten, dass sein Vergnügen für andere Lebewesen Todesangst bedeuten kann. Modifizierte Knallkörper, die nur darauf ausgelegt sind, möglichst laut zu knallen, verbietet der Anstand – und das Gesetz ohnehin.
Bis sich politisch etwas ändert, liegt es an jedem Einzelnen. An Tierbesitzern, ihre Schützlinge bestmöglich zu schützen. Und an jenen, die feiern wollen, dies mit Augenmaß zu tun.




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