Der Schwiegermutter geht es besser

Südtiroler baut Cannabis an – ganz legal

Freitag, 20. Oktober 2017 | 08:10 Uhr

Bozen – Bis in die 1930-er Jahre war Italien der zweitgrößte Cannabisproduzent der Welt und der größte Hanfgarn-Hersteller. Wie in Südtirol wurde Hanf in Italien vor allem wegen seiner starken Faser angebaut. Weil Hanf offiziell als Droge eingestuft wurde, verschwanden die Felder Mitte des 20. Jahrhunderts. Der Anbau wurde fast weltweit verboten. Nun kehrt Cannabis zaghaft in unser Land zurück. Ein Südtiroler, der eigene Plantage angelegt hat, nutzt Hanf vor allem für therapeutische Zwecke.

Die Rede ist von allerdings von Nutzhanf, der im Unterschied zu illegalem Marihuana weniger als 0,2 Prozent an berauschendem Tetrahydrocannabinol (THC) enthält. In Italien wurde im Dezember 2016 ein Gesetzentwurf zur Legalisierung von Nutzhanf angenommen.

Ohne Übertreibung kann man der Pflanze nahezu sagenhafte Eigenschaften zuschreiben. Hanf ist die stärkste Naturfaser, die es gibt. Früher wurden Seile, Segel und Stoffe aus Hanf hergestellt. Die Pflanze ist außerdem feuchtigkeitsregulierend und schädlingsresistent. Dadurch sind nicht nur weniger Pestizide nötig, sondern die Eigenschaft macht Hanf auch als Dämmstoff im Bauwesen interessant.

Hanf wächst extrem schnell und gedeiht in fast jeder Erde gut. Weil Cannabis-Pflanzen Tiefwurzler sind, lockern sie den Boden, ziehen Mineralstoffe aus tiefer Erdschicht und sind so die ideale Wechselfrucht.

Neben Kleider und Baumaterialien lassen sich auch Papier und ein eigenes Mehl aus Hanf herstellen, aus den Samen kann man Öl pressen, aus den frischen Blüten wird – ähnlich wie bei Holundersaft – ein Sirup gekocht.

Bereits im August 2016 wurde bei den Carabinieri in Bozen Anzeige wegen einer mutmaßlichen illegalen Hanfplantage erstattet. Wie sich herausstellte, handelte es sich allerdings um einen Fehlalarm. Die Gärtnerei Schullian hatte an der Meraner Straße in Bozen hat ein 3.000 Quadratmeter großes Feld mit Industriellem Cannabis bebaut – zur Bodenpflege.

Nun hat Markus Trojer Prinoth rund 300.000 Euro für die Zucht von hochwertigem Nutzhanf ausgegeben. Wo die Anlage in Südtirol steht, bleibt vorerst geheim. Ihn interessieren vor allem die therapeutischen Wirkungen von Cannabis.

Weil in Hanf antibakterielle und krampflösende Stoffe enthalten sind, gilt die Pflanze unter anderem als Heilmittel bei Hautinfektionen, chronischen Entzündungen und Asthma. Dass Hanf schmerzlindernd und entspannend wirkt, ist bekannt. Aus den getrockneten Blüten und Blättern kann man unter anderem das Arzneimittelbestandteil Cannabidiol (CBD) herausfiltern, das entkrampfend und entzündungshemmend wirkt und in verschiedenen Studien auf den Einsatz bei Krankheiten wie Epilepsie und Krebs erforscht wird.

Im Fall von Markus Trojer Prinoth war es das Leiden seiner Schwiegermutter, der es wegen einer Multiple Sklerose-Erkrankung immer schwieriger fiel, ein normales Leben zu führen, das ihn zum Hanf führte. Sein Labor ist italienweit derzeit einzigartig.

Der Südtiroler möchte sein Produkt vor allem für die Behandlung von chronischen und invalidisierenden Krankheiten vertreiben.

In unserem Land nehmen derzeit mehrere 100 Personen medizinisches Cannabis ein. Der Bedarf sei aber höher, erklärte Peter Grünfelder von Cannabis Social Club Medien gegenüber. Der Verein, der 2015 gegründet wurde, setzt sich für die Förderung von medizinischem Cannabis ein. Jeder Arzt darf es zwar verschreiben, allerdings gibt es immer noch Hürden. So hat das Ministerium selbst die Einfuhr von medizinischem Cannabis kontingentiert.

Laut Staatsgesetz soll jede Region eine eigene Durchführungsverordnung ausarbeiten, damit jene, die dringenden Bedarf haben, schneller das Medikament erhalten. In Südtirol gibt es allerdings noch keine solche Verordnung. Auch eine Schulung der Ärzte wäre nötig.

Von: mk

Bezirk: Bozen