Nahrungsergänzungsmittel

VZS: “Unzulässige Versprechen sind die Regel”

Montag, 22. September 2025 | 11:53 Uhr

Von: mk

Bozen – In den sozialen Medien tummeln sich zahlreiche Influencerinnen und Influencer aus der Fitness- und Gesundheitsszene. Die deutsche Verbraucherschutzorganisation foodwatch hat daher die Instagram-Stories von 95 ausgewählten deutschsprachigen Influencerinnen und Influencern, welche eine Kooperation mit einem Nahrungsergänzungsmittel-Hersteller unterhalten, 20 Tage lang beobachtet. In insgesamt 674 Stories wurden Nahrungsergänzungsmittel oder deren Hersteller beworben. 358 Stories, in denen es um konkrete Produkte ging, prüfte foodwatch auf die Verwendung von gesundheitsbezogenen Angaben und wurde bei rund einem Drittel der Stories fündig. In all diesen Fällen stuft foodwatch mindestens eine der gemachten Aussagen als unzulässig und somit sämtliche der untersuchten Produktwerbungen mit Gesundheitsversprechen als irreführend ein.

„In der EU ist die Verwendung von gesundheitsbezogenen Angaben für die Bewerbung von Lebensmitteln detailliert geregelt“, weiß Silke Raffeiner, die Ernährungsexpertin der Verbraucherzentrale Südtirol (VZS). „Laut der so genannten Health-Claims-Verordnung dürfen nur Aussagen über wissenschaftlich geprüfte Wirkungen verwendet werden. Krankheitsbezogene Angaben dagegen, also Aussagen in Zusammenhang mit der Heilung, Linderung oder Vorbeugung von Krankheiten, sind bei Lebensmitteln immer verboten.“

Trotzdem präsentierten die beobachteten Influencerinnen und Influencer Nahrungsergänzungsmittel als „Wundermittel“ gegen Müdigkeit, Hautprobleme, Gelenksprobleme oder zur Fettverbrennung. Zudem machten sie (unzulässige) Aussagen, welche sich nicht auf einzelne Inhaltsstoffe, sondern auf das Produkt als Ganzes beziehen, Aussagen über Inhaltsstoffe wie Kollagen, für welche bislang keine Health Claims zugelassen sind, sowie unspezifische Aussagen wie „besserer Schlaf“.

Damit gaukeln Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln im Verbund mit Influencern den Verbrauchern vor, die beworbenen Produkte seien unverzichtbar für die Gesundheit. Influencerinnen und Influencer stellen sich selbst als Vertrauenspersonen dar, Werbebotschaften werden folglich als authentische persönliche Empfehlungen und nicht als Werbung wahrgenommen. Problematisch ist dabei, dass rund ein Fünftel der beobachteten Stories, anders als vorgeschrieben, nicht als Werbung gekennzeichnet war. Häufig werden den Anhängern und Anhängerinnen zudem attraktive Rabatte mittels spezieller Codes angeboten.

Viele Verbraucher und Verbraucherinnen denken, Nahrungsergänzungsmittel und deren Wirkungen würden geprüft, bevor die Produkte in den Handel kommen. Doch im Unterschied zu Arzneimitteln ist eine solche Prüfung für Nahrungsergänzungsmittel nicht erforderlich, weswegen die allermeisten Nahrungsergänzungsmittel ungeprüft auf den Markt gelangen. Solange keine gesetzlichen Höchstmengen für Vitamine und Mineralstoffe existieren, kann eine Überdosierung nicht ausgeschlossen werden, auch werden immer wieder Präparate aufgrund schädlicher Inhaltsstoffe aus dem Verkehr gezogen.

Foodwatch bemängelt, dass in den sozialen Medien die vollmundigsten Versprechen gemacht werden könnten, ohne dass die (in Deutschland) zuständigen Behörden einschreiten würden. Verbraucher und Verbraucherinnen müssten daher besser vor Täuschung sowie möglichen Risiken und Nebenwirkungen geschützt werden. Es müsse sichergestellt werden, dass Influencerinnen und Influencer, welche Werbung für Nahrungsergänzungsmittel machen, keine unzulässigen gesundheitsbezogenen Werbeaussagen machen. Außerdem fordert foodwatch ein behördliches Zulassungsverfahren für Nahrungsergänzungsmittel sowie die Festlegung von Höchstmengen für Vitamine und Mineralstoffe in Nahrungsergänzungsmitteln.

Bezirk: Bozen

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