Von: mk
Bozen – Vor 1700 Jahren, am 3. März 321, hat Kaiser Konstantin mit einem kaiserlichen Edikt die erste staatliche Sonntagsschutzregelung eingeführt. Der internationale „Tag des freien Sonntags“, der immer am 3. März begangen wird, soll den Blick auf den Wert des Sonntags lenken. Die Allianz für den freien Sonntag fragt sich: Ist dieses Jubiläum aber wirklich Grund zum Feiern?
Der Sonntag sei kein aus der Mode gekommenes Relikt aus längst vergangenen Zeiten, sondern ein Wert für den Einzelnen und für die gesamte Gesellschaft. Aus diesem Grunde wurde am 3. März 2009 in Südtirol die Allianz für den freien Sonntag gegründet. Seitdem geht es dieser Allianz um den Schutz des Sonntags aus religiöser Sicht, um den arbeitsfreien Sonntag aus der Sicht der Arbeitnehmer (Gewerkschaften) und aus der Sicht des Wettbewerbs (hds).
Eine Reihe von Sensibilisierungskampagnen wurden ins Leben gerufen (Sonntagslicht, Aufkleber- und Plakataktionen, Faltblätter), es gab Hirtenbriefe vom Bischof – aber all diese Initiativen haben kaum etwas gebracht, wie der Blick auf die vollen Parkplätze vor den Geschäften an Sonntagen aufzeigt. Die Allianz hat auch ihr Gesicht verändert, sie wurde ökumenisch ausgerichtet und der hds wurde Vollmitglied.
Bei all ihren Initiativen hat die Allianz für den freien Sonntag immer wieder deutlich gemacht, nicht gegen, sondern für etwas zu sein – nicht gegen die Öffnungszeiten der Geschäfte an Sonn- und Feiertagen, sondern für das Wohl des Menschen, für soziale Kontakte, für das Wohl der vielen Klein- und familiengeführten Betriebe in Südtirol, für die Möglichkeit, den eigenen Glauben zu leben.
Es haben verschiedene Treffen mit Politikern stattgefunden – im Bewusstsein, dass ohne politische Einflussnahme die totale Liberalisierung der Sonn- und Feiertage fortschreiten wird. Diese Initiativen gipfelten in den sogenannten „Selbstverpflichtungen“, bei denen 16 Landtagsabgeordnete mit ihrer Unterschrift bekräftigt hatten, sich für eine konsequente Eindämmung verkaufsoffener Sonn- und Feiertage einzusetzen und sich für die Rückübertragung der Kompetenzen zur Regelung der Öffnungszeiten an Sonn- und Feiertagen an die Autonome Provinz Bozen – Südtirol stark zu machen. Nur ein Jahr nachdem diese Unterschriften gesetzt wurden, hatte die Landesregierung entschieden, die Geschäfte an Sonn- und Feiertagen offen zu halten, obwohl auf dem Staatsgebiet die Ausnahmesituation die Schließung der Geschäfte vorsah. „Eine rein lokale Fehlentscheidung“, findet die Allianz.
Das Argument, wonach diese Öffnung an Sonn- und Feiertagen die Wirtschaft ankurbeln würde, was 2012 unter der Regierung Monti zur Liberalisierung geführt hatte, werde seit vielen Jahren wiederlegt. „Insgesamt profitieren weder die Wirtschaft noch die Arbeiter davon! Es stimmt zwar, dass dem Handel die Konkurrenz aus dem Internet stark zusetzt, doch eine ‚24-7-Verfügbarkeit‘ bekommt man nicht mit einer Sonntagsöffnung in den Griff, vielmehr mit Maßnahmen für fairen Wettbewerb wie z.B. die gleiche Besteuerung“, erklärt die Allianz für den freien Sonntag.
Sonntagsarbeit sei nötig, wenn es z.B. um die Gesundheit (Krankenhäuser), um die Sicherheit der Bürger und Bürgerinnen (Polizei, öffentlicher Verkehr) und um die Freizeitgestaltung (Museen, Tourismus, Gasthäuser) geht. „Aber: Ein Euro kann nicht zweimal ausgegeben werden!“ Die Liberalisierung der Geschäftsöffnungszeiten habe zur Erkenntnis geführt, dass der Umsatz nicht gesteigert worden sei, sondern sich nur verlagert habe.
„Gesetzliche Regelungen sind wichtig“, so Bischof Ivo Muser, der ergänzt: „Noch wichtiger sind Überzeugungen und das konkrete Verhalten, das sich aus der eigenen Überzeugung ergibt. Deshalb meine Bitte: Halten wir den Sonntag – damit der Sonntag unserem Leben und Zusammenleben Halt gibt!“
Der Allianz für den freien Sonntag gehören an:
· Diözese Bozen-Brixen
· Katholisches Forum
· Consulta delle aggregazioni laicali
· Evangelisch-Lutherische Gemeinde
· Rumänisch-orthodoxe Gemeinde
· der Allgemeine Gewerkschaftsbund (AGB/CGIL)
· der Südtiroler Gewerkschaftsbund (SGB/CISL)
· die Südtiroler Gewerkschaftskammer (SGK/UIL)
· der Autonome Südtiroler Gewerkschaftsbund (ASGB)
· der Handels- und Dienstleistungsverband Südtirol (hds)
Auch Frauen im KVW erinnern an den Schutz des freien Sonntags
„Der Sonntag soll sich von den anderen Tagen der Woche unterscheiden und wurde, wie es schon das Wort ‚Sonntagsruhe‘ zum Ausdruck bringt, auch in diesem Sinn gesetzlich geschützt“, erklärt KVW-Frauenvorsitzende Helga Mutschlechner. Für die Frauen im KVW soll der Sonntag kein Tag zum Shoppen sein. Er gehöre in erster Linie der Familie, aber auch der Geselligkeit, der Erholung und er diene der Ausübung der Religion. Der Sonntag sei der Tag, an dem möglichst viele Menschen gemeinsame Zeit verbringen sollten. Ohne Gemeinsamkeiten bröckle das gesellschaftliche Leben, warnen die Frauen im KVW.
„Als Konsumentinnen und Konsumenten sind wir alle mitverantwortlich für den Erhalt des Sonntagsschutzes, in dem wir zum Beispiel nicht dem Konsumdruckhinterherlaufen und die Freizeit nicht im Shoppingcenter verbringen, sondern bewusst etwas gemeinsam tun“, sagt Helga Mutschlechner.
Seit Jahren lasse sich eine schleichende Aushöhlung des Sonn- und Feiertagsschutzes beobachten. Die wirtschaftlichen Interessen würden dabei über die menschlichen Bedürfnisse gestellt.
In manchen Berufen gehe es ohne Sonntagsarbeit nicht. Dazu zählen vor allem die Berufe im Gesundheitsbereich, im Bereich Sicherheit und Mobilität, um nur einige anzuführen. Diesen Berufsgruppen zollen die Frauen im KVW große Wertschätzung und fordern eine faire Behandlung.
Was hingegen die Sonntagsöffnung der Geschäfte betrifft, steigere diese nicht den Umsatz. Jeder Euro könne bekanntlich nur einmal ausgegeben werden. Es entstehe dadurch lediglich eine Verlagerung des Konsums und dies geschehe zum Nachteil für die dort arbeitenden Verkäuferinnen und deren Familien.
„Wir alle stehen in der Verantwortung, uns für den Erhalt des freien Sonntags zum Wohl einer humanen Gesellschaft einzusetzen“, meint Helga Mutschlechner, Landesvorsitzende der Frauen im KVW.
Progressive Besteuerung bedeutet, dass mit steigendem Einkommen die Steuerlast steigt. Das Einkommen von Besserverdienern wird also mit einem höheren Steuersatz belastet als das Einkommen von jemandem, der weniger verdient. Dieses für die Gemeinschaft wichtige Prinzip dürfe aber nicht nur für die arbeitende Bevölkerung und die Kleinunternehmer gelten. Es müsse vielmehr auf alle Einkommen angewendet werden. Auch dürfe es nicht weiter dadurch unterlaufen werden, dass die Spitzensteuersätze mehr und mehr gedrückt werden.
„Der Zusammenhalt der Gesellschaft lebt davon, dass man die anstehenden Herausforderungen in einem fairen Miteinander schultert“, sagt Karl Brunner. „Wenn man als Familie auf den Berg geht, gibt man auch nicht der Siebenjährigen den großen Rucksack. Warum sollten wir das im Steuersystem so machen?“. Sozial gerecht sei, wenn die Lasten fair verteilt sind.