"Schatz an Wissen und Können"

AFI im Dialog: Junge Rentner und arbeiten im Ruhestand

Freitag, 13. Juni 2025 | 11:24 Uhr

Von: Ivd

Bozen – Kurz vor der Rente stellen sich viele die Frage: Soll der wohlverdiente Ruhestand ausschließlich zur Erholung genutzt werden oder wäre ein Weiterarbeiten in geringfügigem Ausmaß doch erfüllender und sinnvoller? Ob aus finanziellen oder persönlichen Gründen – der Wunsch, aktiv zu bleiben, ist für viele präsent. „Gerade bei der Weitergabe von Wissen an jüngere Kollegen können Pensionierte, die gerne einige Stunden weiterarbeiten, eine große Bereicherung sein“, betont AFI-Direktor Stefan Perini. „Entscheidend ist, dass die Rahmenbedingungen stimmen und dass jede Form der Weiterarbeit nicht aus der Not heraus erfolgt.“

Im fünften Webinar der Reihe „AFI im Dialog“ hat das AFI | Arbeitsförderungsinstitut die arbeitsrechtlichen, politischen und gesellschaftlichen Dimensionen der Arbeit nach dem Renteneintritt in den Blick genommen. Konkret geht es um Personen, die das Pensionsalter bereits erreicht haben, sich jedoch aus freien Stücken dafür entscheiden, weiterhin, eventuell in reduziertem Ausmaß, beruflich aktiv zu bleiben. Den Impuls bildeten die jüngst veröffentlichten Daten des AFI-Barometers: Demnach können sich drei von vier Südtirolern vorstellen, ihren derzeitigen Beruf auch mit 65 noch auszuüben.

Arbeiten nach der Rente: Gute Beratung im Vorfeld ist das Um und Auf

Wer nach dem Pensionsantritt weiterarbeiten möchte, sollte mit den rechtlichen Rahmenbedingungen gut vertraut sein. Grundsätzlich zeigt sich der Gesetzgeber in dieser Frage großzügig: Der „aktive Ruhestand“ ist ausdrücklich erlaubt und wird durch vorteilhafte Regelungen begünstigt – nicht zuletzt zur Entschärfung des Fachkräftemangels. Bereits 15 Tage nach dem offiziellen Renteneintritt darf in der Regel in der Privatwirtschaft wieder gearbeitet werden – und das ohne feste zeitliche Begrenzung.

Anny Obergasser, Leiterin des Patronats INCA, sieht aber noch weitere Vorteile: „Mit ehrenamtlichen Tätigkeiten können Rentner beispielsweise noch sehr viel für die Gesellschaft beitragen und außerdem verlieren sie den Zwang, arbeiten zu müssen – wer will, kann arbeiten.“ Wichtig sei es aber allemal, sich zuerst bei Sachverständigen, zum Beispiel den Patronaten zu informieren, da die Ausgangslage grundsätzlich für jeden anders sei und sich die Gesetze auch durch neue Regelungen immer wieder ändern können.

Rente plus Arbeit: möglich – aber auch gewünscht?

Ein „aktiver Ruhestand“ ist somit möglich, aber ist er auch tatsächlich von den Betrieben gewünscht? Ja, sagt die Arbeitsrechtsberaterin Karolina Silvestri. Vor allem, um Wissen an die jüngeren Mitarbeitern weiterzugeben, Synergien zwischen Jung und Alt zu schaffen und als „Kulturträger“ zu fungieren, würden Unternehmen die pensionierten Arbeitskräfte oft gerne weiter beschäftigen. Auch für die Betroffenen erkennt Silvestri einen Effekt, der sich in der Regel auch positiv auf das Einkommen niederschlägt. „Hier müssen jedoch steuerliche und beitragsrechtliche Aspekte berücksichtigt werden, um zu vermeiden, dass Steuerrückzahlungen anfallen, bzw. die Person sogar ‚draufzahlt‘“, mahnt die Arbeitsrechtsberaterin.

Vorteile für alle – aber Vorsicht beim Generationswechsel

Angesichts des Fachkräftemangels und des demografischen Wandels ist die Arbeitswelt zusehends auf ältere Arbeitnehmende angewiesen. Manchmal ist aber auch das Gegenteil der Fall: „Oft sagen genau diejenigen, die noch weit vom Ruhestand entfernt sind, dass sie es kaum erwarten können, in Rente zu gehen. Aber sobald dieser Zeitpunkt näher rückt, scheint die Vorfreude zu schwinden und man sucht nach Alternativen“, sagt Marialuisa Gnecchi, ehemalige Parlamentarierin und heute Mitglied im Verwaltungsrat des NISF in Rom.

Eines sei jedoch klar: Das Arbeiten im Alter müsse immer eine freiwillige Entscheidung sein, die beispielsweise von der Freude an der Arbeit oder dem Wunsch nach neuen Impulsen und einer sinnvollen Aufgabe ausgehe und nicht auf wirtschaftlichem Druck basiere, ist Gnecchi überzeugt.

Die Einstellung der älteren Arbeitnehmenden dürfe auch nicht zu einer Gelegenheit für Arbeitgeber werden, um die Jüngeren durch billigere Rentner zu ersetzen und so einen unlauteren Wettbewerb loszutreten. „Dieses Konzept“, so Gnecchi abschließend, „sollte dafür genutzt werden, um dem tatsächlichen Bedarf an Wissensvermittlung der nachrückenden jungen Menschen gerecht zu werden und um älteren Arbeitnehmenden die Möglichkeit zu bieten, unter fairen Bedingungen aktiv zu bleiben. Dies würde den viel diskutierten Generationswechsel umso mehr erleichtern.“

Bezirk: Bozen

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