Von: mk
Bozen – Jedes Jahr am 8. März wird der internationale Frauentag – auch Weltfrauentag genannt- gefeiert. Heuer steht er für die UN unter dem Motto“ “Women in the Changing World of Work: Planet 50-50 by 2030”. Ziel ist es, sich mit den Chancen von Frauen in einem sich schnell veränderten Arbeitsmarkt auseinanderzusetzen.
Historisch gesehen, wird der Frauentag gefeiert, um für die Gleichstellung von Frauen in allen Lebensbereichen zu kämpfen. „Optimal wäre es, wenn wir den 8. März nicht mehr brauchen würden“, sagt Gleichstellungrätin Michela Morandini. „Aber von einer Gleichstellung der Geschlechter in der Arbeitswelt kann nicht gesprochen werden“, so die Gleichstellungrätin weiter. Dies gilt auch für Südtirol.
Zwar hat die Anzahl von erwerbstätigen Frauen auch in Südtirol stetig zugenommen. Aktuell liegt sie laut ISTAT bei 76.7 Prozent. Verglichen mit einem italienischen Durchschnitt von 56.3 Prozent und europäischen von 65.6 Prozent ist das hoch. Allerdings muss man nicht nur die Anzahl der Frauen am Arbeitsmarkt berücksichtigen, also quantitative Aspekte, sondern auch qualitative Aspekte. Und darin zeigen sich oftmals die Unterschiede und die Ungleichheit zwischen Frauen und Männern. So zeigt z. B. der Bericht zur Situation von Frauen in Südtiroler Privatunternehmen mit mehr als 100 Mitarbeiter/-innen, der von der Gleichstellungsrätin alle zwei Jahre veröffentlicht wird, auf, dass Frauen in Entscheidungs- und Führungspositionen immer noch eine Ausnahme sind, sie stärker von prekären Arbeitsverhältnissen und niedrigeren Löhnen betroffen sind. Der sog. Gender Pay Gap ist laut obengenannten Bericht bei den Führungskräften mit 23.7 Prozent am höchsten. Bei den leitenden Angestellten beträgt die Lohnschere 15.5 Prozent und bei den Angestellten 22.7 Prozent.
Die Gründe für die Ungleichstellung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt sind vielfältig. Fakt ist, dass Frauen, häufiger als Männer, in ihrem (Arbeits-)leben vielen Hindernissen und Herausforderungen begegnen. Das Phänomen des „gläsernen Labyrinths“ erklärt diesen Ansatz. Beispielsweise sind Frauen innerhalb des Familiensystems häufiger für Erziehungs- und Pflegeaufgaben zuständig. Diese familiären Verpflichtungen machen sie in den Augen von Arbeitgebern oft weniger attraktiv als ihre männlichen Kollegen und daher werden sie oftmals gar nicht eingestellt. „In Zeiten von Fachkräftemangel können wir uns es nicht länger leisten, gut ausgebildete Frauen nicht einzustellen, weil sie Mütter sind. Es braucht unter anderem einen Wandel in der Unternehmenskultur.“, sagt die Gleichstellungsrätin. In der sich verändernden Arbeitswelt sieht sie aber auch eine Chance. „Der sich verändernde Arbeitsmarkt, die Technologisierung und die damit einhergehende Flexibilisierung von Arbeits(zeit)modellen, kann für die Gleichstellung der Geschlechter eine große Chance sein“ zeigt sich Gleichstellungsrätin Morandini überzeugt.
ASGB: „Wir sind auf dem richtigen Weg, aber…..“
„Als ich vor 25 Jahren anlässlich des Tages der Frau einen Kommentar schrieb, prangerte ich die damals noch eher klassisch gelebten Geschlechterrollen an und forderte eine effektiv gelebte Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau“, schreibt ASGB Leitungsausschussmitgliedes Priska Auer in einer Aussendung.
Ein Vierteljahrhundert später sei man dem schon relativ nahe gekommen. „Frauen stehen heute Staaten vor und sitzen im hohen Management von Konzernen. Dies ist heute kein exotischer Umstand mehr, sondern eine alltägliche Realität, die niemand in Frage stellt. Braucht es also angesichts dieser Tatsachen noch einen Tag der Frau? Ich sage ja! Ein Blick über den Tellerrand genügt, um festzustellen, dass die Frau eben noch nicht in jeglicher Hinsicht dem Mann gleichgestellt ist: Das Landesinstitut für Statistik ASTAT hat in einer Veröffentlichung 2016 festgestellt, dass das Lohngefälle zwischen Mann und Frau noch immer rund 17 Prozent zulasten der Frau beträgt – bei gleicher Arbeit wohlgemerkt. Das ist für mich als Frau und Gewerkschafterin nicht hinzunehmen, da gibt es großen Aufholbedarf. Oder denken wir an Mütter, die aufgrund der hohen Lebenshaltungskosten keine Möglichkeit der Wahlfreiheit haben, ob sie zu Hause beim Nachwuchs bleiben und für eine Zeit lang einfach Mutter sein wollen. Auch diese Wahl – frei von Zwängen – sollte gefördert werden. Frauen, die sich entscheiden die ersten Lebensjahre des Kindes zu Hause bleiben zu wollen – und davon gibt es genug –, müssen sozialversichert werden“, fordert Auer.
Jetzt in den Zeiten der Flüchtlingskrise müsse man sich auch das Frauenbild der neuen Mitbürger vor Augen führen. „Diese Tatsache aufgrund von falscher Toleranz zu ignorieren wäre aus meiner Sicht unangemessen und feige. Versteckt hinter Mauern findet da noch sehr wohl Unterdrückung statt und eine männerdominierte Sichtweise kategorisiert die Frau als Mensch zweiter Klasse. Deshalb ist es unsere Aufgabe, Aufklärung zu betreiben und die Frauen zu bestärken, sich sichtbarer zu machen“, so Auer.
Frauen seien heute keine Mimosen mehr. „Sie haben für die Gleichberechtigung gekämpft und Vieles erreicht. Doch solange es noch weitere Brennherde gibt, solange muss darauf aufmerksam gemacht werden. In diesem Sinn hat der Tag der Frau also durchaus noch seine Berechtigung. Abschließend zitiere ich mich selbst mit einem Satz, den ich so vollinhaltlich bereits vor 25 Jahren geschrieben habe: ‚Wir haben nichts gegen den Tag der Frau, es wäre aber wohl angebrachter, die Frauen jeden Tag, Monat für Monat, Jahr für Jahr als gleichberechtigten Partner anzuerkennen‘“, erklärt Auer abschließend.
KVW: „Rosige Aussichten für Frauen!“
Der Grundsatz, dass für gleichwertige Arbeit gleicher Lohn gezahlt werden soll, ist zwar in der Verfassung verankert, doch nach über 60 Jahren noch immer nicht in die Praxis umgesetzt. Darauf weisen die Frauen im KVW hin.
„Frauen erhalten im Schnitt deutlich weniger Gehalt als ihre männlichen Kollegen. So ist gleicher Lohn für gleiche Arbeit noch immer nicht Realität, und die Verteilung von unbezahlter Familienarbeit (halbe-halbe) nach wie vor ungerecht und unausgeglichen. Frauen sind zunehmend von unsicheren Arbeitsverhältnissen, und später, auf Grund ihrer Lebenszusammenhänge, von Altersarmut betroffen. Nach wie vor sind Frauen in höheren Positionen kaum anzutreffen, bedauert die Landesvorsitzende Helga Mutschlechner. Daher finde sie es wichtig, am internationalen Frauentag an die Gleichberechtigung zu erinnern.