Umdenken auf EU-Ebene gefordert

Bauernbund: “Der Wolf gehört reguliert”

Montag, 07. August 2023 | 16:40 Uhr

Rodeneck – Über 70 hochrangige Vertreter von Politik und Bauernverbänden aus dem gesamten deutschsprachigen Alpenraum trafen sich auf der Rodenecker Alm zum zweiten Alpengipfel. Die wichtigsten Themen: das Verhältnis von Tourismus und Landwirtschaft, die EU-Bürokratie und das Großraubwild.

Der zweite Alpengipfel fand im Rahmen der Europawanderung statt, die der Südtiroler Bauernbund seit vielen Jahren jeweils Anfang August organisiert und bei der sich Vertreter aus Politik und Landwirtschaft aus dem gesamten deutschen Sprachraum zum Austausch treffen.

Der Alpengipfel heuer stand unter dem Motto „Nachhaltige Almwirtschaft und Freizeitgestaltung – kein Widerspruch!“ – und die erste Podiumsdiskussion drehte sich auch vorrangig um dieses Thema. Daniel Gasser, Landesobmann-Stellvertreter des Südtiroler Bauernbundes, stellte klar, dass es auf den Almen Tourismus und Landwirtschaft gleichermaßen brauche: „Wenn sich alle an die Regeln halten, voreinander Respekt zeigen und auch alle etwas von der Almwirtschaft haben, dann steckt hier noch viel Potenzial“, betonte Gasser.

Deutliche Worte in Richtung EU fand Josef Geisler, Bauernbund-Landesobmann und Landeshauptmann-Stellvertreter in Tirol: „Es ist eine Entmündigung der Nationalstaaten und Regionen im Gang. Wir sind bald nicht mehr in der Lage, als ländliche Bevölkerung gegen die urbane Bevölkerung zu bestehen. Das ist ein Problem für die Landwirtschaft, aber auch für den Tourismus.“

Damit war auch schon die Brücke zur zweiten Diskussionsrunde geschlagen, an der hochrangige Vertreter aus Politik und Landwirtschaft teilnahmen. Joachim Rukwied, der dem Deutschen Bauernverband als Präsident vorsteht, kritisierte die Haltung der EU-Kommission in Sachen Wolf: „Wir haben in Deutschland 4.000 Wölfe und 4.000 Risse pro Jahr. Das ist nicht mehr hinnehmbar, der Wolf ist längst nicht mehr gefährdet und gehört reguliert!“

Günther Felßner, Präsident des Bayerischen Bauernverbandes, verwies auf die Wichtigkeit akzeptabler Preise: „Es geht darum, über gute Produkterlöse die Tierhaltung positiv zu erhalten und unseren Jungbäuerinnen und Jungbauern Perspektiven zu bieten. Nicht die sogenannte Letzte Generation wird die Welt retten, sondern die nächste Generation von Bäuerinnen und Bauern!“

Georg Strasser, Präsident des Österreichischen Bauernbundes, forderte die EU-Politik auf, wieder mehr auf die Stimme der Betroffenen zu hören: „Bezogen auf die Almwirtschaft heißt das, dass die EU-Politik sich entscheiden muss: Wollen wir auf den Almen Büsche und Wölfe oder wollen wir Kühe und Touristen?“

Nach diesen Forderungen der Bauernvertreter ergriffen die politisch Verantwortlichen das Wort. Landwirtschafts-Landesrat Arnold Schuler verwies auf die Schwierigkeit, gegenüber der Regierung in Rom ein aktives Wolfsmanagement durchzusetzen: „Wir hoffen, dass wir mit unserem neuen Wolfsgesetz jetzt einen guten Schritt weiterkommen. Ziel wäre eine Regelung, wie wir sie etwa für die Kormorane schon haben – mit klaren Zielen für den Bestand und die Regulierung.“

Der stellvertretende bayerische Ministerpräsident Hubert Aiwanger brachte zum Ausdruck, was er von der aktuellen EU-Politik hält: „Wir sehen eine dauernde Abwehrschlacht der Vernünftigen gegen die Ideologen. Wir müssen als Politik endlich aktiv zeigen, dass wir zur Landwirtschaft stehen, sonst verlieren wir die Akzeptanz der Bevölkerung!“ Auch brauche es eine EU-Politik, die nicht in jeden Kuhstall hineinregiert. Klar sprach sich Aiwanger gegen Flächenstilllegungen aus, die in Brüssel immer wieder diskutiert werden. „Was wir aber sehr wohl brauchen, ist ein klares Bekenntnis zur Produktion, und dass man damit Geld verdienen darf.“

EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann schloss sich den Forderungen nach einem Umdenken auf EU-Ebene an: „Auch unsere Fraktion im EU-Parlament hat lange versucht, Kompromisse zu schließen. Diese Zeit ist jetzt vorbei, wir müssen wieder öfter deutlich sagen, was geht und was nicht geht. Beim Thema Wolf sehe ich ein langsames Umdenken, bei der Renaturierung haben wir einen Teilerfolg erzielt. Wer weniger Produktionsfläche will, muss auch sagen, ob er auf den restlichen Flächen eine intensivere Landwirtschaft will.“ Auch die Nachhaltigkeit und der Klimaschutz kamen zur Sprache.

Moderiert wurden die beiden Diskussionsrunden von SBB-Direktor Siegfried Rinner und Landesobmann Leo Tiefenthaler.

Am Ende unterzeichneten Vertreter aller anwesenden Organisationen aus der Land-, Forst- und Almwirtschaft ein gemeinsames Positionspapier, das auf alle angesprochenen Themen eingeht und die Haltung der Verbände zusammenfasst.

sbb

Im Bild: Sie diskutierten über die Herausforderungen der Berg- und Almwirtschaft: Georg Strasser, Arnold Schuler, Herbert Dorfmann, Hubert Aiwanger, Günther Felßner und Joachim Rukwied.

Von: luk

Bezirk: Pustertal