Von: mk
Bozen – Das Geschäftsklima im Baugewerbe ist heuer bescheiden, aber besser als der Durchschnitt der Südtiroler Wirtschaft. Dies geht aus der Herbstumfrage des Wirtschaftsbarometers des WIFO – Institut für Wirtschaftsforschung der Handelskammer Bozen hervor. Die Erwartungen der Unternehmen für 2021 sagen keine wesentliche Verbesserung der Situation voraus.
Hier geht es zum PDF (Rückblick bis 2020 und Erwartungen für 2021)!
Bei der im Herbst durchgeführten Konjunkturumfrage des WIFO bewerteten rund drei Viertel der Unternehmerinnen und Unternehmer der Südtiroler Bauwirtschaft die heuer erzielte Ertragslage als befriedigend. Dieser Anteil ist zwar deutlich geringer als in den Vorjahren, liegt aber über dem Durchschnitt der Südtiroler Wirtschaft von 67 Prozent. Die Unternehmen in der Bauwirtschaft sind jedoch weniger zuversichtlich als jene in anderen Sektoren, was den Aufschwung im kommenden Jahr betrifft: Sie erwarten für 2021 keine Verbesserung der Rentabilität.
Fast die Hälfte der Unternehmen im Tiefbausektor und zwei Drittel im Hochbau und im Baunebengewerbe melden einen Umsatzrückgang im Vergleich zum Vorjahr. Die Unternehmen klagen auch über die sich erschwerende Wettbewerbssituation, die schwache Dynamik der Verkaufspreise und die Verschlechterung der Zahlungsmoral der Kunden.
Nach Angaben der befragten Unternehmer/innen wird sich das Bild in den kommenden Monaten nicht wesentlich verbessern. Im Einklang mit dieser Wahrnehmung wird sich der heuer beobachtete Rückgang der Investitionen bis ins Jahr 2021 fortsetzen, zum Teil auch, weil die Unternehmen über eine mögliche Erschwerung des Kreditzugangs besorgt sind. Zweifel gibt es auch bezüglich des im neuen Raumordnungsgesetz vorgesehenen digitalen Verfahrens, das von vielen Fachleuten eher als Bremse denn als Hilfe für die rasche Genehmigung von Projekten in den Gemeinden empfunden wird.
Die Auswirkungen der Krise auf die Beschäftigung im Baugewerbe bleiben hingegen vorerst begrenzt, dank dem italienweit festgelegten Entlassungsverbot und vor allem der massiven Inanspruchnahme der Lohnausgleichskasse: Zwischen Januar und September wurden mehr als 4 Millionen Stunden Lohnausgleich genehmigt. In den ersten drei Quartalen des Jahres 2020 belief sich die Zahl der Arbeitnehmer/innen in der Südtiroler Bauwirtschaft durchschnittlich auf 17.600, was sogar einem Plus von 1,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum entspricht.
Der Präsident der Handelskammer, Michl Ebner betont die Wichtigkeit von schlanken Verwaltungsverfahren für die Bauwirtschaft: „Das neue digitale Verfahren im Zusammenhang mit dem Raumordnungsgesetz entwickelt sich zu einem Engpass, der den Start neuer Projekte in Südtirols Gemeinden verzögert. Diese Situation muss rasch verbessert werden, um die Wiederaufnahme der Bauinvestitionen zu fördern.”
Die Stellungnahmen der Vertreter der Wirtschaftsverbände
„Der Bau ist ein strategischer Sektor unserer Wirtschaft, mit dem Tausende von Arbeitsplätzen verbunden sind. Der 110-Prozent-Superbonus ist eine gezielte Maßnahme, um private Investitionen anzukurbeln, aber auch die öffentliche Hand muss ihren Beitrag leisten: Investitionen in Infrastrukturen, eine zeitnahe Ausschreibung der öffentlichen Bauvorhaben in den Gemeinden und eine unkomplizierte Umsetzung der Urbanistikreform sind von grundlegender Bedeutung“, erklärt Michael Auer, Präsident Kollegium der Bauunternehmer.
„Leider stimmt die Zukunft derzeit nicht wirklich optimistisch. Der Stillstand im Tourismus wirkt sich auch auf die Auftragslage im Bauhandwerk aus. Ebenso ist die Investitionsbereitschaft der Privatpersonen eingefroren, da zu große Unsicherheit hinsichtlich des Erhalts vieler Arbeitsplätze herrscht. Sorgen bereitet uns zudem das neue Landesgesetz für Raumordnung. Es gibt so viel Unklarheit, dass aktuell kaum Bauprojekte genehmigt werden. Hier gilt absoluter Handlungsbedarf!“, so Hubert Gruber, Obmann der Berufsgruppe Baugewerbe im lvh Wirtschaftsverband Handwerk und Dienstleister.
„Dank der im Vorfeld der Covid-Pandemie geplanten Arbeiten, konnte das Baugewerbe heuer durchhalten. Im Hinblick auf das nächste Jahr wird aber ein Auftragsrückgang befürchtet. Es ist notwendig, alle bestehenden Begünstigungen für energetische Sanierungen und Renovierungen dauerhaft zu gestalten. Nur so können Unternehmen Arbeit und Investitionen planen. Darüber hinaus ist eine Vereinfachung notwendig, damit der Sektor nicht durch Papierkram erdrückt wird“, meint Maurizio Lazzarini, Sprecher CNA-SHV Bauwesen.