Von: bba
Bozen – Heimisches Getreide als interessante Marktnische für Bauern und Bäcker sowie als Spezialität in der Gastronomie Roggen, Dinkel und Gerste: Das sind die heimischen Getreidesorten des Südtiroler Regiokorn-Projekts, das heuer einen runden Geburtstag feiert.
Vor zehn Jahren startete offiziell ein Projekt, finanziert durch den Europäischen Sozialfond (ESF), das sich den Ausbau des Getreideanbaus in Südtirol auf die Fahnen geheftet hatte. Heute trägt sich das Projekt, das von IDM Südtirol koordiniert und unterstützt wird, selbst.
Mit dabei sind aktuell 56 Landwirte, eine Mühle und 19 Südtiroler Bäckereien, die aus dem Regiokorn-Mehl verschiedenste Brot- und Backspezialitäten mit dem Qualitätszeichen Südtirol backen. Gemeinsam zogen die Partner hinter dem Projekt heute bei einer Pressekonferenz Bilanz über zehn erfolgreiche Jahre Regiokorn und gaben einen Ausblick auf die Zukunft des Projekts.
Als Neuigkeit präsentiert wurde eine Kooperation mit der Gruppe Südtiroler Gasthaus, die ab sofort noch stärker auf Regionalität setzt und das heimische Regiokorn vermehrt verwenden wird.
Die regionale Wertschöpfung im Bereich Getreide erhöhen, neue hochwertige Nischenprodukte entwickeln, regionale Kreisläufe stärken und die Vielfalt der Sorten und der Kulturlandschaft erhalten: Das waren die ambitionierten Ziele hinter dem ESF-Projekt, das vom TIS Innovation Park, Bereich Food – heute Teil von IDM – gemeinsam mit den Partnern Südtiroler Bauernbund (SBB), Versuchszentrum Laimburg, Beratungsring Berglandwirtschaft (BRING) und Handels- und Dienstleistungsverband Südtirol (hds) gestartet wurde.
Die Ziele von damals wurden erreicht: Das ESF-Projekt ist seit 2013 ausgelaufen, aber das Projekt Regiokorn füllt heute eine wichtige Nische in Südtirols Landwirtschaft und trägt sich selbst. „Dank dieser Initiative wird mittlerweile in Südtirol auf circa 93 Hektar Land wieder heimisches Getreide angebaut. Der größte Teil des Regiokorns ist mit 64,5 Hektar der Roggen, auf den Dinkel kommen 28,5 Hektar. Zudem wird auch Gerste angebaut“, erklärt Vera Leonardelli, Abteilungsdirektorin Business Development von IDM.
Die Nachfrage nach Regiokorn sei gerade in den letzten Monaten wieder sehr gewachsen, weshalb man noch mehr Landwirte und Bäcker zum Mitmachen animieren möchte, die ja essenzieller Teil dieses Projekts seien. Auch außerhalb des Regiokorn-Projekts werde von ambitionierten Bauern wieder heimisches Korn angebaut, was man sehr begrüße.
„Ganz wichtig ist uns auch, die Gastronomie und Hotellerie verstärkt einzubinden, um so die Synergien zwischen Agrarwirtschaft und Tourismus zu unterstützen und den Stellenwert und die Bekanntheit des Regiokorns weiter zu erhöhen“, so Leonardelli. „Deshalb freuen wir uns sehr, dass ab sofort eine Kooperation mit der Gruppe Südtiroler Gasthaus startet, die nun vermehrt heimisches Regiokorn abnehmen wird.“ Im Rahmen der Pressekonferenz wurde deshalb eine entsprechende Vereinbarung unterzeichnet. „Regionalität und Nachhaltigkeit sind Werte, die uns sehr am Herzen liegen. Schließlich steht das Regionale, Echte, Ursprüngliche in den Südtiroler Gasthäusern im Mittelpunkt“, sagt Florian Patauner, Obmann der Gruppe Südtiroler Gasthaus. „Dazu gehört auch die typische Küche unserer Heimat, bei der natürlich auch Getreide aus Südtirol verwendet wird. Dieses Regiokorn wollen wir ab sofort noch mehr in unseren Küchen verwenden.“
Bei IDM zielt man darauf ab, dass so die Abnahme von Roggen, Dinkel und Gerste aus Südtirol weiter angekurbelt wird. Tatsächlich profitieren vom Projekt Regiokorn bereits viele landwirtschaftliche Betriebe in Südtirol. „Für zahlreiche Landwirte ist das Regiokorn eine interessante alternative Erwerbsquelle, die auch wirtschaftlich ist“, sagt Ulrich Höllrigl, Vizedirektor des Südtiroler Bauernbunds (SBB). „Derzeit bauen 56 Landwirte im Pustertal und Antholzertal, im Eisacktal, im Vinschgau und am Tschögglberg Regiokorn an. Der Bioanbau macht dabei bereits einen großen Anteil aus – so erreicht der Bio-Roggen rund die Hälfte der Roggenernte, bei Bio-Dinkel sind es sogar über 70 Prozent“. Aber auch im konventionellen Anbau hätten sich die Bauern verpflichtet, strenge Richtlinien einzuhalten wie etwa auf jede Art von Pflanzenschutzmitteln zu verzichten, um einwandfreies Korn liefern zu können.
„Damit daraus gutes, backfähiges Mehl hergestellt werden kann, muss die Qualität des Getreides wirklich außergewöhnlich sein“, so Höllrigl. Das bestätigt auch Rolf von Berg, geschäftsführender Inhaber der Meraner Mühle, jener Mühle in Südtirol, in der das Getreide des Regiokorn-Projekts gemahlen wird: „Qualität ist für uns das Um und Auf, denn nur aus einem guten Rohstoff entsteht hochwertiges Mehl. Wir bekommen jährlich etwa 350 Tonnen an Regiokorn-Getreide angeliefert. Bereits vor der Anlieferung an die Mühle wird jeweils ein Muster im Labor überprüft. Erst wenn von dort das Ok kommt, kann das Getreide vom Bauern gebracht oder dort abgeholt werden, um es in unserer Mühle sorgfältig zu reinigen, zu vermahlen und abzupacken. Anschließend kümmern wir uns persönlich um den Transport zu unseren Bäckern und Wiederverkäufern.“
Um zu unterstreichen, wie wichtig Qualität beim Projekt Regiokorn ist, zeichnet die Mühle jedes Jahr jene Landwirte aus, deren heimisches Korn sich durch ganz besonders hohe Qualität auszeichnet.
Ein kleiner Teil des Regiokorn-Mehls fließt in die Herstellung von Nudeln, der Großteil geht aber an 19 Südtiroler Bäckereien. „Wir verarbeiten das Mehl weiter zu traditionellen Brot- und Backspezialitäten wie Pusterer Breatlen, Vinschgerlen oder Schüttelbrot. Diese dürfen das Qualitätszeichen Südtirol tragen, wenn sie mindestens 75 Prozent Regiokorn enthalten, und frei von chemischen Zusätzen, Geschmacksverstärkern und Konservierungsstoffen sind“, erklärt Hannes Schwienbacher von der Fachkommission Brot – Bäcker.
Die Bäcker bieten in ihren Läden dann die Erzeugnisse aus Regiokorn an bzw. teilweise auch das Mehl, das in Kleinpackungen auch an Endkunden weiterverkauft wird. Erhältlich ist das Regiokorn zudem im Farinarium und Online-Shop der Meraner Mühle und im ausgewählten Fachhandel. Die Gastronomie kann ihr Mehl ebenso über die Meraner Mühle und zusätzlich über den Gastrozulieferer Wörndle beziehen.