Von: luk
Brixen – Wöchentlich verlassen zwei Lkw-Ladungen Kartonabfall und zwei Ladungen Plastikverpackung den Recyclinghof Brixen, um anderswo aussortiert, gereinigt und wiederverwertet zu werden. Doch auch das zweite Leben des Verpackungsmülls fordert seinen Preis, schluckt Wasser und Energie und benötigt die Zugabe neuer Ressourcen. Während der Europäischen Woche der Abfallvermeidung vom 18. bis 26. November regen die Stadtwerke Brixen, die OEW – Organisation für eine solidarische Welt und REX – Material und Dinge in einer Gemeinschaftsaktion an mehreren Standorten zum Nachdenken an, wie die Verpackungsflut eingedämmt werden kann.
Fünf Denkorte aus Verpackungsmüll
Gleich fünf Standorte mitten in der Stadt laden für die Dauer der Aktionswoche dazu ein, innezuhalten und praktikable Strategien gegen den Verpackungsüberfluss zu finden. In der Acquarena, im Forum Brixen, in der Musikschule, in der Stadtbibliothek und im Eingangsbereich des Krankenhauses Brixen stoßen die Besucherinnen und Besucher auf fantasievolle Sitzgelegenheiten aus altem Karton, gebrauchten Dosen und entsorgtem Kunststoffabfall. „Wir wollten“, sagt Julia Vontavon von REX, „aus dem Verpackungsabfall nicht nur Sofas, Stühle und Tischchen kreieren, sondern kreative Denkorte schaffen, die zum Verweilen und Vertiefen einladen. Jeder Denkort verfügt über eine Stele mit Kurzinfos, und Interessierte können über einen QR-Code auf eine digitale Pinnwand zugreifen, auf der Videos und weiterführende Informationen zum Thema Verpackungsflut bereitstehen.“
Verpackungen gehören zum täglichen Leben. Sie sind manchmal nützlich und notwendig, oft jedoch reines Marketingkalkül, um die Verkaufszahlen zu steigern. Dahinter steht eine ganze Industrie. „Im Jahr 2022“, sagt Michele Bellucco, der Leiter der Umweltdienste der Stadtwerke Brixen, „fielen allein in Brixen 3.410 Tonnen getrennt gesammelte Verpackungsabfälle an. Die häufigsten Verpackungsmaterialien sind Papier, Karton, Kunststoff, Glas und Metalle. Die Zunahme des Online-Handels spiegelt sich auch in der gestiegenen Menge an Kartonabfall wider. Und der Flut an Plastikverpackung kann auch Bio-Plastik nichts entgegenwirken, zumal es weder in heimischen Kompostieranlagen noch in Kunststoffverarbeitungsbetrieben wiederverwertet werden kann.“ Kann Mülltrennen und Recyceln das Problem der überbordenden Verpackung überhaupt lösen?
Ein Filmabend mit Gedankenaustausch
„Jein“, sagt Verena Dariz von der OEW. „Das Wiederverwerten der getrennt entsorgten Materialien ist ein Beitrag, um sparsamer mit den Ressourcen umzugehen und ist in kleinen, überschaubaren Kreisläufen sicher sinnvoll. Doch global sprechen wir von einem schwer durchschaubaren Geschäftsfeld mit mächtigen Wirtschaftsinteressen.“ Die globale Problematik des Recyclinggeschäfts greift der Film „Der Recyclingmythos“ von Tom Costello und Benedict Wermter auf. Er wird in Zusammenarbeit mit dem Filmclub am Montag, 20. November, um 20 Uhr bei freiem Eintritt im Astra in Brixen gezeigt.
Der dänische Film spürt der Verschmutzung durch Plastikverpackung nach und verfolgt die Geldströme in einer Industrie, die das Problem eher verschleiert als löst. Er zeigt auch, wie einige der größten Konsumgütermarken der Welt das Recycling-Märchen so drehen, dass sie ihre Umweltverschmutzung ohne Konsequenzen fortsetzen können. „Wir möchten“, sagt Verena Dariz, „das Publikum mit diesem Film nicht allein lassen. Im Anschluss an den Film findet eine Gesprächsrunde statt, in wir die Situation in Südtirol und in Europa beleuchten, die Fragen aus dem Publikum beantworten und Meinungen und Gedanken austauschen.“ An der von Verena Dariz moderierten Gesprächsrunde nehmen Giulio Angelucci, der Direktor der Landesamtes für Abfallwirtschaft, Michele Bellucco, der Leiter der Umweltdienste der Stadtwerke Brixen, und Julia Vontavon, die Verantwortliche von REX, teil.
Das Ziel der Aktionswoche
Die Gemeinschaftsaktion von Stadtwerke Brixen, OEW und REX sind in den Rahmen der Europäischen Woche der Abfallvermeidung eingebettet. Ihr Ziel ist es, die Bevölkerung für einen bewussten Umgang mit den Ressourcen zu sensibilisieren und praktische Wege aus der Wegwerfgesellschaft aufzuzeigen. Wer auf regionale Herkunft und kurze Lieferketten achtet, verschenkt, tauscht oder repariert, trägt dazu bei, sich nicht von den Versprechungen und Lockrufen der Verpackungsindustrie einwickeln zu lassen.