Landwirte demonstrieren wegen massiver Einkommensverluste

Deutsche Bauernproteste sorgten teilweise für Chaos

Montag, 08. Januar 2024 | 18:08 Uhr

Mit Blockaden von Autobahnen und Traktorkolonnen in Städten haben am Montag deutschlandweite Bauernproteste gegen Subventionskürzungen begonnen und zu großen Verkehrsbehinderungen geführt. Am Dienstag sollte es ruhiger werden, bevor am Mittwoch laut einem Sprecher des deutschen Bauernverbandes wieder mehr Aktionen geplant sind. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte, man werde an den Kürzungen festhalten. Extremisten wollten Deutschland lahmlegen, warnt ein Forscher.

“Die Bundesregierung steht dazu”, sagte Scholz am Montag nach einem Treffen mit Luxemburgs Premierminister Luc Frieden im Kanzleramt in Berlin, während die Opposition versuchte, die Proteststimmung für sich zu nutzen und den Druck auf die angeschlagene Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP zu erhöhen. Die Subventionen seien schon seit vielen Jahren kritisiert worden – und bei einem Subventionsabbau gebe es immer Stimmen, die sagen, “aber nicht diese”, so der deutsche Regierungschef. Nun bleibe die Ampel-Regierung bei ihrem Vorhaben, das “in sehr kurzer Zeit” im Bundestag zur Abstimmung stehen soll.

In vielen deutschen Großstädten fuhren die Landwirte – in manchen mit tausenden – Traktoren auf und sorgten zum Teil für Chaos. In mehreren Bundesländern, darunter Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Brandenburg, blockierten Landwirte mit ihren Traktoren Autobahnauffahrten.

In Niedersachsen stellten die Bauern die Fahrzeuge zeitweise auch auf die Autobahnen selbst. Dort gab es auch einen Verletzten, der später aus dem Krankenhaus entlassen wurde. Ein Autofahrer hatte den Demonstranten erfasst und schwer verletzt. Der Kfz-Lenker wollte laut Polizei eine Blockade über einen Geh- und Radweg umfahren, wobei er mit einem Protestteilnehmer kollidierte. Der Fahrer flüchtete zunächst, wurde später aber gestellt.

Im VW-Werk Emden wurde die Produktion gestoppt. Für die Beschäftigten sei es wegen bäuerlicher Blockaden nicht möglich gewesen, zur Arbeit zu kommen, sagte eine Konzernsprecherin.

Die Bauern erhielten in einigen Städten Unterstützung etwa von Lastwagenfahrern und Handwerkern. Der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) warnte vor einer Kaperung der Bauernproteste durch extreme Kräfte. “Es kursieren Aufrufe mit Umsturzfantasien. Extremistische Gruppen formieren sich, völkisch nationalistische Symbole werden offen gezeigt. Es wird sichtbar, dass in den letzten Jahren etwas ins Rutschen geraten ist, was den legitimen demokratischen Protest und die freie Meinungsäußerung entgrenzt”, sagte Habeck in einem auf sozialen Medien verbreiteten Video. Darin forderte er auch eine Debatte über einen Wandel der Landwirtschaft.

“Kritik ist Teil der Demokratie. Sie ist nötig und gehört dazu”, sagte Scholz. “Darüber darf sich keiner beschweren. Ich tue es jedenfalls nicht.” Scholz fügte hinzu: “Der Zweck heiligt natürlich nicht alle Mittel. Deshalb sei angesichts des Entgegenkommens der Bundesregierung, die Teile der Kürzungen beim Agrardiesel nach Protesten bereits wieder zurückgenommen hat, wichtig, “dass jetzt Maß und Mitte gehalten werden”. Das solle auch ein Anliegen von Demokratinnen und Demokraten sein, “gerade in Zeiten wie diesen”.

Der Magdeburger Extremismusforscher Matthias Quent forderte von den protestierenden Bauern eine klare Abgrenzung von rechten Mitläufern. Nationalistische, rechtsextremistische und verschwörungsideologische Akteure versuchten, die Bewegung politisch zu instrumentalisieren, sagte Quent im Deutschlandfunk. Ihnen gehe es nicht um Agrardiesel, sie “wollen Deutschland lahmlegen”.

Der Bauernverband hat zu einer Aktionswoche aufgerufen, um gegen die Streichung von Subventionen für die Branche zu demonstrieren. Dabei geht es vor allem um die Steuervergünstigung von Agrardiesel. Dass die Regierung in Berlin einen Teil ihrer Sparpläne zurückgenommen hat, reicht dem Verband nicht aus. Nach einer eskalierten Protestaktion gegen Wirtschaftsminister Habeck an der Nordsee rief der Bauernverband am Wochenende seine Anhänger aber auch zur Mäßigung auf und forderte, Aktionen vor Wohnungen von Politikern und persönliche Anfeindungen zu unterlassen. “Die nehmen der Landwirtschaft die Zukunftsfähigkeit. Vor allem gefährden wir am Ende die gesicherte Versorgung mit heimischen, hochwertigen Lebensmitteln”, sagte Verbandspräsident Joachim Rukwied.

Ein Wegfall der Steuerbegünstigung beim Agrardiesel bedeutet laut deutscher Regierung durchschnittlich Mehrkosten von etwa 3.000 Euro im Jahr pro Betrieb. Die generelle Ertragslage der Landwirtschaft hatte sich nach Branchenangaben nach einer längeren Durststrecke zuletzt weiter verbessert. Im Ende Juni abgelaufenen Wirtschaftsjahr 2022/23 stieg der durchschnittliche Gewinn der Betriebe auf das Rekordniveau von 115.400 Euro – ein Plus von 45 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Davon sind aber unter anderem noch Investitionen zu bezahlen.

Die in Deutschland lebende österreichische EU-Abgeordnete Sara Wiener (Grüne) meinte in einer Aussendung am Montagabend, die Dieselsubvention lindere nur Auswirkungen eines kaputten Systems, äußerte im EU-Wahljahr aber auch Verständnis für die Proteste. Ein “allgemeines Verständnis für die Proteste gegen die Kürzung” sei “angebracht, langfristig braucht es vor allem aber ein Umdenken und eine Strategie, wie eine Transformation hin zu einer ökologisch und ökonomisch nachhaltigen Landwirtschaft gelingen kann”, so die Politikerin.

Von: APA/dpa

Kommentare
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Universalgelehrter
3 Monate 28 Tage

 
Lang hat es gedauert, bis die Deutschen aufgewacht sind. 
Mal sehen, wie sich das weiter entwickelt.

Hustinettenbaer
3 Monate 28 Tage

@Look_at_Yourself
Wir Autofahrer sind die falschen “Ansprechpartner”.
Der Bauernverband traut sich nur nicht, die Zentralen ihrer marktbeherrschenden Milch-, Getreide-, Fleisch-Großkunden mit Traktoren zu blockieren.

Faktenchecker
3 Monate 28 Tage

Looki witrd Zeit, dass Du aufwachst: Die sind von Rechten Reichsbürgern unterwandert und wehren sich nicht.

Auch “Querdenker” und “Reichsbürger”

Verfassungsschutz: Rechte nutzen Bauernproteste für ihre Zwecke

Stand

8.1.2024, 7:13 Uhr”
https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/verfassungsschutz-zu-rechten-teilnehmern-bei-bauern-protesten-100.html

Look_at_Yourself
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Universalgelehrter
3 Monate 27 Tage
@Faktenchecker Laut allen Berichten haben allein in Bayern 30000 Bauern friedlich und im Rahmen des demokratisch möglichen für ihr Anliegen demonstriert. Keine Spur von den von manchen herbeigesehnten Ummsturzfantasien. Die Bauern werden seit Jahrzehnten mit immer neuen Verordnungen und Gesetzen gedrückt und eingeschränkt. Irgendwann läuft das Fass halt über. 1970 gab es in Bayern über eine Million Bauern, jetzt weniger als einhunderttausent. Der Durchschnittliche Betrieb hat aktuell einen Gewinn von 100000€. Davon muss eine Familie leben, die Schulden müssen bedient werden und die durch ständige neue Verordnungen nötigen Investitionen müssen getätigt werden. Du kannst gerne mal nach Deutschland kommen, einen… Weiterlesen »
info
info
Universalgelehrter
3 Monate 28 Tage

Ist wohl überall das Gleiche: Hochsubventioniert, selbst (fast) nichts an Steuern beitragen und sich über alle Regeln erhaben fühlen.

@
@
Universalgelehrter
3 Monate 27 Tage

Rekord-Gewinne in der Landwirtschaft im letzten Jahr
https://lmy.de/IQeA
davon machen Fördergelder zwischen 41 und 62 Prozent des landwirtschaftlichen Einkommens aus
Die Bauern sind also nicht überfordert, sondern sie sind überfördert.
https://lmy.de/NfkR

der_jolly
der_jolly
Tratscher
3 Monate 27 Tage

@@ + info… Auch wenn ihr es schwer verkraftet, ist der Unmut gegen viele Entscheidungen der Ampelregierung in der deutschen Bevölkerung branchenübergreifend sehr groß.

Ihr sucht euch jede Gelegenheit für euer inzwischen pathologisches Bauern-Bashing aus.

Holz Michl
Holz Michl
Universalgelehrter
3 Monate 27 Tage

@klammeräffchen dann rechnen wir noch Rekord Strom-Diesel-Futter-Anschaffungs- und Reperaturkosten dazu. Aber du merkst auch dann noch nicht das unterm Strich nichts mehr übrig bleibt.

einervonvielen
einervonvielen
Universalgelehrter
3 Monate 27 Tage

@Holz Michl …durchschnittlich 132.000 Gewinn? Und nur zur Infos, Gewinn ist das was übrig bleibt!

einervonvielen
einervonvielen
Universalgelehrter
3 Monate 27 Tage

Bauer ist nicht Bauer, mit den Traktoren der meisten dt. Bauern kann man ins Pustertal nur rückwärt reinfahren, da zu groß zum wenden.
Zudem sind die Proteste stark von den Rechten und der AfD unterwandert und die Bauern merken nicht, dass es vor allem die AfD ist, welche die Subventionen streichen wollen.
Nicht zu vergessen ist der überdurchschnittliche Gewinn Zuwachs der dt. Bauern.

Frank
Frank
Universalgelehrter
3 Monate 27 Tage

Sagen wir eher, sie versuchen, die Proteste zu unterwandern, blitzen aber vielerorts zum Glück ab. Der Aufmarsch in Dresden war ja auch abseits der Bauernproteste.

Richtig, wer über die “Solidarität mit den Protestierenden” von Seiten der AfD jubelt, sollte sich mal deren “Parteiprogramm”, oder sollte man eher “Vereinssatzung” sagen, anschauen, speziell den Teil zu Subventionen, geht es nach der “solidarischen” AfD, gibt es keine mehr.

Falsch ist allerdings, Agrarkonzerne und Bauern in einen Topf zu werfen. Agrarkonzerne streichen riesige Gewinne ein, Bauern kämpfen vielerorts um das Überleben.

einervonvielen
einervonvielen
Universalgelehrter
3 Monate 27 Tage

@Frank, wir sind uns ja fast immer einig, aber lt. Bericht sprechen wir hier von einem durchschnittlichen Gewinn von 132.000 Euro…nach Abzug aller Löhne (auch für den Bauern selbst), Spesen, Futtermittel, Investitionen,…

Frank
Frank
Universalgelehrter
3 Monate 26 Tage

In dieser Rechnung sind aber eben die Gewinne der Argrarkonzerne mit drin, die den Durchschnitt gewaltig hochtreiben. “Normale” Bauern können sich in manchen Bundesländern ob der übermächtigen Konkurrenz nicht mal mehr die Pacht für Äcker oder Weiden leisten. Und andererseits, wer Boden hat, muß ihn stilllegen, sonst gibt es kein Geld von Bund oder EU, und das bei stetig steigenden Lebensmittelpreisen.

Pacha
Pacha
Universalgelehrter
3 Monate 27 Tage

Die Ampelregierung zahlt fast 50 Milliarden an Burgergeldempfänger aus, an Leute die nicht arbeiten.

Frank
Frank
Universalgelehrter
3 Monate 27 Tage

Und noch mehr Steuergelder an ein Musterland an Korruption.

info
info
Universalgelehrter
3 Monate 27 Tage

25,9 sind fast 50.
Bei Populisten wie dir sicher.
Bei denen arbeiten die auch alle nicht.
Und keiner ist krank und keiner behindert.
In einer Gesellschaft, wie du sie dir vorstellst, möchte ich nicht leben.

Pacha
Pacha
Universalgelehrter
3 Monate 27 Tage

@info…..es geht ja nicht allein nur ums Bürgergeld, zusätzlich erhalten sie Mietbeiträge, Beiträge für Strom und Heizkosten, Kindergeld……und wenn man das alles zusammen rechnet dann lohnt sich das Arbeiten in Deutschland NICHT mehr!

info
info
Universalgelehrter
3 Monate 27 Tage

Wenn du beim Rechnen 26 und 50 nicht auseinanderhalten kannst, vertraue ich auch dieser Rechnung nicht.
Kannst das Arbeiten ja lassen, wenn’s dann so toll ist.

info
info
Universalgelehrter
3 Monate 27 Tage

Mir ist klar, dass “… Populist” aufgrund der Unfreundlichkeit nicht der Netiquette entspricht, doch wie soll man jemanden nenne, der gezielt mit Falschinformationen hetzt und auf Korrekturen noch einen draufsetzt?
Solche Menschen zerstören jede faktenbasierte Diskussion und damit die Grundlagen unserer Demokratie.

Frank
Frank
Universalgelehrter
3 Monate 26 Tage
“es geht ja nicht allein nur ums Bürgergeld, zusätzlich erhalten sie Mietbeiträge, Beiträge für Strom und Heizkosten, Kindergeld” Das ist nicht ganz korrekt, selbst Arbeitsunwillige, denen das Bürgergeld demnächst vielleicht(!) für 2 Monate gestrichen werden kann, bekommen nicht Mietzuschuß, …, sie bekommen das Alles selbst beim Entzug des Geldes weiter bezahlt. Für Viele ist Arbeit schlicht und einfach keine Option und nicht Wenige davon sind u40 und liegen denen, die arbeiten, seit dem Schulabgang auf der Tasche. Nicht zuletzt, dort, wo diese Clientel wohnt, wird z.B. an Silvester am heftigsten geböllert, unter dem Strich bezahlen das ja doch Andere. Mit… Weiterlesen »
Unioner
Unioner
Superredner
3 Monate 27 Tage
Sobald man demonstriert ist man ein Extremist.Ich habe heute auf dem Weg zur Arbeit und zurück friedliche und freundliche Bauern an den Blockaden wahrgenommen die um ihre Existenz bangen.Die meisten Deutschen unterstützen ihre Anliegen und es wird Zeit das jemand auf die Fehler der Politik reagiert. Die Regierung hat sich immer weiter von den Interessen des Volkes entfernt. Und was die großen Traktoren betrifft, die braucht man bei größeren Flächen zur Bodenbearbeitung.Man kann die Landwirtschaft in Deutschland nicht mit der in Südtirol vergleichen. Das macht man ja auch nicht mit Äpfeln und Birnen.Das Fass ist übergelaufen und jetzt wird endlich… Weiterlesen »
Pacha
Pacha
Universalgelehrter
3 Monate 27 Tage

Diese ganzen besser wissenden, griesgrämigen “Hintertuxer” hier im Forum haben einfach keine Ahnung, wie groß die bewirtschaftete Fläche in Deutschland sein muss, damit ein landwirtschaftlicher Betrieb überhaupt rentabel arbeiten kann. Die glauben allen Ernstes man könnte in Deutschland mit den selben “Trettaktoren”, wie wir sie zumeist hier in Südtirol in der Landwirtschaft haben, die Felder bewirtschaften 🤦🏼‍♂️

Brauni
Brauni
Tratscher
3 Monate 27 Tage

@Unioner Vollkommen deiner Meinung. Recht haben sie die Bauern sie tuns für alle Mittelständler. Was die Politik bei Ihnen aufführt ist ja nur mehr zum schämen.

nightrider
nightrider
Universalgelehrter
3 Monate 27 Tage

@Pacha die Bauern könnten ja bei den Großabnehmern um höherer Erzeugerpreise protestieren. Wieso soll der Steuerzahler dafür aufkommen dass sich die Bauer von den Abnehmern so unter Druck setzen lassen.

Tigre.di.montana
Tigre.di.montana
Universalgelehrter
3 Monate 27 Tage

Es gibt keinen guten Grund, diese rechtsradikalen Subventionsempfänger zu subventionieren.

Frank
Frank
Universalgelehrter
3 Monate 27 Tage

Was für Blödsinn.

Pacha
Pacha
Universalgelehrter
3 Monate 27 Tage
info
info
Universalgelehrter
3 Monate 27 Tage

Kinder politisch zu instrumentalisieren findest du gut?

Pacha
Pacha
Universalgelehrter
3 Monate 27 Tage

@info…..diese Kindern haben verstanden, daß es auch um ihre Zukunft geht, um ihren elterlichen Hof und ihrer Heimat. Denn das sind keine Stadtkinder, ein jedes Kind kann Trettaktor fahren und trägt auch keinen Helm.

einervonvielen
einervonvielen
Universalgelehrter
3 Monate 27 Tage
Pacha
Pacha
Universalgelehrter
3 Monate 27 Tage
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