AFI-Barometer Winter 2021/2022

Doppelt abgestraft

Montag, 31. Januar 2022 | 10:45 Uhr

Bozen – Hat die Corona-Pandemie das Sparverhalten der Südtiroler Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verändert? Und wenn ja, auf welche Weise? Die Winterausgabe des AFI-Barometers hat hierfür die Antworten. „Die aktuelle Inflationsrate von vier Prozent straft allerdings Südtirols Arbeitnehmer gleich in zweifacher Hinsicht ab“, zeigt sich AFI-Direktor Stefan Perini besorgt. „Zum einen kratzt sie an der Kaufkraft der Löhne, zum anderen nagt sie an den Ersparnissen vieler Arbeitnehmerfamilien“.

Die Corona-Pandemie hat sich in den letzten zwei Jahren nicht nur auf das soziale Leben der Menschen ausgewirkt, sondern auch ihr Sparverhalten beeinflusst. Das belegen Studien sowohl auf gesamtstaatlicher als auch auf europäischer Ebene.

Wie jedes Jahr hat das Arbeitsförderungsinstitut auch in der aktuellen Winterausgabe des AFI-Barometers das Sparverhalten der Südtiroler Arbeitnehmer in den Blick genommen.

Wofür sparen Südtirols Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer?

Die Südtiroler sparen in erster Linie für unvorhersehbare Ereignisse (von 56 Prozent der Befragten als einer von zwei Spargründen angegeben), für ihre Kinder (55 Prozent), für eine Wohnung (45 Prozent) und fürs Alter (44 Prozent). Im Vergleich zu den Befragungen vor der Corona-Pandemie, hat sich das Sparen für Notfälle zum Hauptgrund herauskristallisiert und das „Sparen für die Kinder“ (zuvor stets der Spitzenreiter) im Ranking überholt. Allerdings variiert die Bedeutung der einzelnen Spargründe im Lebensverlauf stark: Die Unter-30-Jährigen sparen hauptsächlich für die Wohnung, Personen mittleren Alters für die Kinder, die Über-50-Jährigen für Unvorhergesehenes und fürs Alter.

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Die „Schere“ zwischen Sparern und Nicht-Sparern

Durch die Corona-Pandemie und den damit verbundenen Konsumeinbruch hat die Sparquote der italienischen Familien stark zugenommen. Die gesamtstaatlichen Daten zeigen für die Familien in Italien eine pandemiebedingte Zunahme der Bankeinlagen von 110 Milliarden Euro. Mit Blick auf die Sparmöglichkeiten gehen die Einschätzungen in der Südtiroler Arbeitnehmerschaft aber ziemlich auseinander: 17 Prozent % der Befragten sind überzeugt, in den nächsten zwölf Monaten „sicherlich“ Geld auf die hohe Kante legen zu können, 41 Prozent „eher schon“, 29 Prozent „eher nicht“ und 13 Prozent „sicher nicht“. „Demnach sind 42 Prozent der Südtiroler Arbeitnehmer nicht von den Sparmöglichkeiten ihrer Familien überzeugt“, präzisieren die Experten des AFI. Die Ersparnisse und das verfügbare Vermögen auf den Bankkonten nehmen zwar zu; allerdings sind bei weitem nicht alle in der Lage, Geld auf die hohe Kante zu legen.

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Beträchtliche Unterschiede stechen bei Südtirols Arbeitnehmern vor allem zwischen Vollzeit- und Teilzeitangestellten und zwischen den Altersgruppen ins Auge. 52 Prozent der Teilzeitangestellten geben an, kein Geld auf die hohe Kante legen zu können; bei den Vollzeitangestellten trifft dies nur auf 38 Prozent zu. Interessanterweise schätzen die Unter-30-Jährigen ihre Sparmöglichkeiten am besten ein, während die Über-50-Jährigen sich diesbezüglich schwerer zu tun scheinen.

Sparziele: Sicherheit über alles

Vom Sparverhalten her setzen Südtirols Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer immer mehr auf Sicherheit. Ausdruck findet dies in der Präferenz für Liquidität – vermehrt nimmt sie den Status einer „eisernen Reserve“ ein – und in einer geringen Investitionsbereitschaft in Anlagen mit höherem Risiko. Liquidität vermittelt Sicherheit aufgrund ihrer unmittelbaren Verfügbarkeit. Im Unterschied zu den Spargründen ändern sich die Sparziele nicht mit dem Alter. Die Prioritäten haben sich dort seit 2014 nicht verändert – auch nicht in Zeiten von Covid-19.

Die Inflation nagt an den Ersparnissen

Die Inflation macht sich derzeit vor allem durch stark steigende Treibstoffpreise, Strom- und Gasrechnungen und zum Teil auch durch höhere Lebensmittel- und Konsumgüterpreise bemerkbar. In Südtirol ist sie im Dezember 2021 auf knapp 4,0 Prozent geklettert. Diese Entwicklung schmälert nicht nur die Kaufkraft der Löhne, sondern kratzt bei annähernden Nullzinsen auch das an, was im Laufe eines Erwerbslebens angespart wurde. „Doch auch die Flucht in riskante Geldanlagen, nur um eine positive Nettorendite zu erwirtschaften, kann nicht die Lösung des Problems sein“, mahnt Perini an.

Die Ergebnisse des AFI-Barometers sind online unter www.afi-ipl.org/afi-barometer einsehbar.

Von: mk

Bezirk: Bozen