"Medizinisches Wissen wird sich ab dem Jahr 2020 alle drei Monate verdoppeln"

Dr. Watson zu Besuch in Bozen

Freitag, 03. März 2017 | 18:19 Uhr

Bozen – Bei einem Treffen zwischen Vertretern des IT-Unternehmens IBM und des Südtiroler Sanitätsbetriebes heute in Bozen wurden die Chancen und Risiken besprochen, die der Einsatz digitaler Wissensmanagementsysteme bei der Betreuung onkologischer Patienten bringen könnte.

Durch digitale Umwälzungen bedingte Veränderungen werden auch die Art der Gesundheitsversorgung verändern. Dies sieht der IT-Pionier IBM als Chance, in diesem Bereich stärker Fuß zu fassen. Nachdem eine  Abordnung des Sanitätsbetriebes unter Führung von Generaldirektor Thomas Schael im vergangenen November das Forschungszentren IBM Research – Zürich in der Schweiz besucht hatte, waren es nun hochrangige Vertreter des weltweit agierenden Unternehmens, die von der Zentrale von IBM Watson for Oncology in Zürich und aus Boston in den Vereinigten Staaten nach Bozen gekommen sind.

Im Zentrum der Gespräche, zu denen auch eine Reihe von Ärzten und Primaren des Südtiroler Sanitätsbetriebes und Vertreter des Sanitätsbetriebes der Provinz Trient eingeladen waren, stand das von IBM entwickelte selbstlernende Programm Watson. Dieses Computerprogramm wird dem Bereich künstliche Intelligenz zugerechnet und  versteht nicht nur gesprochene Sprache sondern kann eigenständig Texte einlesen und die gewonnenen Informationen aus diesen Quellen strukturieren und schriftlich oder gesprochen wiedergeben.

Glaubt man Schätzungen von Experten, wird sich das medizinische Wissen ab dem Jahr 2020 alle drei Monate verdoppeln. Die umfangreiche und schnelle Aufnahmefähigkeit von Watson wäre also ein immenser Vorteil.

Für den Fachbereich Onkologie hat IBM „Watson for oncology“ entwickelt. Dieses speziell dem Bereich Onkologie angepasste Programm analysiert die medizinischen Informationen eines Patienten und vergleicht diese mit einer Vielzahl von Daten und Fachwissen, um anschließend den behandelnden Ärzten zusätzliche evidenzbasierte Behandlungsmöglichkeiten vorzuschlagen.

Beim heutigen Treffen wurden von den IBM-Fachleuten anhand konkreter Beispiele die Möglichkeiten zur Behandlungsunterstützung durch „Dr. Watson“ im Bereich Onkologie aufgezeigt. Gemeinsam analysiert wurde  jeweils ein komplexer Fall eines Südtiroler Patienten, und zwar eines Lungenkarzinoms, eines Dickdarmkarzinoms sowie eines Brustkarzinoms. Ebenfalls erörtert wurde ein multimodaler gynäkologischer Fall. Für Generaldirektor Thomas Schael war das Treffen der  Auftakt für einen längeren Weg: „Es ist uns allen klar, dass die Einführung derartiger klinischer Supportsysteme nicht von heute auf morgen geschehen wird. Wir müssen uns aber schon heute auf den Weg machen, um an der Entwicklung mitzuwirken.“ Für Thomas Lanthaler war das Interesse der Kliniker besonders wichtig, denn „es müssen Kliniker sein, die helfen, derartige Systeme zu entwickeln. Gut aufgesetzt können sie aber einen großen Nutzen in der klinischen Praxis bringen.“

Weltweit ist das „Watson for Oncology“ bereits in vielen Kliniken im Einsatz, insbesondere in den USA und Südostasien. In Europa wird es bisher nur in der Slowakei und den Niederlanden verwendet. „Wir wären demnach unter den ersten, die ein derartiges Zukunftssystem einführen“, betont Generaldirektor Thomas Schael. „Und wenn man bedenkt, dass Südtirol bei der Versorgung von Krebspatienten top ist, so würden wir die beste Versorgung mit der Entwicklung eines der besten Systeme verknüpfen.“

Am mehrere Stunden dauernden Treffen haben seitens des Südtiroler Sanitätsbetriebes neben Generaldirektor Thomas Schael und dem geschäftsführenden Sanitätsdirektor Thomas Lanthaler auch rund 30 Primare, Onkologen und Fachärzte sowie EDV-Abteilungsdirektor  Christian Steurer und Amtsdirektor und Organisator Luca Armanaschi vom Amt für klinische und strategische Entwicklung teilgenommen.

Aus den USA und Zürich angereist waren Alessandro Curioli, PhD IBM Fellow, Vice President Europe and Director IBM Research Zurich, Giovanna Camorali, Enterprise Sales Unit Manager, Regional Healthcare and Life Sciences IBM Italia, Alessandro Campioli, Global Leader IBM Cloud SW-Lab, Chiara Marchiori PhD Research Scientist IBM Research Zurich, Sylvie Marcy, Tranformational Consultant IBM Watson Health, und Tanya Tohill Farber, International Sales Leader Oncology and Genomics IBM Watson Health

Von: luk

Bezirk: Bozen