Von: mk
Bozen – Beim Europäischen Verbraucherzentrum (EVZ) in Bozen standen allein im Jahr 2016 insgesamt 66 Anfragen von Verbrauchern bezüglich Dexcar an der Tagesordnung. Nun konnten die Konsumentenschützer einen bedeutenden Sieg einfahren. In den vergangenen Tagen hat die Wettbewerbsbehörde AGCM das deutsche Unternehmen zu einer Strafe von 400.000 Euro verdonnert.
Viele Verbraucher gaben an, bei Informationsveranstaltungen teilgenommen zu haben, bei denen versprochen wurde, dass man ein Auto kostenlos für 24 Monate fahren könne. Viele Verbraucher dachten, dass das Unternehmen vertrauenswürdig sei, da der Rechtssitz in Essen in Deutschland angegeben wurde. Allerdings hat das EVZ herausgefunden, dass Dexcar im Handelsregister als Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit einem Stammkapital von nur 800 Euro eingetragen wurde. Kein Unternehmen, welches die Autovermietung anbietet, hat ein so niedriges Stammkapital.
Wer jedoch überzeugt war, dass es sich hierbei um ein vorteilhaftes Geschäft handelte, ließ sich von solchen Details nicht davon abbringen. Nicht einmal die Tatsache, dass Neu-Einsteiger, bevor sie das Auto bekommen sollten, in ein System von Tabellen, Ebenen und Zyklen – natürlich gegen Bezahlung – eingetragen wurden und diese zweimal durch die Rekrutierung neuer Personen vervollständigen mussten, ließ Zweifel aufkommen. Außerdem: Sollte man es nicht schaffen, die notwendigen Personen anzuwerben, um die verschiedenen Ebenen zu vervollständigen, konnte man dieses Problem beheben, indem man Geld überwies, um die erste Tabelle zu überspringen, um so direkt zur nächsten zu gelangen. Dadurch wurden Dexcar in rund einem Jahr mehrere Millionen Euro überwiesen, wie aus den Daten der Finanzpolizei hervorgeht.
Um die Leute zu überzeugen, an Dexcar Geld zu überweisen, wurde von Dexcar – mittels eines breiten Netzwerkes an Promotern – eine Überzeugungskampagne betrieben – geschmückt mit Worten und wirkungsvollen Slogans. So wurden z. B. die Konzepte von sharing economy und crowdfunding sowie die schwierige wirtschaftliche Lage von vielen Familien ausgenutzt. Einige der Konsumenten dachten etwa, Dexcar sei der einzige Weg gewesen, dem eigenen Kind ein Auto zu ermöglichen.
Durch diese Vorgehensweise haben sich laut der gesammelten Daten der Finanzpolizei von Biella mehr als 22.000 Personen in das System Dexcar eingetragen, die Quoten überwiesen und neue Personen angeworben. Dennoch haben trotz dieser hohen Anzahl weniger als ein Prozent der Teilnehmer das versprochene Auto auch tatsächlich erhalten – trotz aller Versprechen von Dexcar.
Laut Pressemitteilung der Finanzpolizei von Biella (Piemont) vom 10. Juni 2016 wurde die Webseite www.dexcar.ch von der Finanzpolizei beschlagnahmt und die Verantwortlichen auf freiem Fuß angezeigt. Mit dieser Präventivmaßnahme versuchte man der Verbreitung eines Mutilevel-Marketing-Systems Einhalt zu gebieten.
„Wir heben hervor, dass das Gesetz 173 von 2005 klar zwischen legalem und illegalem Multi-Level-Marketing unterscheidet: Wenn die Anwerbung neuer Mitglieder der primäre Zweck der Struktur ist, handelt es sich um ein illegales System, welches gesetzlich verboten ist“, erklärte das EVZ in Bozen.