Plenarsitzung

Förderung von Energiespeichersystemen im Landtag debattiert

Mittwoch, 15. Januar 2020 | 18:29 Uhr

Bozen – Anträge von Süd-Tiroler Freiheit, 5-Sterne-Bewegung und L’Alto Adige nel cuore – Fratelli d’Italia wurden heute Nachmittag im Landtag behandelt. Es ging dabei um Fachkräftemangel, Energiespeicher, Rauchverbot und Hallenspielplätze.

Beschlussantrag Nr. 218/19: Fachkräftemangel bekämpfen (eingebracht von den Abg. Atz Tammerle und Knoll am 20.12.2019). Der Landtag wolle beschließen: 1. Die Landesregierung wird beauftragt, die Ausarbeitung einer umfangreichen Erhebung zum Fachkräftebedarf in den einzelnen Bereichen in Auftrag zu geben. 2. Die Landesregierung wird beauftragt, dem Beispiel des Bundeslandes Tirol zu folgen, und auch hierzulande die Ausbildungszeit im Gastgewerbe zu verkürzen und zu überprüfen, ob dies auch auf andere Berufsbilder ausgedehnt werden kann. 3. Die Landesregierung wird beauftragt, in Zusammenarbeit mit Verbänden und Organisationen ein Konzept für die verstärkte Anwerbung von Fachkräften aus dem deutschsprachigen Raum auszuarbeiten. 4. Die Landesregierung wird beauftragt, gemeinsam mit dem Bundesland Tirol ein grenzüberschreitendes Konzept auszuarbeiten, um Lehrlingen und jungen Menschen die Möglichkeit zu bieten, in den unterschiedlichsten Betrieben in Süd-, Nord- und Ost-Tirol arbeiten zu können, um verschiedene Strukturen und Arbeitsmodelle kennenzulernen und bestmöglich auf die Arbeitswelt vorbereitet zu werden. 5. Die Landesregierung wird beauftragt, sich für eine Zusammenarbeit der Arbeitsämter vom Bundesland Tirol und von Südtirol zu verwenden.

“In Südtirol ist der Fachkräftemangel zunehmend ein Thema”, erklärte Myriam Atz Tammerle (Süd-Tiroler Freiheit). “Viele Unternehmen hierzulande benötigen sehr viel Zeit, um qualifizierte Mitarbeiter zu finden. Das hat zur Folge, dass auch die Kosten und der Aufwand für die Personalsuche steigen. Vorhandene Mitarbeiter leiden dadurch mitunter an Überbelastung. Ganz Tirol leidet derzeit in vielen Branchen unter einem starken Fachkräftemangel. Das Handwerk, der Transport und der Tourismus zählen dabei zu den Spitzenreitern. Es bedarf daher gezielter und umfassender Maßnahmen, um den Fachkräftemangel und den Mangel an geeigneten Mitarbeitern entgegenzuwirken. Ein erster Schritt wäre damit getan, zu wissen, wie es in Südtirol in den einzelnen Bereichen aussieht.”

Mit einigen Punkten des Antrags habe er Schwierigkeiten, erklärte Diego Nicolini (5 Sterne Bewegung), etwa mit dem Downgrading der Ausbildung. Mit anderen Vorschlägen sei er einverstanden.

Es gebe zu diesem Thema bereits viele Studien, und man wisse auch bereits, was man ändern müsste, erklärte Maria Elisabeth Rieder (Team K). In einer neueren WIFO-Studie stehe z.B. klar, was man brauche. Ein Problem seien die unsicheren Arbeitsverhältnisse. Bei der Arbeitslosenunterstützung für Saisonkräfte sollte sich der Tourismus am Baugewerbe orientieren. Ein weiteres Problem sei die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Andreas Leiter Reber (Freiheitliche) sah die Notwendigkeit, die Arbeitsplätze in Südtirol attraktiver zu machen. Die genannte WIFO-Studie sage klar, was man brauche. Da werde etwa die Ausbildung genannt, die Mehrsprachigkeit, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die Lebenshaltungskosten. Eine Zusammenarbeit der Arbeitsämter zwischen Nord- und Südtirol werde schwierig, da ganz andere rechtliche Voraussetzungen herrschten.

Wenn man beim Fachkräftemangel weiterkommen wolle, müsse man europäisch denken, meinte Hanspeter Staffler (Grüne). Der Fachkräftemangel sei überall. Daher müsse man bei den Fundamenten ansetzen. Das seien attraktivere Gehälter, da könne Südtirol aber schwer mithalten. Zweitens müsse man attraktive Wohnmöglichkeiten anbieten, was derzeit nicht gegeben sei. Drittens brauche es eine offenere Gesellschaft, wenn man mit Arbeitsplätzen wie Zürich, München usw. konkurrieren wolle.

Helmuth Renzler (SVP) erinnerte daran, dass die Arbeitslosenversicherung von Arbeitnehmern und Arbeitgebern bezahlt werde, nicht von der Allgemeinheit. In Zukunft würden die besseren Arbeitsbedingungen das Rennen um die Fachkräfte machen, z.B. bessere Zusatzleistungen. Man sollte auch nicht die Fachkräfte außer Acht lassen, die mit 62, 63 Jahren in Rente gehen. Um sie zu halten, müsse man ihnen etwas bieten.

Der Fachkräftemangel herrsche weltweit, nicht nur in Europa, meinte Helmut Tauber (SVP). Studien zum Problem gebe es genug. Eine wirksame Erleichterung wäre die Senkung der Lohnnebenkosten, welche die italienische Regierung anstrebe. Im Gastgewerbe würden Fachkräfte schon lange grenzüberschreitend gesucht. Südtirol könnte sich vielleicht stärker an entsprechenden internationalen Messen beteiligen, aber im Großen und Ganzen mache man die Sache schon richtig.

Das Problem werde sich so schnell nicht lösen, schätzte LR Philipp Achammer. Laut Hochrechnung würden innerhalb 2035 bis zu 70.000 Arbeitskräfte fehlen. Insofern sei auch die Digitalisierung willkommen. Daten zum Problem gebe es genug. Neuerdings seien die Lehrlingsstellen nicht mehr im Schwinden, aber man finde die Lehrlinge dafür nicht. Bis April wolle man zusammen mit den Sozialpartnern ein Maßnahmenpaket vorlegen. Auch der Brain-Drain sei anzugehen; ein Drittel der Abgewanderten würde zurückkehren, wenn die Bedingungen stimmten. Bei den Saisonskräften habe man die Hürden gesenkt. Deutlich sprach sich Achammer gegen eine Senkung der Qualifikation aus. Grenzüberschreitende Projekte, wie im Antrag gefordert, gebe es viele, aber das Ergebnis sei ernüchternd. Eine Vernetzung der Arbeitsagenturen gebe es bereits, und alle Arbeitsämter meldeten dasselbe Problem mit den Fachkräften.

Myriam Atz Tammerle wies darauf hin, dass in Tirol nicht der Bildungszeit im Praktikum gekürzt wurde, sondern die Arbeitszeit, sodass man früher zum vollen Lohn komme. Nützlich wäre auch ein grenzüberschreitendes Arbeitsportal. Attraktivere Arbeitsverträge seien für größere Betriebe drin, aber für kleine schwierig. In der Debatte sei auf viele Daten verwiesen worden, aber nicht auf eine landesweite Datensammlung.
Der Antrag wurde mehrheitlich abgelehnt.

Beschlussantrag Nr. 220/19: Förderung von Energiespeichersystemen (eingebracht vom Abg. Nicolini am 20.12.2019). Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, 1. sich für die Durchführung einer Ausschreibung einzusetzen, welche die Anbringung von hausinternen Speichersystemen für Energie aus Photovoltaikanlagen fördert; 2. das jetzige System zur Förderung von Photovoltaik-Paneelen zu prüfen, mit dem Ziel, sowohl den Verbrauch von Strom aus Eigenerzeugung wie auch die Netzstabilität zu fördern und folglich den Tausch des erzeugten Stromes zu ermöglichen, um die Gesamtmenge an erzeugtem Strom zu erhöhen.

“Einige jüngste Veröffentlichungen der EURAC zeigen, dass in diesem Bereich mehr öffentliche Förderungen notwendig sind”, erklärte Diego Nicolini (5 Sterne Bewegung). “Es scheint extrem schwierig, die Ziele für Photovoltaik-Strom zu erreichen: Gemäß der EURAC-Studie gäbe es einen Jahresbedarf von sieben MW, mangels Förderungen habe sich der Markt jedoch auf 1,5-2 MW eingependelt, obwohl es in Südtirol ausreichend Potenzial für Photovoltaik-Strom gäbe. Diese Angaben könnten darauf hinweisen, dass es bei der Ausschreibung zu den PV-Systemen, bei der 65 Prozent der Kosten gefördert werden dürfen, noch zusätzlicher Anstrengungen bedarf. Der Vorschlag, die Energiespeichersysteme zugänglicher zu machen verfolgt also zwei Ziele: Erstens soll der Verbrauch von Strom aus Eigenerzeugung gesteigert und zweitens die Netzstabilität gefördert werden, indem die Gesamtmenge an erzeugtem Strom erhöht wird.”

LR Giuliano Vettorato bat Nicolini um Vertagung des Antrags. Man sei gerade dabei, die Förderung zu überdenken, und dabei werde sicher auch vieles berücksichtigt, was er gesagt habe.

Beschlussantrag Nr. 30/19: Rauchverbot an Orten, an denen sich Kinder aufhalten – Alkoholverbot in öffentlichen Grünanlagen (eingebracht vom Abg. Urzì am 23.1.2019). Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, im Rahmen ihrer Befugnisse Initiativen zu ergreifen und auch die Gemeinden aufzufordern, im Rahmen ihrer Zuständigkeiten Maßnahmen zu treffen, um das ausgedehnte Verbot des Konsums alkoholischer Getränke in öffentlichen Grünanlagen im gesamten Landesgebiet umzusetzen und das Rauchen auf öffentlichen Straßen im Umkreis öffentlicher Orte, an denen sich Kinder unter 16 Jahren aufhalten, wie Jugendzentren, Schulen oder Kinderwarengeschäfte, möglichst einzuschränken.

“Der Südtiroler Landtag könnte ab sofort ein starkes positives Signal im Sinne des passiven Gesundheitsschutzes und der Achtung vor der Person setzen, indem er eine Reihe von Vorschlägen genehmigt und diese auch an die Gemeindeverwaltungen weiterleitet oder im Rahmen der eigenen Befugnisse umsetzt”, erklärte Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore – Fratelli d’Italia). Einzelne Gemeinden hätten solche Verbote bereits erlassen. Es gehe um die Gesundheit, aber auch um den Respekt vor bestimmten Orten. Öffentliche Grünanlagen seien oft Quelle von Ruhestörung durch Betrunkene, manche, wie der Bozner Bahnhofspark, seien durch ein bestimmtes Verhalten unattraktiv geworden.

Alex Ploner (Team K) würde als Passivraucher sofort ein Rauchverbot an allen öffentlichen Orten unterschreiben, aber es gehe auch um die persönliche Freiheit, die von der Verfassung geschützt sei. Dasselbe gelte für den Alkohol. Diese Freiheit dürfe nur eingeschränkt werden, wenn die Gesundheit anderer beeinträchtigt werde – daher das Rauchverbot auf Schulhöfen und Spielplätzen. Den Antrag könne er nur unterstützen, wenn es eine klare Abgrenzung des Verbots gebe.

Brigitte Foppa (Grüne) sah im Antrag nur den Lösungsversuch für das Ende einer langen Problemkette. Urzì wolle eigentlich nur bestimmte Leute aus der Nachbarschaft seines Büros verbannen.

Andreas Leiter Reber (F) sah ein Rauchverbot auf Schulhöfen sinnvoll, aber nicht überall, das würde seiner liberalen Einstellung widersprechen. Man könne nicht Alkohol und Tabak aus dem gesamten öffentlichen Raum verbannen.

Myriam Atz Tammerle (STF) sah die Umsetzung des Verbots als schwierig. Es sei nicht immer leicht zu erkennen, dass man sich in einem geschützten Bereich aufhalte. Man sollte mehr auf Sensibilisierung und Aufklärung setzen. Daher werde sie sich enthalten.
Alessandro Urzì kündigte eine neue Fassung an und bat um Vertagung.

Beschlussantrag Nr. 60/19: Hallenspielplätze für Kinder (eingebracht vom Abg. Urzì am 5.3.2019). Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, sich im Rahmen der eigenen Zuständigkeiten dafür einzusetzen, dass Gemeindeprojekte zur Errichtung von Hallenspielplätzen und Einrichtungen für Spiel- und Freizeitaktivitäten finanziert werden; die Südtiroler Gemeinden für die Umsetzung solcher Projekte sensibilisiert werden.

“In Südtirol gibt es zahlreiche Kinderspielplätze im Freien, die insbesondere im Frühling, Sommer und Herbst gut besucht sind”, meinte Alessandro Urzì (L’Alto Adige nel cuore – Fratelli d’Italia). “Aufgrund des Klimas wären im Winter überdachte, wettergeschützte Spielplätze zu bevorzugen, in denen die Kinder unbekümmert spielen können. Mit der richtigen Ausstattung könnten Hallenspielplätze zu regelrechten Treffpunkten für Familien mit Kindern im Vorschul- und Schulalter werden. Dank verschiedenartiger Spiele und Ausstattungen sowie Spiel- und Freizeitbereiche wäre der Spaß garantiert. Ein kleiner Festraum würde es den Familien ermöglichen, Kindergeburtstage und sonstige Anlässe zu feiern, und zwar in einem geschützten, sicheren und kinderfreundlichen Umfeld, in dem Spaß und Gemeinschaftsgefühl im Vordergrund stehen.”

Vor allem in den Städten fehle es an Spielplätzen für Kinder, meinte Brigitte Foppa (Grüne). Allerdings seien dafür die Gemeinden zuständig. Was den Kindern vor allem fehle, seien nichtorganisierte Spielplätze. Das Versteckspiel funktioniere nur dort, wo man sich verstecken könne, aber die städtischen Spielplätze seien alle leicht überschaubar.
Die Kinder sollten mehr Zeit im Freien verbringen, meinte Ulli Mair (F). Viele Kinder würden sich stattdessen am Wochenende mit den Eltern in den Einkaufszentren aufhalten; das seien ihre Spielplätze geworden. Die Gemeinden sollten zusammen mit den Vereinen mehr Spielgelegenheiten organisieren.

Auch Myriam Atz Tammerle (STF) sah den Aufenthalt in der Natur sinnvoller. Man könne aber auch daheim “Mensch ärgere dich” spielen. Kinder wollten nicht immer mit Angeboten berieselt werden, sie möchten mehr Zeit mit ihren Eltern verbringen.

Waltraud Deeg (SVP) lud dazu ein, sich die Sommerbetreuungsprojekte anzuschauen. So könne man die Situation besser verstehen. Manche Eltern wollten ihre Kinder aus Angst vor Verletzungsgefahr nicht teilnehmen lassen. Ein Kind habe mit den Händen essen müssen, weil die Eltern in Messer und Gabel eine Gefahr sahen. Andere wollten ihre Kinder nicht in den Wald lassen, weil dort kein Klo sei. Man sollte den Kindern mehr Freiheit lassen, sonst lernten sie nie, mit Gefahren umzugehen.

Magdalena Amhof (SVP) berichtete vom künftigen Kindergarten ihrer Tochter, wo man bei jedem Wetter eine gewisse Zeit ins Freie gehe. Ein Kind müsse auch einmal die Freiheit haben, nichts zu tun, es brauche nicht ständig ein Angebot.

Die Natur biete die größte Möglichkeit zur Spielfaszination, meinte Helmut Tauber (SVP). Darüber hinaus gebe es in Südtirol ein breites Angebot für Kinder.

LR Arnold Schuler wies auf die Autonomie der Gemeinden hin. Mit der neuen Gemeindefinanzierung habe die Gemeinde einen breiten Spielraum und könne, wenn sie wolle, auch Spielplätze überdachen.

Die Debatte zum Antrag wird morgen fortgesetzt.

Von: luk

Bezirk: Bozen