Autoimport und Gewährleistung

Gebrauchtwagen im Ausland gekauft? – das solltet ihr wissen

Mittwoch, 25. Januar 2023 | 08:00 Uhr

Bozen – Die hohen Gebrauchtwagenpreise zwingen Verbraucherinnen und Verbraucher dazu, Angebote genauestens zu vergleichen. Dabei spielt der digitale Gebrauchtwagenmarkt mit seinen internationalen Vergleichsmöglichkeiten eine große Rolle und macht den Autokauf im Ausland immer einfacher und interessanter. Es entstehen Plattformen, die einen Rundum-Service zum Autoimport bieten, der unter anderem Dienste wie die Versteigerung des eigenen Fahrzeugs, sowie Vorab-Checkups des zu kaufenden Wagens und Überführung beinhaltet. Auch die gesetzlichen Rahmenbedingungen begünstigen die Entscheidung, ein Fahrzeug aus dem Ausland zu importieren. So gilt z. B. die gesetzliche Garantie (Gewährleistung) im gesamten EU-Raum und kann auch grenzüberschreitend in Anspruch genommen werden. Dennoch sei gerade bei der Durchsetzung des Gewährleistungsrechtes bei Importwagen besondere Vorsicht geboten, erklärt das Europäische Verbraucherzentrum (EVZ) in Bozen.

Frau K besitzt einen fünf Jahre alten Gebrauchtwagen, den sie vor sieben Monaten bei einem deutschen Händler gekauft und in Italien zugelassen hat. Vor kurzem leuchtete ein rotes Lämpchen auf: Probleme mit dem Motor.

Folgendes sollte Frau K wissen, bevor sie weitere Schritte setzt: Bei der Gewährleistung handelt es sich um ein europaweit beim Kauf von Waren durch Verbraucher geltendes Recht, das ausschließlich beim Verkäufer eingefordert werden kann. Bei Gebrauchtwagen ist die Frist zur Durchsetzung dieses Rechts (wie bei allen gebrauchten Gütern) in der Regel von zwei Jahren auf ein Jahr reduziert. Aber aufgepasst: Beim Kauf von privaten Anbieterinnen und Anbietern hat man dieses Recht nicht. Die Gewährleistung ist nicht mit der Werksgarantie des Autoherstellers zu verwechseln. Diese unterliegt den Bedingungen des Herstellers, der auch deren Dauer festlegt.

Häufiger als gedacht wurden die Beraterinnen und Berater des Europäischen Verbraucherzentrums mit Verträgen konfrontiert, die versuchen, den Privatkäuferinnen und -käufern von Beginn an, ihre gesetzlichen Gewährleistungsrechte strittig zu machen. „Es geschieht nicht selten, dass Händlerinnen und Händler versuchen, ihre Gewährleistungspflicht zu umgehen, indem sie schwer verständliche Vertragszusätze in ihre Standardformulare einbauen, die einen Gewährleistungsanspruch ausschließen oder stark einschränken“, weiß Julia Rufinatscha, Beraterin am EVZ in Bozen, zu berichten.

Durch Klauseln wie „Hiermit erkläre ich, das gegenständliche Fahrzeug in meiner Funktion als Gewerbetreibender zu kaufen“ versuchen Verkäufer aus den Verbrauchern Gewerbetreibende zu machen, denen kein Gewährleistungsanspruch zusteht. Auch Floskeln wie “gekauft wie gesehen“ oder ähnliche zielen auf einen Ausschluss der Gewährleistungspflichten ab. „Auch wenn diese Klauseln häufig nicht gültig sind, stellt sich deren Anfechtung oft als kompliziert heraus. Deshalb haben, besonders dann, wenn die ahnungslosen Verbraucherinnen und Verbraucher die Vertragssprache nicht kennen, Verkäufer ein leichtes Spiel. Nicht zuletzt deshalb sollte man niemals einen Vertrag unterschreiben, dessen Inhalt man nicht versteht!“, warnt Julia Rufinatscha.

Aber auch wenn der Vertrag den gesetzlichen Garantieregeln entspricht, stellt nicht selten die Durchsetzbarkeit dieser Garantierechte eine weitere Herausforderung dar. „Die Erfahrung unserer jahrelangen Beratungstätigkeit im Bereich des Autoimportes lehrt uns, dass eine erfolgreiche Intervention unseres Netzwerkes in vielen Fällen daran scheitert, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher erste Schritte gesetzt haben, die nicht mit den gesetzlichen Vorgaben vereinbar und auch nicht mehr rückgängig zu machen sind“, so das EVZ.

Man sollte bedenken, dass nach den Grundsätzen der Gewährleistung, Verkäuferinnen und Verkäufer die Möglichkeit haben müssen, den Fehler selbst zu beheben, d.h. das Fahrzeug muss ihnen, sollte man darauf bestehen, zur Überprüfung und Reparatur zur Verfügung gestellt werden. Dies kann besonders im Falle eines nicht mehr fahrtüchtigen Autos, abgesehen von dem enormen Zeitaufwand, ein großes Überführungsproblem mit hohen Kosten darstellen und häufig werden diese Kosten nicht vollends ersetzt, auch wenn es das Gesetz anders vorsieht.

Nicht zuletzt deshalb liegt für viele Verbraucherinnen und Verbraucher die Entscheidung, das Fahrzeug sofort in der ortsnahen Werkstatt reparieren zu lassen, nahe. Diese Entscheidung kann aber folgenschwer sein.

Deshalb empfiehlt das EVZ drei wichtige Verhaltensregeln, die man beherzigen sollte, sobald ein Mangel auftritt:

·  Melden Sie den Mangel schriftlich als erstes und unverzüglich dem Unternehmen;

·  Setzen Sie eine nicht zu knappe Frist für eine Rückmeldung des Unternehmens und behalten Sie sich nach nicht erfolgter Rückmeldung vor, die Reparatur bei einer italienischen Werkstatt vorzunehmen;

·  Besonders bei Gebrauchtwagen ist es wichtig, dass das Fahrzeug nicht ohne vorherige Absprache mit dem Unternehmen bzw. vor Ablauf der von Ihnen gesetzten Frist repariert wird, da somit eine Zustandserhebung verhindert, und das vom Gesetz vorgesehene Nachbesserungsrecht des Unternehmens übergangen wird.

Sollte es euch dennoch nicht möglich sein, das Problem mit dem Unternehmen einvernehmlich zu lösen, ist euch das Europäische Verbraucherzentrum (EVZ) Italien, auch in Zusammenarbeit mit den anderen EVZ des Netzwerkes der Europäischen Verbraucherzentren (ECC-Net), gern kostenlos bei der Lösungsfindung behilflich.

Erreichbar ist das EVZ unter der Telefonnummer 0471/980939 sowie per E-Mail: info@euroconsumatori.org.

Von: mk

Bezirk: Bozen