Billigmode mit hohem Preis

Giftige Chemikalien in Produkten von Temu und Shein

Montag, 02. September 2024 | 08:06 Uhr

Von: Ivd

Die verlockend günstigen Angebote der Online-Giganten Temu und Shein haben längst den Markt im deutsch- und italienischsprachigen Raum erobert. Doch hinter den extrem niedrigen Preisen verbirgt sich ein tiefer Abgrund: Immer wieder stehen Anschuldigungen zu den Themen Zwangsarbeit, Ausbeutung und Schädliche Chemikalien, die die Gesundheit der Käufer ernsthaft gefährden können im Raum. Wie aktuelle Untersuchungen zeigen, sind Produkte dieser Plattformen nicht nur für die Umwelt problematisch, sondern auch für die Verbraucher selbst.

Schuhe können angeblich unfruchtbar machen

Südkoreanische Behörden haben kürzlich alarmierende Ergebnisse einer umfangreichen Untersuchung veröffentlicht. Demnach wurden in 144 getesteten Artikeln von Shein, Aliexpress und Temu gesundheitsschädliche Substanzen entdeckt – in einigen Fällen in erschreckend hohen Konzentrationen. Besonders schockierend ist der Fund in einem Paar Schuhe von Shein, das den zulässigen Grenzwert für Weichmacher um das 229-Fache überschritt. “Weichmacher auf Phthalatbasis können die Fortpflanzungsfunktionen beeinträchtigen, die Spermienzahl verringern und sogar zu Unfruchtbarkeit und Frühgeburten führen”, warnte ein Beamter des südkoreanischen Ministeriums für Umwelt und Gesundheit.

Sandalen so reich an Blei, man könnte mit ihnen angeln

Doch Shein ist nicht der einzige Anbieter, der mit gefährlichen Produkten auffällt: Auch bei Temu wurden in Sandalen Bleiwerte gemessen, die den erlaubten Grenzwert um das Elffache überschritten. Weitere Tests ergaben in verschiedenen Produkten überhöhte Mengen an Formaldehyd und Dioxan, Chemikalien, die im Verdacht stehen, Krebs zu erregen und andere schwere Gesundheitsschäden zu verursachen.

Plattformbetreiber beteuern ihre Unschuld

Trotz dieser besorgniserregenden Funde bleiben die Anbieter in ihrer Verteidigung stur. In Statements beteuern sowohl Shein als auch Temu, dass sie eng mit unabhängigen Prüfinstituten zusammenarbeiten und ihre Lieferanten verpflichten, die geltenden Sicherheitsstandards einzuhalten. Die betroffenen Artikel seien umgehend aus dem Sortiment entfernt worden. Doch das Vertrauen der Kunden ist schwer zu gewinnen, wenn solche Vorfälle immer wieder auftreten. Immer wieder hört man an simples, aber effektives Argument: Temu und Co sind lediglich die Plattformbetreiber, die Anbieter seien für ihre Produkte eigenverantwortlich. Die Plattformen mischen sich höchstens grob regulierend in Produktfragen ein.

Verbraucherzentralen warnen vor Haftungsübernahme und mangelnden Standards

Auch die Verbraucherzentralen schlagen Alarm und warnen eindringlich vor dem Kauf von Billigwaren aus China. Nicht nur aufgrund der möglicherweise giftigen Inhaltsstoffe, sondern auch wegen der problematischen rechtlichen Lage. Denn wer bei Anbietern wie Temu kauft, importiert die Ware direkt aus China und trägt somit im Falle von Schäden die volle Verantwortung. “Die Produkthaftung greift bei Bestellungen außerhalb der EU nicht”, erklärt Ralf Reichertz von der Verbraucherzentrale Thüringen. “Wenn der Akku eines bei Temu gekauften Geräts Feuer fängt und Schaden verursacht, kann der Käufer dafür haftbar gemacht werden.”

Hinzu kommt, dass viele der angebotenen Produkte keine gültigen Sicherheitskennzeichnungen wie das CE-Zeichen besitzen oder Bedienungsanleitungen fehlen. Die mangelnde Produktsicherheit ist nicht nur ein Risiko für die Gesundheit der Verbraucher, sondern trägt auch zur Umweltbelastung bei. Oftmals werden defekte oder unpassende Artikel direkt entsorgt, statt sie zu reparieren oder zurückzusenden, was die Wegwerfmentalität weiter verstärkt.

Kritik vom Westen

Die westlichen Regierungen, insbesondere die der EU und der USA, stehen in der Verantwortung, schärfere Maßnahmen gegen diese gefährlichen Praktiken zu ergreifen. Zwar gibt es bereits Pläne zur Verschärfung der Regeln für Warensicherheit und Versandhandel, doch deren Umsetzung lässt auf sich warten. Bis dahin bleibt den Verbrauchern nur die Vorsicht: Produkte mit Akkus und andere potenziell gefährliche Waren sollten nach Möglichkeit nicht bei unsicheren Anbietern bestellt werden. Die verlockenden Schnäppchenpreise könnten sonst teuer zu stehen kommen.

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