Von: mk
Bozen – Das Hirtenwesen ist ein herausfordernder aber auch erfüllender Beruf, dem waren sich die vier Referentinnen der Konferenz “Hirtinnen in den Alpen – Einblicke in das Hirtenwesen” am 5. November einig. Die Arbeit einer Hirtin oder eines Hirten schützt die Tiere und bringt zahlreiche weitere Vorteile: Abstürze werden verhindert, Krankheiten versorgt und die Almflächen durch gelenkte Weideführung optimal bestoßen. Dies wiederum erhöht die Gesundheit des Bodens, verhindert Erosion und erhält die Biodiversität. Schwierigkeiten bei der Behirtung bereitet aber vor allem der Mangel an Arbeitskräften und Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten, sowie angemessene Unterstützung von Seiten der Politik. Die Forderungen der Hirtinnen: gerechte Entlohnung und finanzielle Unterstützung für die Anstellung qualifizierter Hirtinnen und Hirten, sowie für die Anschaffung von zusätzlichen Herdenschutzmitteln.
Faszinierende Einblicke von Hirtinnen
Bereits zum zweiten Mal organisierte LIFEstockProtect eine mehrsprachige Online-Konferenz. Nach einer Vorstellung des Projekts und der essentiellen Rolle der Hirtinnen und Hirten als Herdenschutzelement, berichteten vier Hirtinnen aus Österreich, Südtirol und Deutschland ausführlich über ihre Erfahrungen auf den Almen und beantworteten viele Fragen der mehr als Teilnehmerinnen und Teilnehmer.
Es startete Anna Huber, Quereinsteigerin in den Beruf, mit ihren Schilderungen von einem ereignisreichen Sommer auf der Hochwipfelalm in Kärnten. Danach berichtete Astrid Summerer direkt von der Transhumanz in Friaul und Barbara Crea über die Revitalisierung traditioneller Landwirtschaft in Lessinia. Den Abschluss machte Christina Ziegerhofer mit Erläuterungen über die Kombination von Tourismus und Behirtung am Hauser Kaibling als Erfolgsmodell.
Hirtenausbildung und Herdenschutz-Kurse in Arbeit
Da Herdenschutz und die Rolle der Hirtinnen und Hirten seit langem ein Brennpunkt-Thema in den deutschsprachigen Alpenländern ist, startete im September 2020 LIFEstockProtect – ein fünfjähriges Projekt von, für und mit landwirtschaftlichen Organisationen zur Schulung sowie Umsetzung wirksamer Herdenschutzmaßnahmen, kofinanziert von der Europäischen Kommission.
In Zusammenarbeit mit den landwirtschaftlichen Fachschulen Salern (Südtirol), Raumberg-Gumpenstein (Österreich), und dem LfL-Standort Grub (Bayern), sowie mehr als 25 weiteren Herdenschutzkompetenzzentren, bietet LIFEstockProtect ab März 2022 Kurse an, um den Schutz von Rind, Schaf, Ziege, Pferd, Geflügel und Schwein zu fördern. Daneben bietet die Fachschule Salern eine neue Hirtenausbildung an die im Frühling 2022 startet, um den Hirtenberuf wieder aufleben zu lassen. LIFEstockProtect übernimmt darin die Leitung einiger Fortbildungsmodule. Eine ähnliche Ausbildung ist auch in Österreich geplant. In den nächsten fünf Jahren sollen durch diese Aktivitäten mehr als 1000 Hirtinnen und Hirten, Herdenschutzberaterinnen -und berater und Landwirtinnen -und Landwirte aus – und ausgebildet werden.
Astrid Summerer, Hirtin mit Transhumanz Erfahrung aus Südtirol, erklärt: “Das Hirtenwesen ist eine Jahrtausende alte Tradition, dass durch die aktuelle Herdenschutzdiskussion jetzt die Chance auf eine Wiederbelebung hat, jedoch nur durch ein angemessenes Angebot von Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten.”
“Das Hirtenwesen ist ein vielschichtiger und anspruchsvoller Beruf, der im Zuge des Klimawandels eine immer größere Bedeutung gewinnt, dem auch finanziell Rechnung getragen werden muss”, meint hingegen eine Konferenz-Teilnehmerin.