Von: bba
Bozen – Die italienische Bankenaufsicht Banca d’Italia hat am 3. November 2020 das institutsbezogene Sicherungssystem (IPS) für die Südtiroler Raiffeisenkassen genehmigt. Die Raiffeisen- Haftungsvereinbarung ist das erste institutsbezogene Sicherungssystem in Italien überhaupt. Ein Meilenstein für die Südtiroler Raiffeisenorganisation.
„Es war ein hartes Stück Arbeit, aber wir haben unser Ziel erreicht“, sagt Paul Gasser, Generaldirektor des Raiffeisenverbandes Südtirol. Mit dem institutsbezogenen Sicherungssystem wird die Autonomie der Raiffeisenkassen in ihrer Geschäftstätigkeit gewahrt. Damit wird ein über fünf Jahre andauernder Reformprozess im Raiffeisensektor erfolgreich abgeschlossen.
„Die definitive Genehmigung des Institutsschutzes für die Südtiroler Raiffeisenkassen ist ein historischer Meilenstein in der über 130-jährigen Geschichte der Raiffeisenkassen“, sagt Herbert Von Leon, Obmann des Raiffeisenverbandes Südtirol. Mit diesem Schritt werden die genossenschaftlichen Prinzipien in den Raiffeisenkassen für die Zukunft nachhaltig sichergestellt.
Krisenfällen vorbeugen
„Mit dem IPS sind die Raiffeisenkassen verpflichtet, sich im Krisenfall wechselseitig zu unterstützen“, unterstreicht Alexander Gasser, Obmann der Raiffeisen IPS Genossenschaft. Der IPS wird in erster Linie präventiv tätig sein, um eventuellen Krisenfällen vorzubeugen. Voraussetzung für die Genehmigung des IPS ist unter anderem die Einrichtung eines Sicherungsfonds, welcher im Krisenfall vom IPS zur Unterstützung seiner Mitglieder eingesetzt werden kann. „Der Fonds wird in den nächsten Jahren aufgebaut werden und bis zum Jahr 2028 eine planmäßige Gesamthöhe von ca. 95 Mio. Euro erreichen“, unterstreicht IPS-Obmann Gasser. Neben den 39 Raiffeisenkassen sind auch die Raiffeisen Landesbank Südtirol AG und die RK Leasing GmbH Mitglieder der Haftungsvereinbarung.
Jahrelange Bemühungen
Der Genehmigung des IPS waren jahrelange intensive, von Höhen und Tiefen geprägte, Bemühungen vorausgegangen. „Wir haben in den vergangenen fünf Jahren von vielen Seiten Zuspruch erfahren und Unterstützung erhalten“, sagt Verbandsobmann Herbert Von Leon. Er hebt, ebenso wie IPS-Obmann Alexander Gasser, die gute und konstruktive Zusammenarbeit mit der Aufsichtsbehörde Banca d’Italia hervor, die ihrerseits großes Interesse daran zeigte, dass das Projekt IPS erfolgreich umgesetzt wird, nicht zuletzt, weil es sich um das erste IPS in Italien handelt.
Konkret unterstützt wurde die Umsetzung des IPS, und damit die Wahrung der Autonomie der Raiffeisenkassen, von Anfang an von den Südtiroler Parlamentariern, besonders von Dieter Steger, und von Landeshauptmann Arno Kompatscher. Auf nationaler Ebene setzte sich Senator Alberto Bagnai, ehemaliger Präsident der Finanzkommission des Senates, für das Anliegen aus Südtirol ein. Von zentraler Bedeutung war die wertvolle Unterstützung durch verschiedene Partner in Europa bei der Ausarbeitung der umfangreichen Dokumentation, die für das Anerkennungsverfahren notwendig waren. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor bildete zudem die enge und abgestimmte Zusammenarbeit zwischen den Raiffeisenkassen, dem Raiffeisenverband und der Raiffeisen Landesbank Südtirol AG.
Bekannte Vorgeschichte
Im Rahmen der Reform der italienischen Genossenschaftsbanken im Jahre 2016 hätten sich auch die Südtiroler Raiffeisenkassen zu einer Bankengruppe mit einer Aktiengesellschaft als Spitzeninstitut zusammenschließen müssen. Eine Änderung des Reformgesetzes im Dezember 2018 erwirkte eine Sonderregelung für Südtirol, und räumte den Südtiroler Raiffeisenkassen die Möglichkeit ein, anstelle einer Bankengruppe auch ein IPS gründen zu können. Ende des Jahres 2018 hatten die Raiffeisenkassen für die Errichtung eines institutsbezogenen Sicherungssystems gestimmt und der Bildung einer autonomen Bankengruppe aufgrund ihrer tendenziell zentralistischen Ausrichtung eine Absage erteilt. Am 14. Juni 2019 gründeten schließlich 39 Raiffeisenkassen, die Raiffeisen Landesbank Südtirol AG und die RK Leasing GmbH die Raiffeisen Südtirol IPS Genossenschaft. Der Antrag zur Anerkennung als institutsbezogenes Sicherungssystem wurde offiziell Ende des Jahres 2019 eingereicht. Bedingt durch die Corona-Krise und der zeitweiligen Aussetzung des Verfahrens von Seiten der Aufsichtsbehörde hat sich die Autorisierung bis in den Herbst 2020 hinausgezogen. Am 3. November 2020 wurde das institutsbezogene Sicherungssystem (IPS) nun von der Aufsichtsbehörde offiziell genehmigt und tritt mit sofortiger Wirkung in Kraft.