Hallerhof in Latsch soll abgebrochen werden

Ist der Ensembleschutz in Südtirol am Ende?

Dienstag, 16. Februar 2021 | 10:29 Uhr

Bozen – In Latsch soll der Hallerhof im Dorfzentrum abgerissen werden. Der Heimatpflegeverband Südtirol ist ernüchtert und stellt die Frage, ob der Ensembleschutz in Südtirol am Ende ist.

Heimatpflegeverband

“Auf Initiative des Heimatpflegeverbandes Südtirol hat die Landesregierung im fernen Jahre 1997 den Ensembleschutz gesetzlich verankert und den Gemeinden die diesbezügliche Zuständigkeit übertragen. Man wollte damit – über den Denkmal- und Landschaftsschutz hinaus – die Eigenart und  Identität eines Ortes erhalten und fördern. Ensembles sind keine Einzelobjekte, sondern stellen ein Zusammenspiel von Elementen/Objekten/Ansichten dar, welche die Geschichte und das Miteinander von Mensch und Natur widerspiegeln. Der Ensembleschutz bezieht sich nur auf das äußere Erscheinungsbild; im Inneren von Gebäuden ist eine bauliche Umgestaltung ohne Einschränkung möglich. Jetzt schreiben wir das Jahr 2021 und müssen feststellen, dass das Landesgesetz für den Ensembleschutz bei weitem nicht von allen Gemeinden umgesetzt wurde. Mit dem neuen Gesetz für Raum und Landschaft wird der Ensembleschutz weiter geschwächt”, kritisiert der Heimatpflegeverband.

“Aber es gibt auch Gemeinden, die den eigenen genehmigten Ensembleschutzplan einfach übergehen, wie etwa aktuell in Latsch mit dem geplanten Abriss des Hallerhofes im Dorfzentrum. Der Hallerhof mit seiner wuchtigen zur Hofgasse hin geschlossenen Bauweise bildet gemeinsam mit dem an ihn angebauten denkmalgeschützten Oberhof ein wunderbares Ensemble. Seit einiger Zeit ist die Gemeinde im Besitz des leerstehenden Hallerhofes. Dass die Gemeinde Latsch dieses Gebäude für den geförderten Wohnbau zur Verfügung stellen und auch einen Leerstand im Dorfzentrum beseitigen möchte, ist durchaus sinnvoll. Aber dass deswegen das Gebäude abgerissen werden soll, kritisieren wir stark und kann auch nicht im öffentlichen Interesse stehen”, so der Heimatpflegeverband weiter und schlägt vor:

 

1.     Die Gemeinde sollte sich an den im Ensembleschutzplan festgeschriebenen Erhaltungsmaßnahmen (Sanierung des Bestandes!) orientieren.

2.     Die Gemeinde als Besitzerin der Immobilie sollte mit gutem Beispiel vorangehen und eine Sanierung durchführen, was mit den heutigen technischen Mitteln leicht möglich ist.

3.     Ein Neubau könnte – selbst wenn die Fassade des geplanten neuen Gebäudes Anleihen am alten Hallerhof nimmt – niemals ein überzeugender Ersatz für das historische Gebäude sein.

4.     Wie argumentiert die Gemeinde Latsch, wenn in Zukunft auch Private mit dem Wunsch kommen, ihre ensemblegeschützten Gebäude abreißen zu wollen?

5.     Es muss die unmittelbare Nähe zum denkmalgeschützten Oberhof – beide Häuser sind zusammengebaut – ganz besonders bedacht werden und ein entsprechendes  Gutachten des Denkmalamtes muss Berücksichtigung finden.

“Der Ensembleschutz in Latsch würde durch den geplanten Abriss des Hallerhofes ad absurdum geführt. Es würde ein besonderer unverwechselbarer, zentraler Ort zerstört und damit ein wichtiges Stück kulturelle und soziale Identität verloren gehen. Deshalb fordert der HPV die Gemeinde Latsch auf, diesen wertvollen Baustein des architektonischen Erbes zu erhalten und behutsam der neuen Bestimmung zuzuführen”, so Dr. Claudia Plaikner, Obfrau des Heimatpflegeverbandes Südtirol und Franz Fliri, Bezirksobmann Vinschgau abschließend.

 

Von: luk

Bezirk: Vinschgau