Von: luk
Tilburg – Mit ihrer Studie, wonach Katzen in der freien Natur viel Schaden anrichten und folglich nicht mehr ins Freie dürfen, haben zwei Juristen der niederländischen Universität Tilburg für viel Aufsehen gesorgt und auch Kritik einstecken müssen.
Laut Arie Trouwborst und Hans Somsen gefährden Hauskatzen weltweit die Artenvielfalt und sollten daher nicht mehr umherstreunen dürfen. Ihre Position untermauern die beiden Uniprofessoren mit Zahlen: „Weltweit waren Hauskatzen an der Ausrottung von mindestens zwei Reptilienarten, 21 Säugetierarten und 40 Vogelarten beteiligt – das heißt an 26 Prozent aller bekannten derzeitigen Ausrottungen in diesen Tiergruppen“, so Trouwborst und Somsen. „Derzeit stellen Hauskatzen weltweit eine Gefahr für mindestens 367 bedrohte Arten dar.“
Aussagekraft der Zahlen ist umstritten
Die genauen Zahlen sind in der Fachwelt zwar umstritten, unbestreitbar ist jedoch tatsächlich, dass Hauskatzen und verwilderte Hauskatzen Vögel, Echsen, Nager und anderes Getier in relevanter Größenordnung töten. Eine Studie aus den USA kam 2013 zu dem Ergebnis, dass dort jedes Jahr zwischen 1,4 und 3,7 Milliarden Vögel und zwischen 6,9 und 20,7 Milliarden kleine Säugetiere von Katzen erlegt werden. Experten verweisen allerdings darauf, dass sich aus solchen Zahlen keine wissenschaftlich belastbaren Aussagen über die Gefährdung von Arten treffen lassen, berichtet das Magazin Geo.
Die beiden Juristen kommen jedenfalls zu dem Schluss, insbesondere streunende und verwilderte Katzen aus der Landschaft zu entfernen. Hier dürfte wohl auch das größte Problem liegen, denn sie müssen jagen, um an Nahrung zu kommen. Doch die Juraprofessoren gehen noch einen Schritt weiter. Laut ihrem Gutachten dürften auch Hauskatzen nicht mehr nach draußen – es sei denn angeleint oder in Gehegen. Rechtliche Handhabe für ein solches Verbot bieten laut Trouwborst und Somsen Richtlinien der Europäischen Union. Sie sind sich auch sicher, dass eine Klage auf Einhaltung der europäischen Regeln „gute Erfolgschancen“ hätte.
Gegenüber dem Spiegel kommentierte ein EU-Sprecher indes, dass niemand das Recht auf Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union beschränken wolle – das gelte auch für Katzen.
Kritiker sehen keine Grundlage
Kritiker der Arbeit der beiden Juristen aus den Niederlanden finden, dass sie das Artenschutzrecht sehr streng auslegen. So bewertet auch der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) die Schlussfolgerungen der Juristen aus den Niederlanden skeptisch. “Das Katzenproblem muss man ernst nehmen”, sagt Nabu-Vogelexperte Lars Lachmann gegenüber dem Bayrischen Rundfunk. Ein Ausgehverbot könne bei der Gefährdung lokaler Populationen mancherorts durchaus sinnvoll sein. Flächendeckend sei eine solche Maßnahme rechtlich aber nicht begründbar.
Für Lachmann gibt es keine Grundlage für ein generelles Ausgehverbot von Katzen, nur weil die Stubentiger einzelne Individuen geschützter Tierarten töten. Dann müsse man auch gegen alle Fensterscheiben in Gebäuden vorgehen – dadurch kommen laut Nabu in Deutschland jährlich rund 100 Millionen Vögel ums Leben.
Das Artensterben könne man daher nicht den Katzen in die Schuhe schieben: “Die größte Bedrohung für die Artenvielfalt ist und bleibt die fortschreitende Verschlechterung von Lebensräumen durch den Menschen.”
Das können Katzenhalter tun, um Vogelbestände zu schützen
Lachmann sagt aber auch: “Vogelbestände im Siedlungsbereich, und vielleicht auch in unmittelbar angrenzenden Teilen der Agrarlandschaft, sind in vielen Fällen sicherlich niedriger als sie ohne Katzen wären. In extremen Fällen bei sehr hoher Katzendichte kann es sogar den Anschein haben, als gäbe es fast keine Vögel mehr in den Gärten.”
Der Vogelschützer rät Katzenhaltern daher: “Wenn man konsequent dafür sorgen würde, dass sich die Katze von Mitte Mai bis Mitte Juli in den Morgenstunden nicht im Freien aufhält, wäre den Vögeln schon sehr geholfen, denn dann sind die meisten gerade flüggen Jungvögel unterwegs. Wer viel mit den Katzen spielt, reduziert auch deren Jagdambitionen. Gefährdete Bäume mit Vogelnestern können durch katzenabweisende Manschettenringe gesichert werden. Viele in Deutschland heimische Straucharten, wie Weißdorn und Wildrosen, sind mit Dornen und Stacheln bewehrt und schützen die Vogelbrut vieler Freibrüter dadurch auf natürliche Weise.”