Landesversammlung des Südtiroler Handwerks

“Kapital kann man beschaffen, Mitarbeiter muss man gewinnen”

Samstag, 14. April 2018 | 16:01 Uhr

 

Bozen – Fachkräfte anziehen, junge Menschen begeistern und die gesellschaftliche Wertschätzung für das Handwerk erhöhen. Diese drei großen Herausforderungen waren die zentralen Themenschwerpunkte der heutigen Landesversammlung des Südtiroler Handwerks.

Nachdem eine schwierige wirtschaftliche Zeit überwunden ist, steht das Südtiroler Handwerk vor einer neuen Herausforderung, dem sogenannten Fachkräftemangel. Zahlreiche Betriebe haben volle Auftragsbücher, können oft aber keine weiteren Aufträge annehmen. Der Grund: ein Ungleichgewicht zwischen der qualifikationsspezifischen Arbeitsnachfrage und dem zur Verfügung stehenden Arbeitsangebot. Dies könnte das Wachstum im Handwerk mittel- und langfristig einbremsen. Umso wichtiger und notwendiger sei es jetzt, junge Menschen für das Handwerk zu begeistern. Wie Betriebe erfolgreich neue (und junge) Mitarbeiter anwerben können, erläuterte der ehemalige Dachdeckermeister und Experte für Mitarbeitergewinnung, Jörg Mosler im Rahmen der Landesversammlung des Südtiroler Handwerks: „Fünf Faktoren sind für eine Arbeitsstelle ausschlaggebend: Geld, Sicherheit, Spaß, Sichtbarkeit und Anerkennung. Das Handwerk punktet nicht nur mit guten Verdienst- und Entwicklungsmöglichkeiten, sondern auch was die Sichtbarkeit und Anerkennung im Beruf angeht. Kein Sektor macht so konkret sichtbar, was man an einem Tag geleistet hat wie das Handwerk. Kein Bereich bringt mehr Anerkennung und Genugtuung für individuelle Produkte und Servicedienstleistungen mit sich wie das Handwerk. Und hier unterscheiden wir uns ganz klar von Erzeugnissen von der Stange.“ Einen exklusiven Vorteil hätten die Handwerker aufgrund ihrer Nähe zu den Menschen, sowohl zu Mitarbeitern als auch zu Kunden. „Wird dieser Vorteil geschickt mit digitalen Kommunikationsstrategien verknüpft, entsteht eine wertvolle Ressource für das Handwerk der Zukunft: Aufmerksamkeit“, betonte Mosler.

Gemeinsam sensibilisieren

Ein Instrument, das die Wertschätzung und Leistung des Südtiroler Handwerks hervorhebt und mit dem junge Menschen auf vielversprechende Zukunftsperspektiven aufmerksam gemacht werden, ist die Imagekampagne „Generation H – Lust auf Südtiroler Handwerk“. Vor genau einem Jahr hat lvh-Präsident Gert Lanz sie als neue Imageoffensive vorgestellt. Weitere vier Jahre sollen verschiedene Themenschwerpunkte in den Mittelpunkt gerückt werden. Dieses Jahr sind es die Jugendlichen, die Eltern und die Ausbildung im Handwerk. „Über 53 Prozent aller Südtiroler Lehrlinge werden im Handwerk ausgebildet. Was eine Berufsausbildung so wertvoll macht, ist seine 360-Grad-Ausbildung, die Lehrlinge bestens auf den realen Arbeits- und Wirtschaftsalltag vorbereitet. Nutzen wir die Kampagne, um unsere attraktive Berufsausbildung und unsere Arbeitsmöglichkeiten stärker und sichtbarer zu vermarkten“, unterstrich der Präsident im Wirtschaftsverband Handwerk und Dienstleister (lvh) Gert Lanz. Sich stärker auf die Qualifikationen im Handwerk zu besinnen und vor allem diese zu kommunizieren untermauerte auch der nationale Präsident des Handwerkerverbandes Confartigianato, Giorgio Merletti.

Gemeinsam an einem Strang ziehen

„Ich bin stolz, dass wir in Südtirol so viele unterschiedliche Realitäten im Handwerk haben. Als solche benötigen sie aber auch entsprechende Spielräume, in denen sich die Betriebe bewegen und in denen sie wachsen können“, betonte Lanz. Um die Leistung des Handwerks stärker in den Vordergrund zu rücken, will der lvh noch stärker auf Zusammenarbeit setzen: mit den Handwerkern selbst, mit den einzelnen Wirtschaftssektoren und mit der Politik. Die Bereitschaft für eine noch engere Zusammenarbeit sicherte auch Landeshauptmann Arno Kompatscher zu: „Wir werden alle zukünftigen Herausforderungen gemeinsam angehen und versuchen, dem lokalen Handwerk seine notwendigen Spielräume zu verschaffen.“ Erste Schritte in diese Richtung wurden bereits in die Wege geleitet. So verkündete Kompatscher im Rahmen der Versammlung, dass es zu keiner Zusammenlegung der Ämter Handwerk und Industrie kommen werde. Im neuen Landesgesetz für Raum und Landschaft werden die Dienstwohnungen mit 160m² beibehalten. Besonders erfreulich nahmen die Handwerker die Botschaft hinsichtlich Lehrlingsausbildung entgegen: Noch in diesem Jahr soll die Lehrlingsprämie für Betriebe eingeführt werden.

Ehrenamt: Der Mörtel der Gesellschaft

Einen Höhepunkt der Landesversammlung stellte die Ehrung von insgesamt 22 lvh-Funktionären dar, die sich seit 15 Jahren um das Wohl des Südtiroler Handwerks besonders verdient gemacht haben. „Ihr seid das Rückgrat des Verbandes und der Wirtschaft. Ohne euch gäbe es keine starke Interessensvertretung auf Landes-, Bezirks-, Orts- und Berufsebene. Hierfür möchten wir euch großen Dank und Respekt aussprechen“, betonte lvh-Direktor Thomas Pardeller. Im Wirtschaftsverband Handwerk und Dienstleister gibt es insgesamt 1138 Funktionäre.

Als Zeichen der Anerkennung wurden den Funktionäre Urkunden und Goldene Ehrennadeln verliehen. Zu den Geehrten auf Ortsebene zählen Hansjörg Kerschbaumer (Ortsobmann von Terlan), Horst Pichler (Ortsobmann von Deutschnofen), Gerhard Resch (Ortsobmann von Karneid), Walter Vaja (Ortsobmann von Mühlbach), Karl Heel (Ortsobmann von St. Martin in Passeier), Christian Reiner (Ortsobmann von Gargazon), Werner Schwienbacher (Ortsobmann von Lana), Othmar Rienzner (Ortsobmann von Gsies), Herbert Christoforetti (Ortsobmann von Kurtatsch), Nikolaus Deporta (Ortsobmann von Franzensfeste) und Georg Keim (Ortsobmann von Freienfeld). Für die Berufe ausgezeichnet wurde Arnold Fischnaller (Obmann der Baumeister und Maurer), Paul Fischnaller (Obmann der Bodenleger), Reinhard Ambach (Obmann der Installateure für Heizungs- und sanitäre Anlagen), Franco Mich (Obmann der Elektromechaniker), Ivan Bozzi (Obmann der Restauratoren), Norbert Insam (Obmann der Berufsgruppe Kunsthandwerk), Horst Fritz (Obmann der Drucker und Mediengestalter), Dietmar Mock, Obmann der Kfz-Mechatroniker), Bernold Weithofer (Obmann der Maschinenbaumechaniker und Werkzeugmacher), Kurt Leggeri (Obmann der Berufsgruppe Nahrungsmittel), Robert Egger (Obmann der Tapezierer/Raumausstatter), Martin Hilpold (Obmann der Schuhmacher) und Martin Silbernagl (Obmann der Textilreiniger).

Von: luk

Bezirk: Bozen