Von: luk
Bozen – Das neue Raumordnungsgesetz sorgt für Unmut unter Südtirols Handwerksunternehmern. Zukünftig sollen Dienstwohnungen nicht mehr für Wohnzwecke, sondern nur noch als Überwachungsfunktion für den Betrieb genutzt werden können.
Während im bestehenden Raumordnungsgesetz Dienstwohnungen für die ausschließliche Nutzung durch Unternehmensinhaber, Mitarbeiter und deren Familienangehörige errichtet werden dürfen, soll diese Möglichkeit nun stark eingeschränkt werden. Der neue Gesetzestext sieht vor, dass Dienstwohnungen nur zur Überwachungsfunktion des Betriebes errichtet werden dürfen. Dem Wirtschaftsverband für Handwerk und Dienstleister stößt diese Neuheit sauer auf. „Im Südtiroler Wirtschaftsgebilde, das hauptsächlich aus Kleinst- und Kleinbetrieben besteht, ist die Figur des Unternehmers mit seinem Betrieb eng verzahnt“, erklärt lvh-Präsident Gert Lanz, „häufig handelt es sich um Familienunternehmen, die sich die Investition in eine Gewerbeimmobilie und eine separate Wohnung finanziell nicht leisten können. Eine örtliche Trennung macht auch aus arbeitstechnischen Gründen keinen Sinn, wenn man bedenkt, dass gerade in ländlichen Gebieten die Mitarbeit für Frauen im Betrieb die einzige Möglichkeit ist, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, da aushäusige Tätigkeiten nicht mit der Kinderbetreuung und Haushaltsführung vereinbar wären.“ Im selben Gebäude zu arbeiten und zu wohnen erzeuge zahlreiche Synergien und effiziente Wirtschaftsabläufe.
Besonders kritisiert wird die Zustimmung zur Abschaffung der Dienstwohnungen von Seiten des Unternehmerverbandes und des italienischen Handwerkerverbandes CNA-SHV, zumal diese vorwiegend in Südtirols Zentren und nicht in der Peripherie präsent sind. „Ich verstehe nicht, warum jetzt ein Modell hinterfragt wird, das seit 40 Jahren bestens funktioniert. Man kann nicht aufgrund einiger schwarzer Schafe das gesamte Südtiroler Unternehmertum bestrafen“, betont Präsident Lanz.
Rückgang von Neugründungen als Folge
Oft wird Kritik hinsichtlich dem Wohnen in Gewerbegebieten geäußert, da es anscheinend zu Konflikten zwischen Anrainern und Betrieben komme. Auch hierzu kontert Lanz: „Ich möchte schon betonen, dass die Anrainer keine betriebsfremden Personen sind, sondern die Betriebsinhaber und deren Familien selbst, denen der tägliche Ablauf im Betrieb mitsamt seinem geschäftigen Treiben und etwaigem Zulieferverkehr sehr wohl vertraut ist. Diesen Menschen das Wohnen vor Ort zu verbieten wäre ebenso widersprüchlich und unsinnig, wie einen Hotelier zu zwingen, sich eine andere Bleibe zu suchen, weil seine Familie sich vielleicht von Lärm und Hektik im Hotel gestört fühlt.“
Sollte die neue Raumordnungsregelung die Abschaffung der Dienstwohnungen vorsehen, befürchtet man im lvh einen deutlichen Rückgang von Neugründungen. „Für viele Junghandwerker wird die Gründung eines Betriebes finanziell erst möglich, wenn eine gleichzeitige Wohnmöglichkeit gegeben ist. Gerade Start-Ups benötigen die Möglichkeit der Kombination aus Wohnen und Arbeiten“, unterstreicht Junghandwerkerchefin Jasmin Fischnaller.
Die klare Forderung des lvh: Das Errichten von Dienstwohnungen, wie in der aktuellen Regelung vorgesehen, weiterhin beizubehalten und das Wohnen in den neu zu gründenden Gewerbegebieten, in welchen sich Handwerksbetriebe ansiedeln sollen, zu ermöglichen. „Wir würden damit kein sinnvolles Raumordnungsgesetz schaffen, sondern den Handwerkern Raum für Arbeit und Familie nehmen“, so Lanz.