Von: luk
Bozen – Im Labor Bioenergy & Biofuels im NOI Techpark hat ein Forschungsteam der unibz eine Methode entwickelt, wie nicht mehr verwertbares Verpackungsmaterial aus Holz aufgewertet und in eine mögliche Einnahmequelle für Unternehmen verwandelt werden kann. Gleichzeitig können so CO2-Emissionen reduziert und die Abhängigkeit von Erdgas verringert werden. Der Weg dorthin? Aus den Holzabfällen wird über einen Vergasungsprozess einerseits Gas zum Heizen für Unternehmen und Haushalte und anderseits Biokohle gewonnen, ein Material, das derzeit als Industrieabfall entsorgt wird und Kosten für Unternehmen verursacht.
Im Labor Bioenergy & Biofuels der Freien Universität Bozen am NOI Techpark wird an Verfahren zur Erzeugung von Energie und Biokraftstoffen aus Biomasse geforscht. Zum Einsatz kommen dabei traditionelle Techniken wie die Verbrennung, aber auch alternative Prozesse wie Pyrolyse oder Vergasung. Das Forschungsteam des Labors unter Leitung von Prof. Marco Baratieri ist – mit Unterstützung von Prof. Francesco Patuzzi und der Forscherin Vittoria Benedetti – Partner eines großen Forschungs- und Innovationskonsortiums zur Kreislaufwirtschaft, das Teil des Projekts FRONTSH1P (Video zum Projekt, in italienischer Sprache) ist; ein von der Europäischen Union im Rahmen des Forschungs- und Innovationsprogramms Horizon 2020 gefördertes Projekt, an dem 34 Institutionen aus allen Teilen Europas beteiligt sind. Die Freie Universität Bozen bringt ihr Know-how im Bereich der Aufwertung von Biomasseabfällen ein, allen voran von Holzabfällen wie Paletten, Industrie- und Lebensmittelverpackungen oder Rollen.
Erneuerbares Gas und Pflanzenkohle aus Abfällen
Im Vergaser, der im Projekt FRONTSH1P verwendet wird und der von der deutschen Partnerfirma Burkhardt adaptiert wurde, werden Holzabfälle aus unterschiedlichen Verpackungsarten verbrannt. Bei diesem Prozess entsteht ein Synthesegas, das als Alternative zu Erdgas für Industrieanalagen verwendet werden kann. Eine solche Energiegewinnung ohne Mehrkosten stellt eine große Chance dar, erst recht in der aktuellen Situation, in der die Abhängigkeit der europäischen Wirtschaft von der geopolitischen Lage deutlich wird.
Doch die Vergasung dieser Holzabfälle bringt nicht nur Wärmeenergie für Haushalte und Unternehmen. Ein weiteres Beiprodukt ist die Biokohle, ein stabiles, kohlenstoffhaltiges Material, das Holzkohle ähnelt und im Umfang von rund zehn Prozent des Ausgangsmaterials beim Vergasungsprozess übrigbleibt. Bisher wird es als Industrieabfall behandelt, der gemäß den geltenden Normen entsorgt werden muss. „In unserem Labor experimentieren wir mit der Möglichkeit, die Biokohle dafür zu nutzen, die Betriebskosten der Vergasungsanlagen zu senken und damit zusätzlich die festen Abfälle, die Rückstände am Ende des Prozesses sind, zu entsorgen”, erklärt Prof. Baratieri. „Ziel ist es, den ökologischen Fußabdruck der Anlage zu verkleinern und ihre Rentabilität im Sinne der Kreislaufwirtschaft zu steigern.“
Aufgrund ihrer besonderen Eigenschaften kann die Biokohle in vielen Bereichen der Industrie, aber auch in der Landwirtschaft eingesetzt werden. Auf diese beiden Anwendungsfelder konzentriert man sich in den Labors der unibz. „Während der experimentellen Phasen des Projekts werden wir die Biokohle sowohl als Pigment wie auch als Alternative zu Kohlenstofffasern, Ruß, Graphen und andere teure und ökologisch bedenkliche Materialien für die industrielle Kunststoffproduktion testen“, so Baratieri. Im landwirtschaftlichen Bereich wird wiederum mit der Verwendung von Biokohle als Zusatzstoff in Kompostierungsprozessen experimentiert. „Ihre Zugabe scheint den Düngeprozess zu beschleunigen und reduziert die Geruchsbelästigung“, sagt der Professor. Zusätzlich würden Treibhausgasemissionen und Ammoniakverluste verringert sowie die Rentabilität der Vergasungsanlage erhöht.
Herausforderungen und künftige Entwicklungen
Die große Herausforderung des Projekts ist die Schaffung einer neuen Wertschöpfungskette. „Die Aussichten sind sehr vielversprechend, doch derzeit bestehen noch einige Zweifel bezüglich der technischen Machbarkeit, vor allem in Hinsicht auf das Ausgangsmaterial”, räumt Baratieri ein. Denn um in der Anlage vergast zu werden, müssten die Holzabfälle zuerst zu Pellets verarbeitet werden. „Zudem besteht die Gefahr, dass die Holzabfälle durch Chemikalien oder Gegenstände wie Nägel verunreinigt sind und unsere Anlage beschädigen.“ Trotz dieser Herausforderungen berge das Projekt reale Chancen, neue Verdienstmöglichkeiten und Möglichkeiten der Kostenreduzierung für Betriebe zu eröffnen, bei denen große Mengen an Holzabfällen anfallen.