IRAP für die Betriebe auf 3,9 Prozent erhöht

Landeshaushalt: Unternehmer kritisieren geplante Steuererhöhungen

Mittwoch, 27. Oktober 2021 | 15:21 Uhr

Bozen – Das Präsidium des Unternehmerverbandes Südtirol hat heute in einer Dringlichkeitssitzung die von der Landesregierung geplante Erhöhung des IRAP-Steuersatzes bewertet.

Südtirols Wirtschaftsleitung ist im Jahr 2020 um rund zehn Prozent gesunken. Mehr als 20 Prozent der heimischen Unternehmen weisen eine negative Bilanz auf, weitere 20 Prozent zeigen keine Gewinne auf. Die heimischen Unternehmen haben aber Verantwortung gezeigt, ihre Reserven angegriffen und zusätzliche Kredite aufgenommen, um auch während der Pandemie die Arbeitsplätze zu garantieren. „Wir befinden uns in einem Ausnahmezustand und müssen daher solidarisch sein. Dass durch die Erhöhung des IRAP-Steuersatzes aber die Personalkosten sowie die Passivzinsen auf die in der Krise aufgenommenen Kredite noch höher besteuert werden, ist nicht nachvollziehbar“, stellt Präsident Heiner Oberrauch fest.

Gemeinsam mit den Gewerkschaftsorganisationen ASGB, CGIL-AGB, SGBCISL und UIL-SGK hat der Unternehmerverband vielmehr den Abzug der Passivzinsen von der IRAP-Steuergrundlage gefordert, da zahlreiche Unternehmen wegen der Krise zusätzliche Kredite aufnehmen mussten.

„Steuererleichterungen sind die schnellste und effizienteste Unterstützung für Familien und Unternehmen: Aus diesem Grund haben wir seinerzeit im Gegenzug für die IRAP-Reduzierung auf sämtliche Kapitalbeiträge verzichtet. Zu diesem Grundsatz stehen wir immer noch. Dies gilt übrigens auch für den Landeshaushalt: Wettbewerbsfähige Unternehmen sichern langfristig höhere Steuereinnahmen“, unterstreicht der Präsident des Unternehmerverbandes.

Nicht die zusätzliche Steuerlast, sondern Effizienzsteigerungen seien das Gebot der Stunde. Eine Effizienzsteigerung bei den öffentlichen Ausgaben und die Vermeidung von Doppelgleisigkeiten seien angesichts der geplanten Steuererhöhungen umso dringender: „Auch für die öffentliche Verwaltung gilt: so weitermachen wie bisher können wir nicht. Es braucht genauso wie in anderen Bereichen auch hier ein neues Denken: alle Posten müssen auf den Prüfstand, einen weiteren Anstieg der laufenden Kosten können wir uns ganz einfach nicht mehr leisten.“

hds: „Neuen Belastungen sind jetzt falsches Signal“

Ab 2022 wird der Hebesatz der Wertschöpfungssteuer IRAP für die Betriebe von 2,68 auf 3,9 Prozent erhöht. Das hat die Landesregierung gestern beschlossen. Das Land holt sich damit 60 Millionen Euro an Steuern aus den Betrieben. Kritik und Unverständnis kommt vom hds – Handels- und Dienstleistungsverband Südtirol.

„Dass der Haushalt pandemiebedingt neu aufgestellt werden muss, ist verständlich. Aber, dass immer die Wirtschaft automatisch zum Handkuss kommt und für diese Steuererhöhungen und neue Belastungen eingeführt werden, ist nicht nachvollziehbar“, unterstreicht hds-Präsident Philipp Moser.

Das Land habe der Wirtschaft in den vergangenen Monaten große Unterstützungen gewährt. Daher konnte man die Arbeitsplätze zum großen Teil erhalten. Man dürfe aber gerade jetzt, in dieser kritischen Phase, den Aufschwung nicht wieder zunichtemachen. Es muss alles dafür getan werden, damit in dieser Zeit, die Wirtschaft bei der Planung für die Zukunft nicht vergessen wird. Die ersten Anzeichen eines wirtschaftlichen Aufschwungs dürften nicht gefährdet, sondern müssten abgesichert und gefördert werden. Denn: In wirtschaftlicher Hinsicht ist die Corona-Pandemie noch lange nicht vorbei, so Moser.

Zudem befinden wir uns in Südtirol in einer sicher noch länger andauernden Phase, in der Arbeitskräftemangel herrscht und viele Fachkräfte dringend gesucht werden. Jetzt braucht es daher eine Ankurbelung des Arbeitsmarktes und weniger Belastung auf den Faktor Arbeit und nicht zusätzliche Steuern auf die Beschäftigung.

Der hds-Präsident wiederholt daher seinen Appell, den er bereits Anfang Oktober an die Landesregierung gerichtet hatte: „Es ist momentan der falsche Moment für Steuererhöhungen. Die Politik sollte einen Stopp für neue Belastungen bis Ende 2023 einführen!“

lvh: Falscher Zeitpunkt für Steuererhöhungen

Viele Südtiroler Handwerksbetriebe reagieren mit Unmut und Unverständnis auf die von der Landesregierung angekündigten Steuererhöhungen.

Das Südtiroler Handwerk habe gerade in der Corona-Zeit seine Stärke gezeigt – zum einen, weil es die Beschäftigtenanzahl nahezu aufrechterhalten konnte und zum anderen, weil es wichtige Versorgungs- und Dienstleistungsketten garantiert hat. „Diese Unternehmen nun mit zunehmenden Steuern auf die Personalkosten und die Passivzinsen zu belasten, sehen wir problematisch. Die Politik sendet damit ein völlig falsches Signal“, kommentiert lvh-Chef Martin Haller die Entscheidung der Landesregierung.

Die positive Konjunkturentwicklung könne nicht als Grundlage für Steuererhöhungen verwendet werden. „Jeder einzelne Betrieb hat hart für die Wiederaufnahme und die Rückkehr zu den wirtschaftlichen Tätigkeiten gekämpft. Die Wirtschaftstreibenden sollten für ihre Leistung nicht bestraft, sondern eher entlastet werden“, betont Haller.

Von: mk

Bezirk: Bozen