"Ein neuer Baustein"

Landtag verabschiedet Handelsordnung

Freitag, 08. November 2019 | 12:52 Uhr

Bozen – Der Südtiroler Landtag hat heute die Handelsordnung mit 19 Ja bei zwölf Enthaltungen verabschiedet.

Der Landtag hat heute die Debatte zum Landesgesetzentwurf Nr. 32/19: Handelsordnung (LR Achammer) bei Art. 17 (von 76) wieder aufgenommen.
Im Folgenden die Artikel, zu denen es eine Debatte gab (die anderen wurden ohne Debatte genehmigt):

Art. 17 betrifft die Nachhaltigkeit und sieht eine Zusatzabgabe für die Einkaufszentren vor.
Paul Köllensperger wollte präzisiert wissen, dass die Abgabe der Gemeinde zusteht. Diego Nicolini wollte dabei auch die Umweltauswirkungen berücksichtigen. LR Philipp Achammer sah die Änderungen als Verdopplung und damit als nicht nötig.
Die Anträge wurden abgelehnt.
Der Artikel wurde mit 22 Ja und drei Enthaltungen genehmigt.

Art. 18 betrifft den Zeitungsverkauf.
Auf Nachfrage von Sven Knoll erklärte LR Achammer, dass der Verkauf auch in Lebensmittelgeschäften auch weiterhin möglich sein müsste.

Auf Nachfrage von Sven Knoll zu Art. 23 erklärte LR Achammer, dass das Ausstellungsverbot für Wertgegenstände Gegenstände von besonders hohem Wert betreffe, bei denen auch ein Sicherheitsaspekt zu berücksichtigen sei.

Art. 28 verbietet die Bedienung bei Verkauf von Lebensmitteln auf öffentlichem Grund.
Sven Knoll wies darauf hin, dass bei Jahrmärkten auch Vereine Lebensmittel ausgäben, auch mit Bedienung. Die Bestimmung betreffe nicht die Vereine, sondern Betreiber mit Handelslizenz, erklärte LR Achammer. Knoll forderte eine getrennte Abstimmung zum genannten Passus, der aber vom Plenum bestätigt wurde.

Art. 29 betrifft reservierte Standplätze auf Märkten und Jahrmärkten und wurde mit zwei Präzisierungen von LR Achammer genehmigt.

Art. 35 betrifft die Ausgabeautomaten.
Diego Nicolini forderte das Verbot von Plastikprodukten in Automaten. Noch gebe es keine Alternative dazu, antwortete LR Achammer.
Der Artikel wurde mit 17 Ja und zwölf Enthaltungen genehmigt.

Art. 36 betrifft Versandhandel und Verkauf über Fernsehen.
Sandro Repetto und Sven Knoll wollten wissen, wie das Verbot von Versteigerungen gemeint sei, da z.B. eBay mit Versteigerungen funktioniere. Das Verbot sei von der staatlichen Bestimmung abgeschrieben, antwortete LR Achammer, das Kriterium sei, ob es eine fixe Preisangabe gebe.
Trotz getrennter Abstimmung wurde der Artikel unverändert genehmigt.

Art. 40 betrifft den elektronischen Handel.
Paul Köllensperger bezweifelte die Notwendigkeit einer Meldung des Tätigkeitsbeginns in diesem Zusammenhang. Auch Sven Knoll sah hier eine Überreglementierung, die im digitalen Bereich überdies nicht greife. LR Achammer antwortete, dass die Voraussetzung zur Handelstätigkeit personenbezogen ist. Auch Onlinehandel werde von irgendwo aus betrieben.
Der Artikel wurde mit 16 Ja, drei Nein und zehn Enthaltungen genehmigt.

Art. 41 betrifft die Ausschilderung der Preise.
Auf Nachfrage von Sven Knoll erklärte LR Achammer, dass auch ein kleines Schild neben dem Produkt möglich sei, wenn es nicht anders gehe, etwa bei Edelsteinen, Pelzwaren u.a.

Art. 46 betrifft die Schlussverkäufe.
Paul Köllensperger bedauerte, dass keine Einschränkung zu Werbeverkäufen über das ganze Jahr gebe. Gert Lanz meinte, dass das auch in anderen Ländern so sei. Auch LR Achammer bedauerte, dass das Land hier keine Handhabe habe, Italien habe hier eine sehr liberale Gesetzgebung.

Art. 49 betrifft die Straßentankstellen.
Hanspeter Staffler wollte bei der Genehmigung auch die Brandverhütung berücksichtigt wissen. Der Brandschutz werde bereits mit einem anderen Gesetz geregelt und sei natürlich Voraussetzung, antwortete LR Philipp Achammer.
Der Artikel wurde unverändert mit 18 Ja und 13 Enthaltungen genehmigt.

Art. 51 betrifft die betriebsinternen Tankstellen.
Hanspeter Staffler forderte auch hier die Berücksichtigung des Brandschutzes. Gert Lanz forderte, dass vor Erlassung der Durchführungsverordnung die repräsentativsten Arbeitgeberverbände angehört werden. LR Achammer sprach sich gegen den ersten und für den zweiten Antrag aus.
Stafflers Antrag wurde abgelehnt, jener von Lanz genehmigt.
Der Artikel wurde mit 17 Ja und zehn Enthaltungen genehmigt.

Art. 55 betrifft die Öffnungszeiten.
Der Artikel sei einer der größten Wermutstropfen des Gesetzes, meinte Paul Köllensperger und Schlug Leitlinien durch das Land und eine Koordinierungsfunktion der Gemeinden vor, um den Wildwuchs einzudämmen. Hanspeter Staffler schlug vor, die Schließungszeiten mittels Abkommen zwischen Land, Handelsverbänden, Verbraucherschutz und Gewerkschaften zu regeln. LR Achammer schlug eine Mindestöffnungszeit für die Tankstellen vor. Sven Knoll plädierte für den Antrag Stafflers, mit Einschränkung auch für jenen Köllenspergers. Leider sei es derzeit so, dass die Handelstreibenden frei entscheiden könnten, antwortete LR Achammer, der gerne beide vorgeschlagenen Einschränkungen angenommen hätte, was aber leider nicht möglich sei. An eine Selbstverpflichtung, wie sie Staffler vorschlage, sei rechtlich niemand gebunden. Das Land habe keine Zuständigkeit dazu, man strebe aber eine entsprechende Durchführungsbestimmung zum Statut an.
Einzig der Änderungsantrag von LR Achammer wurde angenommen.
Sven Knoll meinte, man sollte mit diesem Gesetz wenigstens signalisieren, was man eigentlich wolle. Daher sollte man die Textstellen streichen, wonach die Handelstreibenden die Zeiten selbst frei festlegen könnten. LR Achammer antwortete, dass man bereits in Art. 2 ein solches Signal gesetzt habe.
Der Artikel wurde ohne die von Knoll vorgeschlagenen Änderungen genehmigt.

Art. 63 betrifft den Tankstellenbetrieb.
Hanspeter Staffler forderte hier auch einen Verweis auf die strafrechtlichen Bestimmungen. Diese seien staatlich geregelt, antwortete LR Achammer.

Art. 64 betrifft Zonen für den Verkauf von Zeitungen.
Sandro Repetto hielt die Bestimmung nicht mehr für zeitgemäß und verwies auch auf das Gutachten des Rates der Gemeinden. Man kenne den Einwand der Gemeinden und habe daher eine Kann-Bestimmung vorgesehen, antwortete LR Achammer.

Art. 69 ist eine Sonderbestimmung für den Bozner Obstmarkt.
Josef Unterholzner sprach sich gegen eine eigene Bestimmung für den Obstmarkt aus; wenn, dann sollten alle historisch-touristischen Märkte geschützt werden. Sandro Repetto sprach sich hingegen dafür aus. LR Achammer wies darauf hin, dass es bereits eine Sonderregelung für den Bozner Obstmarkt gebe, andere ähnliche Märkte könnten laut Art. 30 von den Gemeinden geregelt werden.
Die Änderungsanträge Unterholzners wurden abgelehnt.
Sven Knoll begrüßte die Sonderregelung für den Bozner Obstmarkt. Aber man sollte sich ehestens Gedanken machen, wie man diesen Markt typisch erhalten wolle. Über die Jahrzehnte sei er zum ganz normalen Verkaufsmarkt geworden. Man könnte z.B. festlegen, dass ein bestimmter Anteil der Waren aus heimischer Produktion sein müsse. Man habe nichts gegen den Schutz des Bozner Obstmarkts, erklärte Paul Köllensperger, man wolle nur, dass auch andere ähnliche Märkte geschützt werden. LR Achammer verwies wieder auf Art. 30, mit dem die Gemeinden ihre Märkte schützen könnten.
Der Artikel wurde mit 27 und drei Enthaltungen genehmigt.

Erklärungen zur Stimmabgabe

Paul Köllensperger (Team K) teilte die Absicht, den Großhandel etwas einzuschränken. Das Gesetz enthalte aber einige Wermutstropfen. Positiv sei die gleichzeitige Abschaffung von zwei alten Gesetzen. Manches werde überreglementiert, während der Onlinehandel an diesen Regeln vorbeilaufe.

Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) meinte, für bestimmte Bereiche, wie etwa beim Obstmarkt, eine Reglementierung Sinn mache. Bei anderen seien die Regelungen von der Realität überholt worden. Man hätte gegenüber der italienischen Liberalisierungspolitik mehr den eigenen Standpunkt betonen sollen. Auf jeden Fall sollte man die Zuständigkeit für die Öffnungszeiten anstreben.

Es sei gelungen, einen organischen Text zu verfassen, lobte Hanspeter Staffler (Grüne). Der Spielraum des Landes bei den Öffnungszeiten sei leider gleich null. Den in anderen Bereichen vorhandenen Spielraum habe man mit diesem Gesetz aber ausgenutzt. Staffler kündigte Stimmenthaltung an.

Helmut Tauber (SVP) hoffte, dass ein starkes Europa endlich Regeln für den Onlinehandel erstelle, auch wenn der Markt oft schneller sei.

LR Philipp Achammer bedankte sich für die konstruktive Debatte. Einige Vorschläge würden in die Durchführungsverordnung einfließen. Man sei auf einer Gratwanderung zwischen Liberalisierungspflicht und Rechtssicherheit. Man habe versucht, die Autonomie so weit als möglich auszunutzen, daher sei es auch möglich, dass die Regierung einiges anfechten werde. Der Onlinehandel bräuchte mehr Regelung, aber das sei nur auf einer anderen Ebene möglich. Viele seien dankbar für die gewachsene Handelsstruktur in Südtirol, man sollte diese Dankbarkeit aber auch leben, mit einem Einkauf vor Ort.

Der Gesetzentwurf wurde mit 19 Ja und zwölf Enthaltungen genehmigt.

Damit wurde die Sitzung beendet. Der Landtag tritt am 26. November wieder zusammen.

 

hds: „Mehr Rechts- und Planungssicherheit für Unternehmer“

Der hds – Handels- und Dienstleistungsverband Südtirol begrüßt die vom Südtiroler Landtag verabschiedete neue Handelsordnung. „Ein neuer Baustein und eine weitere Bestätigung des Südtiroler Weg im Handel und mehr gesetzliche Klarheit“, zeigt sich hds-Präsident Philipp Moser in einer ersten Stellungnahme erfreut. Der hds hat bei der Ausarbeitung des neuen Landesgesetzes wesentlich mitgewirkt.

Unter anderem ist neu vorgesehen, dass Handelsermächtigungen für Neueröffnungen aller Größenordnungen in Wohngebieten und Nicht-Wohngebieten klar geregelt sind. So braucht es etwa für die Ausübung von Einzelhandel ab einer Verkaufsfläche von 800 Quadratmetern (in Gemeinden bis zu 10.000 Einwohnern) bzw. ab einer Verkaufsfläche von 1.500 Quadratmetern (in Gemeinden über 10.000 Einwohnern) eine Handelsgenehmigung. Eine einfache zertifizierte Meldung des Tätigkeitsbeginns (Zmt) genügt nicht mehr. „Das bedeutet in der Konsequenz auch mehr Rechts- und Planungssicherheit für die Unternehmer“, so Moser.

Nun gilt es die entsprechenden Durchführungsbestimmungen auszuarbeiten, um die neuen Handelsnormen so einfach wie möglich umsetzen zu können.

„Wir begrüßen neue Handelsansiedlungen in Südtirol ob klein, mittel oder groß, wenn diese in Ortskernen und Wohngebieten erfolgen und somit ein ausgewogenes Verhältnis zwischen kleinen und mittleren Fach- und familiengeführten Geschäften sowie Großverteilern garantiert wird“, betont Moser. „Dazu braucht es Rechtsicherheit mit klaren Normen und Gesetzen, die für alle Akteure aller Größenordnungen gleich gelten sollen und konsequent umgesetzt sowie kontrolliert werden“, so der Präsident abschließend.

 

Von: luk

Bezirk: Bozen