Gemeinde: "Sind auf Mithilfe der Bürger angewiesen"

Meldeamt in Bozen: Warteschlangen reichen bis auf die Straße

Donnerstag, 23. Juli 2020 | 10:21 Uhr

Bozen – Beim Meldeamt in der Bozner Vintlerstraße reichen die Warteschlangen in jüngster Zeit oftmals bis auf den engen Gehsteig vor dem Gebäude. Die Klagen der Bürger über lange Wartezeiten und offenbar auch Organisationschaos nehmen zu, berichtet heute die Tageszeitung Alto Adige. Gerade für berufstätige Menschen wird das zum Problem. Sie erhalten einen Termin, nehmen sich dafür frei, kommen dann aber erst viel später an die Reihe.

Gemeinde: „Bürger sollen mithelfen, die Bearbeitungszeiten zu verkürzen“

Auch im Bozner Rathaus ist man sich der Problematik bewusst und versucht gegenzusteuern. Die Bürger selbst sollen nun dabei helfen, die Bearbeitungszeiten zu verkürzen. Nach dem Lockdown sei das Meldeamt von Anfragen beinahe überrannt worde.

„Helf uns, dir zu helfen”. Dies ist das Motto einer neuen Sensibilisierungskampagne, mit der das Meldeamt die Bearbeitung der über E-Mail oder über die Online-Plattform eingehenden Anträge beschleunigen und vereinfachen will

Stadtrat Angelo Gennaccaro hat gestern anlässlich einer Pressekonferenz über die Situation des Meldeamtes während des cronabedingten Lockdowns und in den ersten Wochen des Neustarts berichtet und dabei auch eine neue Sensibilisierungskampagne vorgestellt. Mit dem Slogan “Helf uns, dir zu helfen” will das Meldeamt die Bürgerinnen und Bürger darauf aufmerksam machen, wie sie die Online-Dienste des Amtes gut und produktiv nutzen und selbst dazu beitragen können, die Bearbeitungszeiten zu verkürzen.

“Wir wollen mit dieser Aktion die Aufmerksamkeit der Bürgerinnen und Bürger auf ein wichtiges Anliegen des Meldeamtes lenken und den Menschen zeigen, wie sie nach dem Lockdown ihren Beitrag zum Gelingen des Neustarts leisten können,” so Stadtrat Gennaccaro.

“Die Initiative ‚Helf uns, dir zu helfen‘ ist entstanden, weil wir in diesen letzten sehr herausfordernden Wochen eine gewisse Unzufriedenheit festgestellt haben und immer noch feststellen, vor allem mit den meldeamtlichen Diensten. Das Meldeamt ist die Visitenkarte der Verwaltung. In keinem anderen Bereich gibt es mehr Publikumsverkehr. Und ich will hier wirklich eine Lanze für die Angestellten brechen, die ihre Arbeit von einen Tag auf den anderen vollkommen neu organisieren mussten und dabei keineswegs weniger beschäftigt waren als vorher.  Sie waren es auch, die darauf gedrängt haben, schnellstmöglich an ihren Arbeitsplatz zurückkehren zu dürfen, um die Anliegen besser bearbeiten zu können und wieder den persönlichen Kontakt zu den Bürgerinnen und Bürgern aufnehmen zu können”, so Gennaccaro.

Wie intensiv die letzten Wochen für das Meldeamt waren, könne man beispielhaft an zwei Daten ablesen: “Vor der Coronakrise besuchten täglich etwa 200 Personen das Meldeamt. Während der Coronakrise und in der ersten Phase des Neustarts waren es beinahe doppelt so viele, und dies trotz der strengen Ausgangsbeschränkungen in der akuten Phase der Coronakrise. Noch größer war der Anstieg bei den Anträgen, die über die Online-Plattform und über E-Mail gestellt wurden. Gingen im Mai und im Juni des letzten Jahres 1.237 Mails im E-Mail-Postfach des Meldeamtes ein, waren es in diesem Jahr im Vergleichszeitraum unglaubliche 6.198 Mails. Und der Unterschied zum letzten Jahr wird noch deutlicher, wenn man sich die Daten zu den gesendeten Mails ansieht. 2019 wurden in diesem Zeitraum 933 Mails an die Bürgerinnen und Bürger gesandt, in diesem Jahr waren es im gleichen Zeitraum 6.964.”

Anlass für die neue Sensibilisierungskampagne “Hilf uns, dir zu helfen” waren die vielen unvollständigen und unklaren Mails, die die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der demographischen Dienste regelmäßig erreichen. “Es wurden schon bis zu 25 Mails geschickt, nur um einen einfachen Wohnsitzwechsel oder eine meldeamtliche Bescheinigung zu beantragen”, betonte Gennaccaro. “Es versteht sich von selbst, dass es bei einer solchen Flut von Mitteilungen kaum möglich ist, den Überblick zu bewahren. Hinzu kommt, dass viele Mails unvollständig oder aufgrund fehlender Informationen oder Namensangaben gar nicht zuordenbar sind, was zu unnötigen Verzögerungen und längeren Bearbeitungszeiten führt. Was ich damit sagen will, ist: Das Meldeamt tut alles in seiner Macht stehende, um die Bürgerinnen und Bürgern einen guten Service zu bieten. Doch gerade in diesen herausfordernden Zeiten und unter diesen besonderen Umständen sind wir mehr denn je auf die Mithilfe die Bürgerinnen und Bürger angewiesen.”

Darauf wies auch die Direktorin des Meldeamtes Manuela Buonfrate hin: “Bei gut 35 Prozent der hunderten Anträge und Anfragen, die täglich eingehen, müssen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zusätzliche Daten oder weitere Erklärungen anfordern, was einen zusätzlichen Zeitaufwand bedeutet und die Bearbeitung teilweise unmöglich macht. Ein weiteres häufiges Problem besteht darin, dass die Bürgerinnen und Bürger zu den Terminen im Meldeamt unvollständige Unterlagen oder Fotos, die nicht verwendbar sind, mitbringen. Hinzu kommt, dass vereinbarte Termine oftmals nicht abgesagt werden, wenn sie nicht wahrgenommen werden können. Wir bitten die Bürgerinnen und Bürger außerdem, von Nachfragen abzusehen, es sei denn, es handelt sich wirklich um einen dringenden Fall, weil auch die die Bearbeitung der Nachfragen Zeit kostet, unabhängig davon, ob sie telefonisch oder per Mail eingehen. Das Meldeamt mit seinen 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern arbeitet derzeit wirklich an der Grenze des Machbaren.”

Wie Buonfrate berichtete, werde man in der nächsten Zeit weitere besonders stark nachgefragte Dienste online zugänglich machen, etwa die Beantragung standesamtlicher Bescheinigungen. “Dadurch werden sich die Bearbeitungszeiten weiter verkürzen. Zudem hat der Stadtrat bereits letzte Woche für eine weitere Vereinfachung gesorgt: Künftig müssen keine Bearbeitungsgebühren mehr entrichtet werden.”

Von: luk

Bezirk: Bozen