Vaterschaftsurlaub

Nach der Pandemie kommt die Elternzeit für Väter nicht in Schwung

Freitag, 17. März 2023 | 10:36 Uhr

Bozen – Anlässlich des Vatertages präsentieren das AFI | Arbeitsförderungsinstitut und der Landesbeirat für Chancengleichheit gemeinsam die neuesten Daten zur Elternzeit der Väter in der Region Trentino-Südtirol sowie die Zahlen zu den Empfängern des Landesfamiliengeldes +, eine Leistung, die vom Land Südtirol zur Unterstützung der aktiven Vaterrolle gewährt wird. Die Daten aus dem Zeitraum vor der Pandemie zeigen einen langsamen, aber stetigen Anstieg der Anzahl der Väter, welche einen freiwilligen Vaterschaftsurlaub beanspruchen. Die längere Schließung von Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen im Frühjahr 2020 und die stotternden Wiedereröffnungen ab Oktober letzten Jahres ließen einen Paradigmenwechsel in Bezug auf Elternzeit erahnen – was jedoch nicht der Fall war. Der Anstieg im Jahr 2020 scheint demnach ein Einzelfall zu bleiben, der mit den besonderen Bedingungen der damaligen Lage zusammenhängt.

Die Anerkennung der Möglichkeit für Väter, flexibler zu arbeiten und sich stärker in die Familie einzubringen, würde das Ziel der Gleichstellung der Geschlechter fördern – allerdings sind ein Mentalitätswandel und eine finanzielle Unterstützung der Einkommen erforderlich. “Bei einem erheblichen geschlechtsspezifischen Lohngefälle zu Ungunsten der Frauen ist es unvermeidlich, dass es der besserverdienende Partner bei niedrigen Löhnen und hoher Inflation vermeidet, eine Auszeit von der Arbeit zu beanspruchen, denn sein Beitrag kann entscheidend sein, um mit dem Einkommen über die Runden zu kommen – eine Situation, die uns allerdings nicht zufriedenstellen kann“, unterstreicht Monica Murari, ehemalige AFI-Vizepräsidentin.

In der Region Trentino-Südtirol sind über 4.700 Väter im verpflichtenden Vaterschaftsurlaub

Den Vatertag nimmt das AFI zum Anlass, um die Daten zur Elternzeit zu präsentieren. Im Jahr 2021 beanspruchten mehr als 4.700 in der Privatwirtschaft beschäftigte und in der Region Trentino-Südtirol ansässige Väter den verpflichteten Vaterschaftsurlaub. Im Vergleich zu den Vorjahren ist diese Anzahl stark angestiegen. Diese Maßnahme, die bereits versuchsweise im Zeitraum 2013-2015 eingeführt wurde, dient dazu, die aktive Elternschaft zu fördern und wurde im Jahr 2022 weiter ausgebaut. “Mit der Umsetzung der EU-Richtlinie Nr. 2019/1158 soll die Gleichstellung der Geschlechter erreicht werden, indem die Beteiligung der Frauen am Arbeitsmarkt und die gerechte Verteilung der familiären Betreuungsaufgaben gefördert werden”, erklärt Donatella Califano, Vizepräsidentin des Landesbeirates für Chancengleichheit.

Freiwilliger Vaterschaftsurlaub nimmt nach 2020 ab

Von 2009 bis 2020 nahm die Anzahl der Väter, die den Elternurlaub in der Region in Anspruch genommen haben, langsam aber stetig zu. Der Anteil der Väter, die einen freiwilligen Vaterschaftsurlaub beansprucht haben, stieg in diesem Zeitraum von 10,6 auf 28,0 Prozent der Anspruchsberechtigten – 2021 verzeichnet man allerdings einen Rückgang auf 24,4 Prozent. Diese Zahlen belegen, dass es bei der Aufteilung der familiären Belastungen keinen Paradigmenwechsel gegeben hat. Der Anteil der von Vätern beanspruchten Elternzeittage machte in der Zeit vor der Pandemie etwa zwölf Prozent aus und liegt, nach einem Höchststand von 15,2 Prozent im Jahr 2020, im Jahr 2021 mit 11,9 Prozent wieder auf dem alten Niveau. Darüber hinaus ist der Vaterschaftsurlaub nach wie vor von kürzerer Dauer als der Mutterschaftsurlaub und scheint nicht wesentlich zuzunehmen. Der durchschnittliche Mutterschaftsurlaub belief sich im Jahr 2021 auf 83 Tage, bei den Vätern waren es 35. „Die Dauer des freiwilligen Vaterschaftsurlaubes liegt also bei etwa 30 Tagen, was genau dem Höchstmaß für eine 100-prozentige Bezahlung gemäß einiger nationalen Kollektivverträge entspricht – das ist ein Zeichen dafür, dass die Beibehaltung der vollen Bezahlung für diese Art der Wahl entscheidend ist”, schlussfolgert AFI-Forscherin Maria Elena Iarossi.

Mehr aufgeteilte Familien- und Hausarbeit nur während der Pandemie: die Covid- Sonderurlaube

Bei den notfallspezifischen „Covid-Sonderurlauben“ spiegelt der Trend die freiwilligen Beurlaubungen wider, wobei keine größeren Unterschiede im Verhältnis zwischen Männern und Frauen zu verzeichnen sind. Der Anteil der Männer, die den Sonderurlaub erhalten haben, übersteigt nur im Jahr 2020 leicht die 30%-Marke und sinkt dann 2021 auf 20% ab. „Die Präsenz beider Elternrollen in der kindlichen Entwicklung ermöglicht es den Kindern, Sicherheit, Stabilität, Neugier, Konzentration, Risikobereitschaft und Bindungsfähigkeit zu stärken“, führt Psychologe Raffaele Virgadaula aus.

Die Rolle des Landesfamiliengeldes +

Wie die Sachverständigen bei der öffentlichen Anhörung im Europäischen Parlament im Februar 2018 betonten, muss “der Elternurlaub angemessen umverteilt werden, denn wenn dieser nicht bezahlt wird oder die Abgeltung viel niedriger ist als das Gehalt, können sich viele Menschen diesen einfach nicht leisten”. Das Landesfamiliengeld + ist eine von der Agentur für soziale und wirtschaftliche Entwicklung der Autonomen Provinz Bozen (ASWE) bereitgestellte Förderung und dient all jenen Vätern, die einen freiwilligen Vaterschaftsurlaub in Anspruch nehmen wollen. Im Jahr 2022 haben 89 Antragsteller das Landesfamiliengeld + erhalten. Die Altersgruppe der 30- bis 34-Jährigen ist dabei am stärksten vertreten. Der ausgezahlte Betrag liegt in den allermeisten Fällen zwischen 800 und 1.200 Euro.

Von: mk

Bezirk: Bozen