Von: mk
Bozen – Am heutigen Montag trafen sich auf Einladung des Südtiroler Bildungszentrums sowie der SAD-AG in der Universität Bozen Vertreter der Südtiroler Politik und Wirtschaft, des Verbandswesens und des öffentlichen und privaten Nahverkehrs. Präsentiert wurden Möglichkeiten und Vorteile von sog. PPP-Modellen (Public-Private Partnership).
Universitätsprofessor Simon Laimer eröffnete die Tagung und begrüßte anwesende Ehrengäste aus Politik und Wirtschaft. In den Grußbotschaften betonten Gert Lanz vom LVH, Josef Negri vom Unternehmerverband und Stefano Pagani von der SASA deren Aufgeschlossenheit und den Willen zur Zusammenarbeit im Rahmen von neuen öffentlich-privaten Partnerschaften in Südtirol. Diese Tagung könnte sensibilisieren und durch sachliche Information dazu beitragen, dass PPP’s in Südtirol vermehrt anzuwenden seien.
Europarechtsexperte Christoph Perathoner führte in seinem Referat aus, dass PPP’s immer größere Bedeutung zukommen würde. Sie würden heute als Alternative stark beansprucht, da wachsende Haushaltsdefizite sowie insgesamt eine eingeschränkte Handlungsfähigkeit der öffentlichen Institutionen neue Lösungen zur Finanzierung und Realisierung von Aufträgen und Projekten erforderlich machten. PPP wäre ein konkreter, juridisch solider Weg, um Bedürfnisse und Vorzüge regionaler Unternehmen im härter werdenden europäischen Wettbewerb zu stützen und ihnen einen Vorzug zu geben, so Rechtsanwalt Perathoner.
Universitätsprofessor Francesco Volpe aus Padua erklärte die zentralen Elemente eines Partnerschaftsvertrages. So widmete er in seinen Ausführungen großen Platz dem Risiko, das öffentliche, aber vor allem auch private Partner eingingen, sofern sie sich für ein gemeinsames PPP-Projekt entscheiden sollten. Partnerschaftsverträge gehörten aber auf jeden Fall aufzuwerten, da die Auftraggeber die Möglichkeit hätten, öffentliche Bauwerke direkt und ohne öffentliche Finanzierung realisieren zu können. Vor allem die Tatsache, dass derartige Vergabeverfahren viel mehr Kreativität aller beteiligten Parteien einfordern, als es die rigiden gesetzlichen Bestimmungen jemals zulassen würden.
Frau Prof. Carola Pagliarin sprach von den innovativen Chancen, aber auch den Risiken von PPP-Modellen im gemeindlichen und übergemeindlichen Rahmen. Besonders in Großbritannien unter Margareth Thatcher kam es zu einer Aufwertung von PPP-Modellen, so Pagliarin. Vor allem die finanziellen Chancen würden überwiegen, Risiken oft auf den privaten Partner zurückfallen.
Prof. Stefania Baroncelli von der Freien Universität Bozen sprach von öffentlich-privaten Partnerschaften in Südtirol und ging dabei auch auf den öffentlichen Nahverkehr ein. Die öffentlichen Dienstleistungsverträge auf der Straße seien möglich, sofern sie für alle offen und transparent dargelegt würden. Regionen und Lokalkörperschaften veranstalteten Wettbewerbe, um Konzessionen zu vergeben. Hier wären PPP’s eine geeignete Alternative.
SAD-Präsident Christoph Perathoner eröffnete den 2. Teil der Veranstaltung und deutete an, dass der öffentliche Personennahverkehr immer mehr den großen Playern auf internationaler Ebene aufmachen, also die Standortkonkurrenz innerhalb der EU wachsen würde. Deshalb würde sich die SAD-AG im Sinne eines Projektes aller Südtiroler Verkehrsunternehmer für eine gemeinsame Südtirol-Lösung im Nahverkehr zu Gunsten der lokalen klein- und mittelständischen Betriebe schlagen. Denn in Zeiten wachsender Probleme öffentlicher Haushalte und abnehmender Handlungsfähigkeit öffentlicher Institutionen würden öffentlich-private Partnerschaften an strategischer Bedeutung zur Entwicklung einer Region gewinnen.
SAD-CEO Ingomar Gatterer stellte das Projekt einer PPP-Südtirol-Lösung vor: Gegenstand des PPP’s wären 75 Buslinien mit insges. 24 Millionen Buskilometern jährlich für einen Zeitraum von15 Jahren. Besondere Eigenschaften dieses Angebotes an die Südtiroler Landesverwaltung beinhalten Investitionen von 173 Millionen Euro für den Ankauf von 645 neuen Bussen modernster Qualität, die Ausstattung von 600 „sicheren Haltestellen“ mit Videoüberwachung, ausreichender Beleuchtung und Sprechanlage sowie den Einbau moderner IT-Technik in den Bussen zur Optimierung der Fahrgastinformation und des Betriebsmanagements. Besonders wichtig ist eine reelle Lohnerhöhung für die Mitarbeiter von 1 Prozent pro Jahr, d.h. 15 Prozent nach Ablauf der Konzessionsdauer von 15 Jahren sowie zusätzlich eine Gewinnbeteiligung am möglichen Umsatz. Die Südtirol-Lösung der SAD würde jedenfalls ein für alle zufriedenstellendes Szenario auslösen, weil sowohl eine evtl. Inhouse-Vergabe der Dienste an die SASA sowie Direktvergaben an die Kleinunternehmen der LIBUS möglich wären.
Wirtschaftsexperte Walter Steinmair ging in seiner Stellungnahme auf die immer geringere Handlungsfähigkeit der öffentlichen Hand in Italien wegen ihrer hohen Verschuldung ein. Deshalb stünde einer Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Institutionen und der Privatwirtschaft im Sinne eines Geschäftes auf Gegenseitigkeit nichts mehr entgegen. Dies setzt voraus, dass sowohl bei der öffentlichen Verwaltung, als auch bei den privaten Unternehmern eine Verhandlungskultur auf Augenhöhe entwickelt wird.
Auch der Landtagsabgeordnete und Arbeitnehmervertreter Helmuth Renzler zeigte sich von den positiven Auswirkungen von PPP zur Absicherung sozialer Rechte und von Arbeitsplätzen überzeugt. Denn Ausschreibungen wären sehr oft Zitterpartien und Beamte würden insges. oft den Druck der Kontrollorgane spüren. Sollten dann doch der Zuschlag mit einem oft extremen Preisnachlass erfolgen, würde dies sich sehr oft zum Nachteil der Beschäftigten auswirken. So könnten aber viele Vorteile eines PPP-Modelles, wie z.B. eine Beteiligung der Mitarbeiter am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens sehr vorteilhaft sein. „Ein Qualitätssprung beider Vertragspartner würde ein PPP zum Erfolgsmodell machen“, so Renzler.
„Insgesamt eine sehr informative Tagung mit hochkarätigen Stellungnahmen aus Wissenschaft und Wirtschaft zum Zukunftsmodell ‚Öffentlich-Private Partnerschaft’ und einem konkreten Beispiel aus der Praxis des Nahverkehrs,“ so beschrieb Moderator Simon Laimer abschließend den Tagungsverlauf.