Von: idr
Bruneck – Das Problem kennt jeder Tourismusort: Urlauber mit harmlosen Beschwerden verstopfen die Notaufnahmen, während Hausärzte für Feriengäste eigentlich nicht zuständig sind. Im Pustertal soll jetzt eine innovative Lösung dieses Dilemma beenden: ein spezieller Bereitschaftsdienst nur für Touristen.
Die geplante Lösung ist so pragmatisch wie umstritten: ein privat organisierter Bereitschaftsdienst, bei dem die Kosten vollständig die Gäste selbst tragen müssten. Damit könnte erstmals eine medizinische Zwei-Klassen-Versorgung zwischen Einheimischen und Touristen entstehen.
Reiter sieht in dem Modell sogar eine Chance für den regionalen Ärztemangel: Er könne sich vorstellen, junge Ärzte aus anderen Regionen zu holen, die erste Erfahrungen sammeln möchten. Im besten Fall würden diese dann hier bleiben und in den örtlichen Krankenhäusern weiterarbeiten – eine Art medizinische Nachwuchsförderung über den Umweg des Tourismus.
Bedenken an dem Vorhaben
Das Projekt wirft grundsätzliche Fragen auf: Ist es gerechtfertigt, dass Urlauber für dieselbe medizinische Grundversorgung zahlen müssen, die Einheimische über das Gesundheitssystem erhalten? Oder ist es ein überfälliger Schritt, um die chronische Überlastung der Notdienste zu beenden? Außerdem stellen sich ethische Fragen: Würden Touristen durch den Einsatz unerfahrener Ärzte zu Versuchskaninchen verkommen?
Fest steht: Die Tourismusregionen stehen vor einem strukturellen Problem. Millionen von Gästen bringen nicht nur Umsatz, sondern auch medizinischen Mehraufwand und überlasten das Gesundheitssystem, das nicht auf die Mehrbelastung ausgelegt ist. Das Pusterer Modell könnte Schule machen, wenn es funktioniert.
Wann der neue Bereitschaftsdienst starten soll und wie genau er organisiert wird, ist noch offen. Klar ist nur: Die Rechnung zahlen am Ende die Touristen selbst.
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