Von: mk
Brixen – Die zwölfte Auflage der Berglandwirtschaftstagung in Brixen, organisiert vom Beratungsring Berglandwirtschaft (BRING) ist heute über die Bühnen gegangen und stand ganz im Zeichen des Tierwohls. Über 700 interessierte Besucherinnen und Besucher informierten sich vor Ort über die aktuellen Entwicklungen und Lösungsmöglichkeiten, um den zukünftigen Anforderungen gerecht zu werden.
Begrüßt wurde das Publikum vom Obmann des BRING, Daniel Gasser, sowie von Landesrat Arnold Schuler. Beide betonten die Notwendigkeit, dass sich Südtirols Berglandwirtschaft aktiv der Thematik annehme und die Betriebe bei der Umsetzung bestmöglich begleite. Einen kurzen Ausblick, welche Anreize die Neuausrichtung der gemeinsamen Agrarpolitik nach 2020 in Hinblick auf die Thematik Tierwohl bringen wird, machte zu Beginn der Tagung der SVP-Abgeordnete zum Europäischen Parlament, Herbert Dorfmann.
Gesellschaft redet mit
Tierwohl ist seit einiger Zeit ein großes gesellschaftliches Thema, das weit über die Landwirtschaft und deren unmittelbares Umfeld hinausreicht. Tierwohl und Tierkomfort werden oft mit Laufstallhaltung und Auslaufmöglichkeit sowie Weidehaltung in Verbindung gebracht. Südtirols landwirtschaftliche Strukturen und die klimatischen und topografischen Begebenheiten können diesen Anforderungen nur bedingt gerecht werden. Festzuhalten sei aber auch, dass Tierwohl und Tierkomfort nicht unmittelbar mit einer etwaigen Laufstallhaltung erhöht werden. Dazu sei das Thema viel zu komplex und bedürfe einer umfassenden Betrachtung mehrerer Faktoren.
Der funktionierende Laufstall
Die heutige Tagung zeigte unter anderem auf, wie ein funktionierender Laufstall aussieht und wie in einem solchen die einzelnen Funktionsbereiche wie Füttern, Liegen, Melken, Abkalben usw. gestaltet werden müssen. Jan Harms von der Landesanstalt für Landwirtschaft aus Bayern betonte in seinen Ausführungen, dass bei der Planung eines Laufstalles insbesondere darauf geachtet werden müsse, dass sowohl der Platz für die Tiere als auch der Platz für die Menschen ausreichend ist. Die Anordnung der einzelnen Bereiche innerhalb des Stalles gilt es, gut zu überlegen, um folglich die Abläufe für die Tiere möglichst stressfrei zu gestalten und die tägliche Arbeitswirtschaft entsprechend zu verbessern. Einsparungsmöglichkeiten beim Stallbau gibt es durchaus, beispielsweise durch eine sinnvolle Einbeziehung vorhandener Bausubstanz oder durch den Kauf gebrauchter Melktechnik. Etwaige spätere Erweiterungsmöglichkeiten des Stallgebäudes sollten in den Planungen mitbedacht werden.
Bestehende Anbindeställe verbessern
Optimierungsmaßnahmen für mehr Wolfbefinden der Kühe gibt es auch in bestehenden Anbindeställen. Dort, wo Stallneubauten oder große Investitionen in den nächsten Jahren nicht geplant sind, werden Anbindeställe weiter genutzt. Dabei gilt es, im Stall die Verbesserungspotenziale umzusetzen und insbesondere durch die Schaffung von Auslaufmöglichkeiten den Tieren regelmäßige Bewegung im Freien anzubieten. Diese macht sich in einem besseren allgemeinen Gesundheitszustand und einer besseren Leistung bemerkbar. Walter Breininger, Bauberater der Landwirtschaftskammer Steiermark, stellte im Rahmen der Tagung auch einige gelungene Praxisbeispiele von Umbaulösungen sowie von nachträglich geschaffenen Auslaufmöglichkeiten vor. Dies sind oft einfache und kostengünstige Lösungen.
Praktikerin zeigt, wie es gehen könnte
Ein solches Konzept verfolgt auch Sigrid Ungerer, Betriebsleiterin am Kausnhofes in Laurein. Dort werden rund zehn Milchkühe, ein Stier und vier Jungtiere gehalten. Das Wirtschaftsgebäude wurde im Jahr 1996 gebaut und der Stall als Anbindestall eingerichtet. Seit der Betriebsübernahme im Jahr 2015 setzte Sigrid verschiedenste Maßnahmen am Betrieb um mit dem Ziel, die Tiergesundheit und das Tierwohl zu erhöhen und die Arbeitsqualität zu verbessern. Dabei handelt es sich sowohl um kleinere bauliche Maßnahmen als auch um Anpassungen des betrieblichen Managements. Sigrid Ungerer verfolgt dabei immer den Grundsatz „Verbesserungspotenziale erkennen – sorgfältig planen – betriebsangepasst, Schritt für Schritt umsetzen.“ So wurden beispielsweise die Stand- und Liegeflächen mit einer Kalk- Strohmatratze aufgewertet und eine Auslaufmöglichkeit geschaffen, und das obwohl rund um den Betrieb sehr wenig Fläche zur Verfügung steht.
Projekt „Tierwohl Südtirol“
Mit dem Projekt „Tierwohl Südtirol“, welches von der nutztierwissenschaftlichen Arbeitsgruppe um Prof. Matthias Gauly von der Freien Universität Bozen in Zusammenarbeit mit dem Sennereiverband Südtirol ausgearbeitet wird, geht man in Südtirol einen wichtigen Schritt hin zu einer kontinuierlichen Erfassung und Optimierung des Tierwohlniveaus in Milchviehbetrieben. Katja Katzenberger, Forschungsassistentin an der Universität stellte das Projekt vor und gab einen Überblick über die jeweiligen Systeme, wie sie in anderen Ländern und Regionen umgesetzt werden.