Land erwägt rechtliche Schritte

Umweltinstitut nimmt Südtirol-Werbung aufs Korn

Donnerstag, 10. August 2017 | 18:39 Uhr
Update

München – Im Herzen von München hängt seit heute an der S-Bahn-Station Karlsplatz ein Großplakat im Stil der aktuellen Kampagne des Südtiroler Tourismusmarketings. Doch wo sonst um deutsche Urlauberinnen und Urlauber geworben wird, macht das neue Plakat auf den „intensiven Pestizideinsatz“ in der Region aufmerksam, wie das Umweltinstitut München in einer Aussendung erklärt.

Das Plakat zeigt eine Obstplantage, durch die ein Traktor fährt und Pestizide ausbringt. Ein Nebel aus Spritzmitteln steigt auf. „Südtirol sucht saubere Luft.“ steht in großen Buchstaben vor dem Foto. Das Plakat verweist auf eine eigens eingerichtete Homepage. Unter www.pestizidtirol.info finden sich Informationen über die Pestizidproblematik in Südtirol. Neben der Plakatwerbung schaltet das Umweltinstitut Anzeigen im gleichen Stil auf Facebook.

„In der Werbung präsentiert sich Südtirol als Urlaubsregion, in der man intakte Natur und grandiose Landschaften vorfindet“, kommentiert Karl Bär, Referent für Agrarpolitik am Umweltinstitut München. „Das passt nicht zu intensivem Pestizideinsatz und riesigen Apfel-Monokulturen. Südtirol muss sich entscheiden, wofür es stehen möchte: unberührte Natur oder Pestizidwirtschaft. Beides zusammen geht nicht. Deshalb lautet der Untertitel unseres Plakats ‚Südtirol sucht sich‘.“

„In den Apfelplantagen in Südtirols Tälern wird bis zu zweimal pro Woche gespritzt. Insgesamt landen durchschnittlich über 42 kg Pestizide pro Jahr und Hektar zwischen den Bäumchen. Um den hohen Pestizideinsatz gibt es in Südtirol seit vielen Jahren eine intensive Debatte. Seitdem das Umweltinstitut mit einer Kampagne für die pestizidfreie Gemeinde Mals Partei ergriffen hat, haben sich immer wieder Urlaubsgäste gemeldet, die von Erlebnissen mit Pestizid-Abdrift aus den Apfelplantagen berichten“, erklärt das Umweltinstitut.

„Der Tourismus in Südtirol hat ein Pestizidproblem. Das Thema kann aber auch eine Chance für die Region werden. Stellen Sie sich vor, das Beispiel Mals würde Schule machen und weitere Gemeinden würden sich einer pestizidfreien Landwirtschaft verschreiben. Davon würden nicht nur die Umwelt und die Gesundheit profitieren, sondern gerade auch der Tourismus. Eine bessere Werbung für Urlaub in Südtirol könnte es doch gar nicht geben“, so Karl Bär.

Das Umweltinstitut München ist eine feste Größe im deutschen Umwelt- und Naturschutz. Als unabhängiger Verein setzt es sich seit mehr als 30 Jahren gegen Atomkraft, für gentechnikfreies Essen, für eine nachhaltige Energiewende und für den ökologischen Landbau ein.

“Imageschaden durch Kampagne eines privaten Vereins aus München”

Wie von verschiedenen Medien heute vermeldet, hat der private Verein Umweltinstitut München e.V. eine imageschädigende Kampagne im Zusammenhang mit dem Pflanzenschutz in der Südtiroler Obstwirtschaft gestartet. “Wir werden es sicher nicht hinnehmen, dass Südtirol und die Südtiroler Obstwirtschaft verunglimpft werden”, unterstreichen Landeshauptmann Arno Kompatscher und Landwirtschaftslandesrat Arnold Schuler. Die Anwaltschaft des Landes prüfe bereits die Möglichkeiten, um gegen den Münchner Verein, der als Urheber der Kampagne aufscheint, rechtlich vorzugehen.

Obwohl nur auf rund 2,5 Prozent der Gesamtfläche Südtirols Obstbau betrieben wird, stellt die Südtiroler Obstwirtschaft für viele Südtiroler Familien eine traditionell gewachsene und wichtige Lebensgrundlage dar. Südtirol nimmt seit vielen Jahren in Bezug auf nachhaltigen Pflanzenschutz in Europa eine Vorreiterrolle ein. “Mit rund 7500 Familienbetrieben mit einer durchschnittlichen Betriebsgröße von 2,5 Hektar kann man nicht von industrieller Landwirtschaft sprechen”, betont Landesrat Schuler.

Auch IDM-Präsident Hansi Pichler betont, dass man sich gegen die missbräuchliche Verwendung der Südtirol-Marke zur Wehr setzen werde: “Wir werden es nicht zulassen, dass der Name und die Marke Südtirol so beschädigt werden, zumal Tourismus und Landwirtschaft die Grundpfeiler der Südtiroler Wirtschaft sind.”

Von: mk

Bezirk: Bozen