Kritik an Verordnung Nummer 21

Unternehmerverband: “Politik verkennt den Wert der Arbeit!“

Samstag, 18. April 2020 | 18:36 Uhr

Bozen – Der Südtiroler Unternehmerverband kritisiert die jüngste Verordnung von Landeshauptmann Arno Kompatscher in Zusammenhang mit der Wiederaufnahme der Arbeitstätigkeit von Unternehmen. Statt der Anzahl von anwesenden Arbeitnehmern sollte die Sicherheit am Arbeitsplatz ausschlaggebend sein, finden die Unternehmer.

„Noch nie wie in diesen Tagen sind wir auf die Unternehmen stolz, die wir in unserem Verband vertreten dürfen. Trotz enormer Schwierigkeiten haben mutige Unternehmerinnen und Unternehmer gemeinsam mit verantwortungsbewussten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit großem Pflichtbewusstsein alles unternommen, um in dieser schwierigen Zeit ihren Beitrag für unsere Gesellschaft zu leisten. Aber noch nie wie in diesen Tagen sehen wir es auch als unsere ureigene Aufgabe, für sie zu kämpfen und den Beitrag erkennbar zu machen, den sie für unser Land leisten. Die Verordnung Nummer 21 des Landeshauptmannes ist für all  diese Unternehmen ein Schlag ins Gesicht und verkennt alle Anstrengungen, die gemeinsam mit den Gewerkschaftsorganisationen unternommen wurden, mit denen wir als Unternehmerverband am 10. April – als erste Region in Italien – ein gemeinsames Protokoll unterzeichnet haben, in dem die Maßnahmen für eine sichere Wiederaufnahme der Arbeitstätigkeit definiert wurden“, erklärt das Präsidium des Unternehmerverbandes Südtirol auf den Beschluss des Landes, die Wiederaufnahme der produktiven Tätigkeit allein für Unternehmen mit maximal fünf Mitarbeitern zu ermöglichen.

„Wir halten es für falsch, dass sich die Notverordnung nicht an der Sicherheit am Arbeitsplatz orientiert, sondern an der Anzahl der anwesenden Arbeiter. Als ob das Risiko für fünf Arbeiter auf einer Fläche von 60 Quadratmetern (zwölf Quadratmeter pro Kopf) geringer wäre als jenes von 50 Mitarbeitern auf einer Fläche von 5.000 (100 Quadratmeter pro Kopf)“, unterstreicht das Präsidium des Unternehmerverbandes.

„Die Tatsache, dass in der neuen Verordnung nicht einmal mehr auf das Protokoll Bezug genommen wird, das wir als Unternehmerverband gemeinsam mit Gewerkschaften und den Handwerkerverbänden unterzeichnet haben, verkennt auch die Rolle der Sozialpartner und den Einsatz jener, die für diese Sozialpartnerschaft eintreten. Vom ersten Tag der Corona-Notlage an, haben sich unsere Unternehmen organisiert, um Arbeitsplätze zu sichern und gleichzeitig maximale Sicherheit zu gewährleisten, mit Maßnahmen, die oft über die im gemeinsamen Protokoll festgelegten Regeln hinausgehen. Wir haben sofort Verantwortung übernommen: Für unsere Mitarbeitern, für unsere Lieferanten, für die gesamten Gesellschaft. Dieselbe Verantwortung wurde nun aber für unsere Unternehmen und insbesondere für die über 40.000 Menschen und ihren Familien, die in diesen Unternehmen arbeiten, nicht übernommen. Wir sind sehr enttäuscht über diesen Mangel an Wertschätzung seitens der Landespolitik, aber wir werden weiterhin für unsere Betriebe kämpfen. Dies verdienen sich unsere Unternehmerinnen und Unternehmer, dies verdienen sich unsere über 40.000 Mitarbeiter und ihre Familien!“, so das Präsidium des Unternehmerverbandes.

Stellungnahme zu Schutzausrüstung

Der Unternehmerverband nimmt außerdem zur Schutzausrüstung Stellung, die von Unternehmern für Südtirol organisiert wurde. „Vor genau einem Monat, am 18. März 2020, habe ich in einem offenen Brief am Beispiel von Heiner Oberrauch und der Oberalp-Gruppe den außerordentlichen Beitrag aufgezeigt, den unsere heimischen Unternehmen zur Bewältigung der Coronakrise leisten. Heute möchte ich im Namen unseres Verbandes diesen außerordentlichen Beitrag erneut unterstreichen. Wir sind stolz, Unternehmen vertreten zu dürfen, die in einer extremen Notlage alles unternommen, um unserem Land Hilfe zu leisten“, erklärt der Präsident des Unternehmerverbandes, Federico Giudiceandrea.

Auf den Aufruf des Verbandes, in kürzester Zeit Schutzausrüstung für die Südtiroler Sanität, für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und der gesamten Bevölkerung aufzubringen, hätten viele Unternehmen unverzüglich reagiert. Alle Länder weltweit seien auf der Suche nach Schutzkleidung und Masken. Es bestehe gewaltiger Handlungsbedarf.

„Unsere Unternehmen sind in das kalte Wasser gesprungen: Es wurden im Bewusstsein der Notlage große Risiken übernommen, Vorauszahlungen getätigt, in schlaflosen Nächten enorme organisatorische und logistische Herausforderungen überwunden. Dies als solidarische Leistung und aus persönlichem Mut“, erklärt Giudiceandrea.

Nur dank dieser Bereitschaft habe man Südtirol in einer Krisensituation, in der weltweit alle Länder auf der Suche nach Schutzkleidung und Masken waren, mit der fehlenden und dringend notwendigen Sicherheitsausrüstung versorgen können.

„Viele unserer Mitgliedsbetriebe haben ihre Produktion umgestellt, Spendenaktionen ins Leben gerufen und sich in verschiedenster Weise zur Verfügung gestellt, um zu helfen. Alle Unternehmen, die ihre Produktion wieder aufnehmen konnten, haben Investitionen getätigt, um in ihren Hallen die höchstmöglichen Gesundheitsstandards für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu garantieren. Diesen Unternehmen und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind wir zu Dank verpflichtet: ihren Beitrag sollten wir entsprechend  honorieren und nicht schlechtreden. Heiner Oberrauch und seinem Team, sowie allen anderen Unternehmen, die sich aus sozialer Verantwortung zum Wohle unseres Landes zur Verfügung gestellt haben, gilt unsere vollste Anerkennung und Solidarität“, so Giudiceandrea.

Von: mk

Bezirk: Bozen

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