Neun Prozent klagen über Diskriminierungen

Vielfalt am Arbeitsplatz: Chance mit gewissen Schattenseiten

Freitag, 14. April 2023 | 11:04 Uhr

Bozen – Im Laufe der Jahre ist auch in Südtirol die Vielfalt in den Belegschaften am Arbeitsplatz gestiegen, mit unterschiedlichen Sprachkenntnissen und Essgewohnheiten, Altersklassen, Religionen, sexuellen Orientierungen und noch vielen anderen Aspekten, die manchmal auch ein Problem sein können. AFI-Präsident Andreas Dorigoni zeigt sich dennoch relativ optimistisch: „Die Unternehmen und Beschäftigten sind durchaus in der Lage, sich an die Vielfalt anzupassen. Vielfalt wird oft als Bereicherung und Chance angesehen.“

In Anlehnung an die zurzeit laufende Studie von Eurac Research zum Thema Diversity Management befasst sich der Sonderteil der Frühlingsausgabe 2023 des AFI-Barometers mit der Vielfalt am Arbeitsplatz. Wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung, sind immerhin 70 Prozent der Befragten der Auffassung, dass die Welt der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen vielfältig ist. Für die restlichen 30 Prozent gibt es hingegen keine offensichtlichen Unterschiede. „Die Vielfalt am Arbeitsplatz ist sicherlich eine Tatsache. Mit dieser Erhebung prüfen wir, wie die Beschäftigten diese Vielfalt wahrnehmen. Ziel ist es, die ausschlaggebenden Faktoren herauszukristallisieren und zu verstehen, ob sich Beschäftigte diskriminiert fühlen und welche Maßnahmen Unternehmen für den Umgang mit der Vielfalt ergreifen“, erklärt Marzia Bona, Forscherin bei Eurac Research. Die Erhebung zeigt eine breite Palette an Maßnahmen, mit denen die Betriebe auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Beschäftigten eingehen.

Beschäftigte nehmen vor allem Sprach- und Altersunterschiede wahr

Knapp 70 Prozent der Befragten haben das Bestehen von unterschiedlichen Merkmalen in der Belegschaft am Arbeitsplatz hervorgehoben. An erster Stelle wurden sprachliche Unterschiede (65 Prozent) genannt. Es folgen, in knappem Abstand, Unterschiede in Bezug auf Alter, Geschlecht und Herkunft (jeweils 55, 54 und 53 Prozent). Dieses Ergebnis ist für das Land Südtirol nicht weiter verwunderlich, denn in Südtirol leben nicht nur drei verschiedene Sprachgruppen, sondern auch viele ausländische Erwerbstätige. Zudem gehören Alter, Geschlecht und Herkunft zu den Faktoren, die bei der Bewertung von Unterschieden in einer demographischen Gesamtheit unmittelbar ins Auge stechen. Was hingegen eher überraschend ist: 36 Prozent sind der Auffassung, dass das Aussehen eine gewisse Rolle spielt. An letzter Stelle finden wir schließlich noch Unterschiede in der sexuellen Orientierung, die von 23 Prozent der Befragten genannt werden.

Licht- und Schattenseiten der Vielfalt am Arbeitsplatz

Zwar pflichtet der Großteil der Befragten der Aussage bei, dass Vielfalt am Arbeitsplatz mit einer Steigerung der Kreativität (80 Prozent) und des Umsatzes (72 Prozent) einhergeht. Doch ein bedeutender Anteil ist immerhin auch der Auffassung, dass Vielfalt zu mehr Konflikten führt (74 Prozent) und die Zusammenarbeit sowie die Arbeitsabläufe erschwert (73 Prozent).

Die Arbeitgeber bemühen sich um Maßnahmen für einen besseren Umgang mit der Vielfalt

Was die Maßnahmen für einen besseren Umgang mit der Vielfalt im Betrieb betrifft, haben 42 Prozent der Befragten von Initiativen in der Betriebsmensa berichtet. 55 Prozent haben hingegen angegeben, dass der Arbeitgeber mit Fortbildung, Mediation und Sensibilisierung negative Auswirkungen der Vielfalt im Betrieb einzudämmen versucht. Über 58 Prozent berichten, der Arbeitgeber biete den Beschäftigten Unterstützung an, um ihre Inklusion zu fördern (z.B. bei der Wohnungssuche); 53 Prozent bestätigen, dass neben Deutsch und Italienisch noch andere Sprachen gesprochen werden.

Neun Prozent beklagen Diskriminierungen infolge der Vielfalt am Arbeitsplatz

Die Erhebung zeigt, dass die Vielfalt ein bekanntes Phänomen ist und die Arbeitgeber dazu verleitet, ausgleichende Maßnahmen zu ergreifen. Neun Prozent der Befragten erklären, diskriminiert worden zu sein – auch nur gelegentlich. „Das Ergebnis kann als zufriedenstellend bezeichnet werden, weist aber gleichzeitig auf einen gewissen Handlungsbedarf hin“, betont AFI-Forscherin Maria Elena Iarossi. „Aufgrund der geringen Fallanzahl sind die angegebenen Begründungen für die Diskriminierung allerdings statistisch nicht signifikant, sodass auch keine finale Bewertung möglich ist.“

Von: mk

Bezirk: Bozen