Von: luk
Bozen – In Südtirol blicken die meisten Arbeitnehmenden der sich rasant wandelnden Arbeitswelt gelassen entgegen. Lediglich jede fünfte Person fühlt sich durch technisch-organisatorische Veränderungen „ziemlich“ oder „sehr“ belastet. Dass besonders die jüngeren Jahrgänge hier entspannter reagieren ist naheliegend – doch dasselbe beobachtet man auch bei vielen Arbeitnehmenden, die kurz vor der Pensionierung stehen. Am gelassensten sind die Arbeitnehmenden aus Sektoren, in denen technisch-organisatorische Umbrüche mutmaßlich weniger zum Tragen kommen – in der Landwirtschaft und im Gastgewerbe.
Die Arbeitswelt befindet sich in rasantem Umbruch: Digitalisierung, künstliche Intelligenz, demografischer Wandel und Dekarbonisierung prägen die aktuellen Entwicklungen. All dies verändert nicht nur bestehende Berufe, es werden auch neue geschaffen – während andere möglicherweise ganz verschwinden. Doch wie stark beunruhigen diese technischen und organisatorischen Veränderungen Südtirols Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer? Das AFI | Arbeitsförderungsinstitut ist dieser Frage in der Frühjahrsausgabe seines Barometers auf den Grund gegangen.
Veränderungen belasten nur wenige – aber nicht alle gleichermaßen
Etwas mehr als 20 Prozent der befragten Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen fühlen sich durch technische und organisatorische Veränderungen im Beruf belastet – davon 14 Prozent „ziemlich“ und sieben Prozent „stark“. Auf den ersten Blick scheint das ein geringer Anteil zu sein, vor allem wenn man berücksichtigt, dass 37 Prozent überhaupt keinen Druck verspüren, bzw. 20 Prozent sich nur wenig davon belastet fühlen.
Ein genauerer Blick auf die verschiedenen Beschäftigungsgruppen zeigt jedoch deutliche Unterschiede: Teilzeitbeschäftigte sind hier tendenziell stärker betroffen – 26 Prozent von ihnen fühlen sich durch diesen Aspekt „gestresst“, bei den Vollzeitbeschäftigten sind es lediglich 19 Prozent. Weiter noch: Beschäftigte im öffentlichen Sektor sind diesbezüglich weniger besorgt (18 Prozent) als jene in der Privatwirtschaft (21 Prozent).
Ein möglicher Grund für diese Unterschiede könnte in der Fortbildung liegen: Teilzeitbeschäftigte haben oft einen schwierigeren Zugang zur Weiterbildung und befürchten somit, den Anschluss zu verlieren. Im öffentlichen Sektor hingegen sind Schulungen häufig verpflichtend, was die Mitarbeitenden dort besser auf neue Anforderungen vorbereitet.
Junge entspannt, Generation „Ü50“ gespalten
Ein genauer Blick auf die Altersgruppen offenbart interessante Unterschiede: Wie nicht anders zu erwarten, scheuen junge Arbeitnehmende die technisch-organisatorischen Veränderungen weniger – nur 18 Prozent empfinden diese als belastend. Kein Wunder, denn als “Digital Natives” sind sie an den Umgang mit neuen Technologien gewöhnt. Lediglich ein Prozent der Befragten in dieser Gruppe stuft technische und organisatorische Neuerungen als „sehr problematisch“ ein.
Differenzierter ist die Situation bei den 50- bis 64-Jährigen: Hier zeigt sich eine deutliche Spaltung. Diese Altersgruppe verzeichnet sowohl den höchsten Anteil an Personen, die sich durch technisch-organisatorische Innovationen „ziemlich“ bzw. „stark“ belastet fühlen (23 Prozent) als auch den höchsten Anteil an Befragten, die sich dadurch „kaum“ oder „gar nicht“ belastet fühlen (59 Prozent).
„Diese Zahl“, erklärt AFI-Direktor Stefan Perini, „könnte darauf zurückzuführen sein, dass diese Altersgruppe sowohl Beschäftigte umfasst, die noch einige Jahre Erwerbsarbeit vor sich haben, als auch jene, die kurz vor der Rente stehen. Letztere sind quasi ‚kurz vor dem Absprung‘ und interessieren sich oft wenig für das, was danach kommt.“
Einige Sorgen im Verarbeitenden Gewerbe und bei den Privaten Dienstleistern
Zwischen den einzelnen Branchen zeigen sich teils deutliche Unterschiede in der Wahrnehmung technologisch-organisatorischer Veränderungen. Wer in der Landwirtschaft oder im Gastgewerbe arbeitet, sieht an dieser Front keinen nennenswerten Belastungsfaktor auf sich zukommen. 60 Prozent der in der Landwirtschaft bzw. 64 Prozent der im Gastgewerbe Tätigen geben an, durch diese Neuerungen „gar nicht“ oder nur „wenig“ gestresst zu sein. Der Anteil von „stark belasteten“ Beschäftigten ist hier ebenfalls gering (15 bzw. 19 Prozent). Deutlich besorgter sind hingegen Mitarbeitende im Verarbeitenden Gewerbe (25 Prozent) und in den „Privaten Dienstleistungen“ (23 Prozent), wo die Auswirkungen neuer Organisationsformen und Technologien wahrscheinlich einschneidender sein werden.
Stellungnahme von AFI-Präsident Andreas Dorigoni
„Dass die Südtirolerinnen und Südtiroler vor organisatorischen und technischen Veränderungen nicht zurückschrecken ist insgesamt ein positives Zeichen. Es macht deutlich, dass unsere Arbeitskräfte offen für Neuerungen und die Modernisierung der Arbeitswelt sind. Gleichzeitig müssen wir aber auch diejenigen unterstützen, die mit den technologischen Neuerungen ihre Schwierigkeiten haben und uns entschieden für einen barrierefreien Zugang zu den Grunddiensten für alle Bürgerinnen und Bürger stark machen.“
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