Handelskammer, Gewerkschaften und KVW sind sich uneins

Debatte um Wertausgleich

Freitag, 16. März 2018 | 11:19 Uhr
Update

Bozen – Geht es nach der bevorstehenden Raumordnungsreform des Landes so soll in Zukunft unter gewissen Voraussetzungen bei der Umwidmung eines Grundstückes von landwirtschaftlichem Grün in Baugrund ein Wertausgleich an die öffentliche Hand entrichtet werden. Was das konkret bedeutet, zeigt ein einfaches Rechenbeispiel.

Laut Artikel 19 des geplanten neuen Raumordnungsgesetzes soll bei der Ausweisung von neuen Bauflächen und bei Änderungen der Nutzungskategorien für Baurechte ein Wertausgleich in Höhe von 30 Prozent des Wertes des umgewidmeten Grundstückes eingeführt werden. Aus dem Gesetzesentwurf geht zwar nicht klar hervor, wer letztlich diesen Wertausgleich zu bezahlen hat, der Verkäufer oder der Käufer, trotzdem ist es sinnvoll in einem Rechenbeispiel die Auswirkungen dieses Wertausgleichs zu verdeutlichen:

Ein Landwirt, der durch eine Nebenerwerbstätigkeit auf ein versteuerbares Einkommen von ca. 35.000 Euro pro Jahr kommt, will ein landwirtschaftliches Grundstück von 2.500 m² Fläche veräußern. Dieses landwirtschaftliche Grundstück hat einen geschätzten Wert von 20 Euro pro m², also in Summe 50.000 Euro. Das Grundstück wird nun von landwirtschaftlicher Fläche in Baugrund umgewidmet. Dadurch steigt der Verkaufswert auf 300 Euro pro m² an, das heißt der Landwirt kann einen Verkaufserlös von 750.000 Euro erzielen.

Auf den verkaufenden Landwirt kommen damit erhebliche steuerliche Pflichten zu. So muss er auf den Verkaufserlös einen Einkommenssteuersatz von ca. 27,5 Prozent bezahlen, also 192.500 Euro. Außerdem wird der Regionalzuschlag auf die Einkommenssteuer von 1,1 Prozent fällig, was zusätzlich 7.000 Euro ausmacht. Schließlich ist der neue Wertausgleich von 30 Prozent, also 225.000 Euro zu bezahlen, der an die Gemeinde zu entrichten ist. Auch der Käufer des nunmehrigen Baugrundes wird zur Kasse gebeten, er muss die Registergebühren für die Registrierung des Kaufvertrages in Höhe von 9 Prozent des Kaufpreises, also 67.500 Euro begleichen.

„Von den 700.000 Euro des Wertgewinnes, der durch die Umwidmung des landwirtschaftlichen Grundes in Baugrund erzielt wurde, fließen somit 492.000 Euro an die öffentliche Hand, das entspricht einem Anteil von sage und schreibe 70,3 Prozent“, rechnet der Generalsekretär der Handelskammer Bozen Alfred Aberer vor: „Die Südtiroler Wirtschaft lehnt diese zusätzliche Besteuerung, die zu einem weiteren Anstieg der Immobilienpreise führen würde, ab.“

Gewerkschaften und KVW anderer Meinung

Die Südtiroler Gewerkschaftsbünde und der Katholische Verband der Werktätigen (KVW) sind diesbezüglich anderer Meinung. Sie haben den Mitgliedern des zweiten Gesetzgebungsausschusses und den Landtagsabgeordneten in einem Brief erklärt, warum bei Umwidmungen ein Wertausgleich von 50 Prozent an die Gemeinden erfolgen soll. “Ein Wertausgleich zugunsten der öffentlichen Hand soll im neuen Gesetz „Raum und Landschaft“ vorgesehen werden”, erklären die Gewerkschaften und der KVW im Brief.

“Bei Umwidmung in Baugrund steigt der Wert des Grundstückes aufgrund einer politischen Entscheidung um ein Vielfaches. Der Eigentümer muss keinen Wirtschafts- oder Arbeitsaufwand leisten. Aus diesem Grund ist es gerechtfertigt, dass ein Teil dieses Wertzuwachses an die öffentliche Hand zufließt. Diese Maßnahme ermöglicht es, dass Baugrund zu sozialen Preisen angeboten und leistbares Wohnen ermöglicht wird, da die Gemeinden die Möglichkeit haben, den Wertausgleich gezielt für Wohnbaumaßnahmen einzusetzen.” Die vier Südtiroler Gewerkschaften sowie der KVW sehen den Wertausgleich als sozial gerecht und richtig an. Dies haben sie in einem Brief an den Gesetzgebungsausschuss und den Landtagsabgeordneten nochmals bekräftigt.

Von: luk

Bezirk: Bozen