Von: mk
Bozen – Bis 2050 klimaneutral werden – das ist das Ziel, das sich Europa gesteckt hat und mithilfe des European Green Deal erreichen möchte. Insbesondere im Verbraucherschutz spiegeln sich diese Bemühungen konkret wieder. Zudem gibt es aber auch zahlreiche nationale und lokale Initiativen für mehr Umweltschutz und Nachhaltigkeit. Einige davon gehen sogar über die EU-Gesetzgebung hinaus oder verfolgen besonders innovative Ansätze. Zum Weltverbrauchertag am 15. März stellt das Europäische Verbraucherzentrum in Bozen die interessantesten und originellsten Ideen aus ganz Europa vor: von der dänischen „Too Good to Go“-App bis hin zum kostenlosen Nahverkehr in Luxemburg.
Österreich
Mithilfe von Reparaturgutscheinen bekämpft das Land tonnenweise Elektroschrott. Die Gutscheine decken die Hälfte der Reparaturkosten bis zu einem Höchstbetrag von 200 Euro. Bürgerinnen und Bürger werden so ermutigt, Geld in eine Reparatur zu investieren anstatt ein Gerät wegzuwerfen und ein neues zu kaufen. Seit 2020 ist das Programm in der Hauptstadt Wien ein großer Erfolg und wird 2022 auf das ganze Land ausgeweitet.
Belgien
In den quer übers Land verteilten Second-Hand-Läden der Ketten “De Kringwinkel” o “Les Petits Riens”, können Bürgerinnen und Bürger Möbel, Küchenutensilien oder andere aussortierte Gegenstände unter die Leute bringen oder sich selbst für wenig Geld damit eindecken.
Bulgarien
Eine Bekleidungskette ermutigt Verbraucherinnen und Verbraucher, ihre gebrauchten Kleidungsstücke in die Geschäfte zu bringen; das Unternehmen kümmert sich um das Recycling der Kleidungsstücke, und für jede abgegebene Altkleiderlieferung gibt es einen Gutschein, der für den nächsten Einkauf eingelöst werden kann.
Kroatien
Die kroatische Onlineplattform “Burza otpada” hat hingegen Unternehmen als Zielgruppe: Es geht dabei um den Austausch von Informationen über das Angebot und die Nachfrage nach Sekundärrohstoffen aus Produktionsprozessen oder der Abfallwirtschaft. Das 2017 gestartete Projekt wirkt sich indirekt auf Verbraucherinnen und Verbraucher aus. Durch weniger Abfall und einem nachhaltigeren Ansatz bei der Beschaffung von Ressourcen, wird die Umwelt für alle geschont.
Zypern
Zypern bietet finanzielle Anreize für den Kauf von neuen Fahrrädern und Zuschüsse für die Reparatur und Wartung von alten Fahrrädern. Das Land hat zudem auch die kostenlose Abgabe von Plastiktüten an Verkaufsstellen verboten.
Dänemark
“Too Good To Go” heißt eine App, die 2015 in Dänemark entwickelt wurde, um die Lebensmittelverschwendung zu bekämpfen. Restaurants und Geschäfte stellen Essensreste oder Mahlzeiten zur Verfügung, die sie sonst wegwerfen würden; über die App ist es möglich, zu prüfen, welche Lebensmittel im eigenen Umkreis verfügbar sind, um diese zu sehr günstigen Preisen abzuholen. Zum Vorteil für Verbraucherinnen und Verbraucher, den Handel und damit auch für die Umwelt.
Frankreich
Frankreich ermutigt Verbraucherinnen und Verbraucher mittels Gesetz, mangelhafte Produkte lieber reparieren zu lassen als auf den Austausch gegen ein neues Produkt zu pochen. Zum Beispiel, indem es den Ablauf der gesetzlichen Gewährleistungsrechte anhält, während sich ein Artikel in der Reparatur befindet oder durch eine Verlängerung der Gewährleistungsfrist um sechs Monate, wenn man die Reparatur dem Austausch der Ware vorzieht.
Deutschland
Mit einer Änderung des deutschen Gesetzes zur sogenannten Kreislaufwirtschaft möchte der deutsche Gesetzgeber der Vernichtung von Neuwaren, der Überproduktion und unnötigen Retouren einen Riegel vorschieben. Bislang landen neuwertige und funktionstüchtige Waren oft im Müll, insbesondere Elektroartikel oder Bekleidung. Produktion und Handel soll zukünftig nachvollziehbar dokumentieren, wie mit unverkauften Produkten umgegangen wird, ob sie diese zum Beispiel spenden oder günstiger weiterverkaufen.
Italien
In Italien ermöglicht es der Verein zur Förderung des Gemeinwesens „NeXt – Nuova Economia per tutti“, Verbraucherinnen und Verbrauchern durch das Instrument “Vota col Portafoglio” (Abstimmen mit dem Geldbeutel), nachhaltige Konsumentscheidungen zu treffen und zwar anhand eines spezifischen Index, der aus sechs Bereichen und 30 Indikatoren besteht, die strategisch mit den Zielen für nachhaltige Entwicklung der Agenda 2030 verbunden sind. Auf der Website des Vereins gibt es viele Informationen zu den zahlreichen Initiativen.
Lettland
Mehrere lettische Tankstellen ermuntern Verbraucherinnen und Verbraucher dazu, ihren eigenen wiederverwendbaren Kaffeebecher mitzubringen. Auch eine der größten Einzelhandelsketten mit Hunderten von Geschäften verfolgt diesen Ansatz. Kunden und Kundinnen, die ihren eigenen Becher mitbringen, bekommen zehn bis 15 Prozent Rabatt auf den Kaffee. So soll die Menge an Abfallbechern im Land reduziert werden.
Luxemburg
Luxemburg ist das erste Land der Welt, das den öffentlichen Nahverkehr kostenlos anbietet. Egal, ob Einwohner oder Touristen – jeder kann einfach in den Zug, Bus oder die Straßenbahn einsteigen, ohne einen Fahrschein lösen zu müssen. Ziel ist es, das Bewusstsein für umweltfreundliche Transportmöglichkeiten zu erhöhen.
Malta
Ab dem 1. April 2022 wird Malta das so genannte “Beverage Container Refund Scheme” einführen, ein System, das Anreize für die Rückgabe von Getränkeverpackungen schafft, indem beim Verkauf von Getränken wie Wasser, Apfelwein, Bier und trinkfertigem Kaffee in Glas-, PET- oder Metallflaschen oder -behältern ein Pfand von zehn Cent erhoben wird.
Norwegen
Auch in Norwegen gibt es ein Pfandsystem für wieder verwertbare Flaschen und Dosen, das bei Verbrauchern gut angenommen wird. Am Eingang aller Supermärkte befinden sich Recyclinggeräte, über die das beim Kauf von Flaschen oder Dosen gezahlte Pfand zurückerstattet wird. Im Jahr 2021 wurden mehr als 92 Prozent aller in Norwegen verkauften Flaschen und Dosen recycelt.
Niederlande
Der in Rotterdam ansässige „Pieter Pot“ ist der erste verpackungsfreie Online-Supermarkt in den Niederlanden. Kunden kaufen Produkte in großen Mengen und bekommen sie in Pfandgläsern geliefert. Die Gläser können anschließend zurückgegeben werden. Sie werden gereinigt und neu befüllt. Das Magazin Forbes schätzt, dass Supermärkte, die auf Verpackungen verzichten, bis zu 20 kg Plastik pro Person und Jahr einsparen könnten.
Polen
Ein Architekturbüro in Wrocław hat ein mobiles Hotelprojekt entwickelt, das aus gekühlten isothermischen Lastwagen besteht. Es werden LKWs mit Anhängern genutzt, die zuvor für den Transport für Lebensmittel verwendet wurden und daher die Eigenschaften besitzen, um bestimmte Temperaturen zu gewährleisten. Bei dem Projekt geht es um “Upcycling”, d. h. die Aufwertung des Materials und die Umwandlung der Kühllastwagen in Hotelzimmer. “Good spot” ist der erste Hotelkomplex in Polen, der eine mobile Unterkunft dieser Art anbietet.
Portugal
Die portugiesische Regierung hat ein Programm zur Bekämpfung der Energiearmut initiiert, bei dem Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz von Häusern bezuschusst werden. Der Plan sieht unter anderem vor, Gebäude zu isolieren, mit nachhaltigen Energiequellen zu heizen und Fenster und Türen zu erneuern.
Tschechische Republik
In den letzten Jahren hat die Zahl der Lebensmittelgeschäfte in der Tschechischen Republik zugenommen, in denen die Verbraucherinnen und Verbraucher Reis, Nudeln, Kaffee oder Tee kaufen und sich die Waren in mitgebrachten Behältern verpacken lassen können, so dass kein Abfall durch Einweg-Plastikverpackungen entsteht.
Slowenien
In Slowenien führt das Reuse Centre, eine Non-Profit-Organisation, Aktivitäten zum nachhaltigen Konsum unter dem Motto “reduzieren, reparieren, wiederverwenden” durch. Neben anderen Initiativen bietet es den Verbraucherinnen und Verbrauchern die Möglichkeit, sich an der Reparatur eines Produkts zu beteiligen, indem sie lernen, wie es richtig gewartet wird, und aus vorhandenen Gegenständen neue herzustellen.
Schweden
Schweden hat seinen Mehrwertsteuersatz von 25 auf zwölf Prozent gesenkt, wenn es um die Reparatur von Fahrrädern, Schuhen, Lederwaren, Kleidung und Heimtextilien geht. Handwerker dürfen Reparaturen an größeren Elektrogeräten zu Preisen anbieten, die bis zu 50 Prozent unter den tatsächlichen Kosten liegen – den Differenzbetrag bezahlt der Staat.
Das Europäische Verbraucherzentrum Italien hilft kostenlos weiter. Ein Kontakt ist unter 0471 980939 oder info@euroconsumatori.org möglich.