Marina Davydova kehrte als Autorin zurück

“Land of No Return” beeindruckte bei Salzburger Festspielen

Freitag, 15. August 2025 | 11:15 Uhr

Von: apa

Vom Zerfall der Sowjetunion bis zum Krieg in der Ukraine in einem Abend. Marina Davydova kehrte mit “Land of No Return” am Donnerstagabend nach ihrer Kündigung als Schauspielchefin im vergangenen Jahr als Künstlerin zu den Salzburger Festspielen zurück und brachte in einer halbszenischen Lesung eindrucksvoll Sprache, Spiel und teils erfundene Erinnerung ins Gleichgewicht. Unterstützt wurde sie in der Salzburger Szene dabei von einem eindrucksvollen, siebenköpfigen Ensemble.

Das Münchner Residenztheater hatte das Stück in Auftrag gegeben und hält auch die Rechte an der ersten Inszenierung. An der Salzach zeigte man daher eine bewusst reduzierte, teils halbszenische Lesung: Das Ensemble saß vor schwarzer Wand auf Stühlen, von denen sich die entsprechenden Rollen immer wieder zum Dialog erhoben. Am rechten Bühnenrand saß die Autorin selbst, die Regie- und Kapitelanweisungen las. Links hatte Kathleen Morgeneyer als Lada Platz genommen.

Erzählfluss durch Jahrzehnte und Städte

Erzählt wurde in Kapiteln, mit klaren Zeitmarken: 1987, 1990, 1997, 2007, 2014 und 2022. Der Erzählfluss sprang durch Jahrzehnte und Städte, von Baku nach Moskau, später nach Deutschland – immer entlang der Biografie der jungen Lada, die zu einer Art Alter Ego der Autorin wurde. Davydova strukturierte die Episoden, deren Verknüpfungen sich nach und nach zu einem Kreis schlossen. Wiederkehrende Figuren, verschobene Perspektiven und nicht erkannte Begegnungen gaben dem Abend eine stille innere Spannung.

Dass Lada etwa Kjamran (Christoph Luser), den Bruder ihrer Freundin aus Kindertagen in Baku, in Berlin trifft, ohne ihn als solchen zu erkennen – das erkannte nur das Publikum. Dass Mark, einst enger Freund des Vaters, ihr in Moskau als Wohnungsverkäufer gegenübertritt, aber keine Erinnerung mehr hat – ein weiterer Baustein in dieser Erinnerungsspirale.

Schauspielerisch durchwegs überzeugend

Schauspielerisch war der Abend durchwegs überzeugend. Karl Markovics gab Ladas Vater, den Stadtführer Juri, mit einer Mischung aus Wucht und Wärme. Kathleen Morgeneyer ließ in Lada die Widersprüche von Kindheit, Trauma und künstlerischer Selbstfindung aufscheinen. Katja Kolm gestaltete die Rolle der exzentrischen Tante mit eindrucksvoller stimmlicher Wandlungsfähigkeit und emotionaler Tiefe. Arthur Klemt, Christoph Luser, Victoria Kraft und Dominik Dos-Reis ergänzten präzise. Die Sprache wurde zur eigentlichen Bühne: In den Beschreibungen und Stimmen der Figuren entstanden dichte Bilder – von Pogromen, Vertreibungen, zerplatzten Idealen.

“Land of No Return” wurde ein zweistündiger Abend der leisen Übergänge und langen Linien, der nicht laut anklagte, sondern genau hinsah – und sich mit jedem Kapitel tiefer in die Brüche und Spuren der Geschichte einschrieb. Das Publikum honorierte diese eindrückliche Arbeit mit großem Applaus.

(Von Larissa Schütz/APA)

(S E R V I C E – Marina Davydova: “Land of No Return” – Lesung mit Kathleen Morgeneyer (Lada), Karl Markovics (Juri), Arthur Klemt (Mark), Victoria Kraft (Mechriban), Christoph Luser (Kjamran), Katja Kolm (Tante Kilja), Dominik Dos-Reis (Nachbarn) www.salzburgerfestspiele.at)

Kommentare

Aktuell sind 0 Kommentare vorhanden

Kommentare anzeigen