Von: apa
Ein 27-jähriger Bewohner einer psychosozialen Betreuungseinrichtung ist am Dienstag in Wels wegen Mordversuchs an einem Mitbewohner rechtskräftig zu 15 Jahren Haft verurteilt und in ein forensisch-therapeutisches Zentrum eingewiesen worden. Der Mann hat den anderen im Streit mit einer Mistgabel attackiert und schwer verletzt. Es war nicht das erste Mal, dass er wegen Mordversuchs schuldig gesprochen wurde.
Der Angeklagte war von Kindheit an verhaltensauffällig. Sein Vorstrafenregister weist fünf Einträge auf. 2013 hatte er versucht, eine Bank zu überfallen und war mit einem Buttermesser auf eine Angestellte losgegangen. Zuvor hatte er einen Betreuer in einer Jugendeinrichtung, ebenfalls mit einem Messer, attackiert. Der damals 16-Jährige fasste daraufhin für zwei Mordversuche und versuchten schweren Raub fünf Jahre aus. Zweimal wurde er bereits in ein forensisch-therapeutisches Zentrum eingewiesen. Im Februar 2024 wurde er bedingt aus dem Maßnahmenvollzug entlassen und lebte seither, wie es die gerichtliche Auflage vorsah, in einer psychosozialen Betreuungseinrichtung. Dort kam es im Dezember des Vorjahres in der Küche zu einem Streit mit einem Mitbewohner, der ihn wegen – marginalen – Verstößen gegen die Hausordnung verpetzt hatte.
Angeklagter will Stimmen gehört haben
Laut Anklage ging er daraufhin hinaus, holte eine Heugabel, kehrte damit zurück in die Küche und attackierte seinen Kollegen. Dieser konnte die Angriffe zunächst teilweise abwehren und verletzt davonlaufen, kam aber zu Sturz. Dann rammte ihm der Angeklagte die Zinken in den Brustkorb. Das Opfer flüchtete erneut, der Angeklagte habe ihm die Mistgabel noch “wie einen Speer nachgeworfen, ihn aber verfehlt”, so die Staatsanwältin. Der Mitbewohner erlitt u.a. eine schwere Stichverletzung am Oberkörper.
Der Angeklagte war geständig. “Es ist passiert. Ich habe eine Stimme gehört”, bedauerte er. Er habe sich bei dem Opfer entschuldigt – “er war mein zweitbester Freund” – und würde gerne eine Therapie machen. Sein Verteidiger versuchte das Geschworenengericht davon überzeugen, dass sein Mandant nicht zurechnungsfähig gewesen sei. Die Staatsanwaltschaft forderte hingegen Strafe und Unterbringung und stützte sich dabei auf ein psychiatrisches Gutachten. Demnach war der 27-Jährige zur Tatzeit zurechnungsfähig, es bestehe allerdings aufgrund seiner psychischen Erkrankung die Gefahr, dass er weitere Taten begehe.
Sachverständige sieht Stimmen nur als “Lautwerden der eigenen Gedanken”
Es habe “schwerste Verhaltensauffälligkeiten seit dem Jugendalter” gegeben, führte die psychiatrische Sachverständige Gabriele Wörgötter aus, immer wieder sei es zu “Impulsdurchbrüchen aus nichtigen Anlässen”, auch mit Gewalt gegen andere, gekommen. Sie sieht eine “schwere instabile Persönlichkeitsstörung”, geringe Frustrations- und Kritiktoleranz. Die Stimmen, die der Angeklagte behauptet, gehört zu haben, interpretiert sie eher als “Lautwerden der eigenen Gedanken” denn als “akustische Halluzinationen”, wie sie etwa bei Schizophrenie vorkommen können. Sie seien also wohl “eine Schutzbehauptung”. Auch eine Psychose durch Drogen schließe sie allein schon aufgrund der kurzen Dauer des Ausrasters aus, auch wenn der Angeklagte diverse illegale Substanzen konsumiert habe.
Die Geschworenen urteilten einstimmig, dass der Angeklagte das Verbrechen des versuchten Mordes begangen habe und befanden ihn mit 6:2 für zurechnungsfähig. Daher wurde sowohl eine Haftstrafe verhängt – wobei das Geständnis, die eingeschränkte Zurechnungsfähigkeit des Mannes und, dass das Opfer überlebt hat, als mildernd gewertet wurden – als auch eine Einweisung in ein forensisch-therapeutisches Zentrum angeordnet.
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