Von: apa
Der Amokläufer von Graz, der am Dienstag in einer Grazer Schule zehn Menschen tötete und Suizid beging, soll laut einem Bericht der “Salzburger Nachrichten” (Online) kurz vor der Tat aus der Schule ein Foto in einem sozialen Netzwerk gepostet haben. Dieses sowie frühere Postings deuten offenbar darauf hin, dass sich der 21-Jährige das Schulmassaker an der Columbine Highschool im US-Bundesstaat Colorado zum Vorbild genommen hat. Die Polizei prüft das Foto.
Als Profilbild soll der Amokläufer unter seinem in der Gamer-Szene verwendeten Namen demnach ein Foto eines der beiden Attentäter des Schulmassakers 1999 in den USA, bei dem zwölf Schüler und ein Lehrer ermordet wurden und die beiden jugendlichen Schützen Suizid verübten, verwendet haben. Auf dem kurz vor der Tat geteilten Foto ist laut dem Bericht der Boden der Schultoilette zu sehen sowie die Schuhe des Täters, so die “Salzburger Nachrichten” unter Berufung auf eine Bestätigung der Echtheit der Aufnahme aus Polizeikreisen. Die Landespolizeidirektion Steiermark konnte Freitagfrüh die Echtheit des Fotos vorerst nicht bestätigen. “Wir gehen diesem Hinweis nach”, sagte Sprecher Sabri Yorgun auf APA-Nachfrage. Das Foto sei der Polizei bereits als Hinweis gemeldet worden. Ob das Foto tatsächlich vom Täter stammt, könne daher noch nicht bestätigt werden.
Die Obduktionen der elf Leichname sind zwar abgeschlossen, die Ergebnisse liegen allerdings noch nicht vor. Es seien noch weitere Gutachten einzuholen. Daher können bisher keine Obduktionsergebnisse bekannt gegeben werden, so Yorgun.
Tatortarbeit mit 3D-Laser-Technologie abgeschlossen
Wie der Leiter des Landeskriminalamts Steiermark am Donnerstag in der Pressekonferenz bereits erwähnt hat, ist die Tatortarbeit großteils abgeschlossen. Sowohl die Tatrekonstruktion in der Schule als auch die Spurensicherung seien beendet. Mit ein Grund, weshalb das so schnell ging, sei der Unterstützung aus dem Bundeskriminalamt zu verdanken. Es wurde eine sogenannte 3D-Laser-Tatortdokumentation vorgenommen.
Nun konzentrieren sich die Ermittler hauptsächlich auf die Befragung der mehr als 100 Zeugen. Außerdem werden die Daten ausgewertet – sowohl jene, die bei der Hausdurchsuchung in der Wohnung des Täters gefunden wurden, als auch jene von der Plattform, auf der Videos und Fotos für die Polizei hochgeladen werden können. Freitagvormittag waren 683 Dateien hochgeladen – davon 371 Videos, sagte Yorgun zur APA. Die Plattform bleibt weiter online und Zeugen können Dateien weiterhin unter https://upload.bmi.gv.at/ hochladen.
Update aus den Spitälern
Die Polizei hat auch an anderer Stelle Einsätze zu verzeichnen: In der Siedlung in Kalsdorf im Bezirk Graz-Umgebung, in der der Täter gelebt hat, tummeln sich seit Tagen zahlreiche Medienvertreter aus dem In- und Ausland. Nachbarn fühlen sich bedrängt, weshalb Beamtinnen und Beamten bereits für Ordnung sorgen mussten.
Aus den Krankenhäusern, die die elf Verletzten des Amoklaufs medizinisch versorgen, hieß es am Freitag, dass drei Patientinnen und Patienten nun doch erst im Laufe des Freitags von der Intensiv- auf die Normalstation des LKH-Universitätsklinikums verlegt werden dürften. Drei andere liegen bereits auf der Normalstation des LKH Graz. Am Donnerstag wurde aus sozialen Erwägungen jene Person, die am Standort West des LKH Graz II betreut wurde, zu den vier anderen Patienten des UKH Graz verlegt. Somit befanden sich mit Stand Freitagmittag sechs Patienten im LKH-Uniklinikum – fünf Jugendliche und ein Erwachsener – und fünf Patienten im UKH Graz. Eine Prognose, ob weitere Operationen notwendig sein werden, sei vorerst nicht möglich.
Spendenkonten eingerichtet
Die Stadt Graz hat mittlerweile ein offizielles Spendenkonto eingerichtet, um den Betroffenen des Amoklaufs “mit voller Solidarität” zur Seite zu stehen, wie es hieß. Das Spendenkonto sei durch Bürgermeisterin Elke Kahr (KPÖ) und im Einvernehmen mit der Direktorin ins Leben gerufen worden. “Wir werden sicherstellen, dass die Spenden zur Gänze bei den Betroffenen ankommen und sind in enger Abstimmung mit dem Elternverein”, hieß es auf der Website der Stadt Graz. Der Empfänger lautet: Graz – Zusammenhalten Spenden BORG Dreierschützengasse. IBAN: AT59 1400 0009 1026 0197.
Unabhängig vom Spendenkonto hat Bürgermeisterin Kahr zugesagt, dass die Begräbniskosten für die Opfer des Amoklaufs aus städtischen Mitteln, konkret aus dem Budget der Bürgermeisterin, bezahlt werden. Angehörige können die Rechnung einfach ohne speziellen Antrag und ganz unkompliziert einreichen oder vorab die Kosten übernehmen und diese dann im Büro von Kahr im Rathaus geltend machen.
Auf der Crowdfunding-Plattform “GoFundMe” wurde ebenfalls eine Sammelaktion veröffentlicht: “Amoklauf Graz – Hilfe für die Hinterbliebenen Familien”. “Wir sammeln Spenden – fair aufgeteilt und transparent, damit jeder Beitrag dort ankommt, wo er am dringendsten gebraucht wird. Die Spenden sollen helfen, die Bestattungskosten zu decken und die Überführung der Kinder in ihre Heimatstädte zu ermöglichen – ein letzter Weg in Würde”, heißt es. Freitagvormittag wurden als bisher gespendete Summe gut 4.400 Euro angezeigt (https://go.apa.at/HLEmQkNm).
Innenminister Karner fordert Konsequenzen
Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) hält nach dem Amoklauf Reaktionen des Gesetzgebers für unbedingt notwendig. “Nach so einer Wahnsinnstat können und werden wir nicht zur Tagesordnung übergehen. Es muss Konsequenzen und Änderungen geben”, sagte er am Freitag vor dem Innenministerrat in Luxemburg. Dass etwa wegen Datenschutz “die Waffenbehörden keinen Zugriff auf Daten der Stellungsbehörden haben”, sei “unerträglich und wird so nicht bleiben können”. Neben einer möglichen Verschärfung des Waffengesetzes gehe es auch etwa über Maßnahmen zu verstärktem Opferschutz und bei der Schulsicherung. Die Koalitionsparteien haben bereits mit Gesprächen bezüglich Hürden für den Waffenbesitz begonnen.
Der FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker forderte “sofortige und lückenlose Aufklärung” von Innenminister Karner: “Seit Tagen wird der Öffentlichkeit die Erzählung aufgetischt, dass der Attentäter komplett zurückgezogen gelebt habe, er in sozialen Medien “unsichtbar” gewesen sei und man daher überhaupt nichts im Vorhinein von seiner Schreckenstat ahnen habe können – das sind astreine “Fake News”, wie sich jetzt herausgestellt hat”, kritisierte der Nationalratsabgeordnete. Es stehe “der Verdacht eines skandalösen Behördenversagens im Raum”.
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