Von: mk
Toblach – Ein polnisch-ukrainisches Touristenpaar hat einen seltenen Anblick erlebt und auf Video eingefangen: Mitten am helllichten Tag spazierte ein Wolf in der Nähe des Toblachers See entlang der Straße. „Es war die Krönung unseres Urlaubs, dieses majestätische Tier in der Wildnis zu erleben“, erklärt Oskar Niemiec gegenüber Südtirol News. Bei Einheimischen dürfte die Sichtung hingegen eher gemischte Gefühle auslösen.
Oskar Niemiec und seine Partnerin Zoriana leben bereits seit Jahren in Österreich. Die geografische Nähe zu Südtirol erlaubt es ihnen, hier immer wieder ihre Ferien zu verbringen – nicht zuletzt, weil Südtirol ihr beliebtestes Ziel ist, um mit dem Rad zu fahren, zu wandern und zu klettern oder einfach nur Zeit in der Natur zu verbringen. Was sie jedoch diesmal in ihrem Urlaub erlebten, raubte ihnen den Atem.
Bei einer Autofahrt von Toblach in Richtung Schluderbach bemerkten sie einen Wolf, der gemütlich neben der Straße daher trottete. Geistesgegenwärtig zückten die Touristen das Handy, um den Moment filmisch festzuhalten. Nur kurze Zeit später biegt der Wolf ab, um die Böschung hinunter zu rennen und aus dem Blickfeld zu verschwinden.
Auch in Südtirol ist die Anzahl der Wölfe in den letzten Jahren gestiegen – sehr zum Leidwesen der Bauern. Immer wieder kam es zu blutigen Rissen von Nutztieren. Aufgrund des steilen und felsendurchsetzten Geländes in vielen Gebieten sind Herdenschutzmaßnahmen in Südtirol nur bedingt umsetzbar.
Erst vor wenigen Tagen hat das Europäische Parlament eine Verordnung genehmigt, mit dem der Schutzstatus des Wolfs in der EU abgesenkt wird – nicht zuletzt aufgrund des Drucks von Vertretern aus den Alpenländern. „Auch wenn es nur nach einer Formalität klingt: Die Herabstufung von ,streng geschützt‘ auf ,geschützt‘ macht den Weg frei für ein effizientes Management der Wolfspopulation und gibt den Mitgliedstaaten endlich ein Instrument in die Hand, um dort einzugreifen, wo Wölfe in den letzten Jahren zum Problem geworden sind“, erklärte der Südtiroler Europaparlamentarier Herbert Dorfmann (SVP).
Ein herabgesenkter Status soll den Staaten laut EU-Kommission mehr Flexibilität geben, die Jagd auf Wölfe zuzulassen, ohne den Schutz ganz aufzuheben. Aus der Landwirtschaft kam viel Zustimmung, Tierschützer kritisierten den Plan.
20.000 Wölfe in Europa
Die Kommission hatte bereits im Dezember 2023 vorgeschlagen, den Schutzstatus des Wolfes abzusenken. Die Rückkehr des Raubtiers in EU-Regionen, in denen es seit langem nicht mehr anzutreffen war, habe ebenso wie die Zunahme seiner Populationen in neuen Gebieten zu Schwierigkeiten und Konflikten geführt, begründete die Kommission ihre Entscheidung.
Nach Angaben der Kommission gibt es in Europa über 20.000 Wölfe, deren Populationen und Verbreitungsgebiete wachsen.
Auch in unserer Region ist das Verhältnis gespalten: Der Wolf ist zwar ein anmutiges Tier, das aufgrund seiner Scheu nur eher selten in die Nähe des Menschen kommt. Doch gerade im Trentino ist es immer wieder zu bedenklichen Zwischenfällen gekommen.
Erst heuer im April hat im Val di Sole ein Wolf hat kurz vor Mitternacht einen Hund direkt aus dem Garten seines Hauses entführt – nur das blutige Halsband blieb zurück. Im Jänner 2024 hat im Fassatal ein Wolf eine Mutter mit einem Kinderwagen verfolgt. Dort waren sich die Experten einig, dass so ein Exemplar entnommen werden muss.
Auch wenn der Schutzstatus des Wolfes nicht ganz gefallen ist – durch die Änderung im EU-Parlament ist es künftig den Mitgliedstaaten erlaubt, Maßnahmen zu ergreifen, um die wachsenden Wolfspopulationen dort zu managen, wo es der Schutz von Menschen sowie Konflikte mit der Landwirtschaft verlangen.
Aktuell sind 41 Kommentare vorhanden
Kommentare anzeigen