Von: mk
Bozen – Gäbe es Bruno Bertoldi und Karl Fink nicht, wäre das Leben der Häftlinge im Bozner Gefängnis düsterer. Die beiden engagierten Bozner Freiwilligen der deutschen und italienischen Vinzenzgemeinschaft leisten seit Jahrzehnten unschätzbaren Dienst für die derzeit rund 100 Gefangenen. Wöchentlich gehen sie ins Gefängnis: Sie hören zu, organisieren Kleidung, Lebensmittel, Hygieneartikel und Zigaretten, erledigen außerhalb Bankgeschäfte und Botengänge, verrichten Telefonate und kümmern sich um Spendeneingänge. Bruno Bertoldi macht seit 47 Jahren Dienst im Gefängnis und Karl Fink seit 25 Jahren.
Sechs Türen führen ins Gefängnis. Für zwei Freiwillige der deutschen und italienischen Vinzenzgemeinschaft öffnen sie sich wöchentlich: für Bruno Bertoldi, Jahrgang 1930, er wohnt am Bozner Boden und für Karl Fink, 1942 am Ritten geboren und seit 40 Jahren in Bozen lebend.
Um die Tätigkeit im Gefängnis ausüben zu können, gründete der in den Nachkriegsjahren in der Vinzenzgemeinschaft aktive Franz Josef Graf Forni den „Verein der freiwilligen Gefangenenbetreuung“. Bruno Bertoldi sagte damals auf dessen Anfrage hin: „Probieren wir’s“. Er blieb bis heute. Der heute 88-Jährige geht jeweils sonntags ins Gefängnis und assistiert dabei auch Gefangenenseelsorger Robert Anhof beim Gottesdienst. Je nach Bedarf kommt er auch samstags.
Nach dem Eintritt ins Gefängnis entnehmen Bruno Bertoldi und Karl Fink aus einem Postkasten die schriftlichen Anfragen der Gefangenen, empfangen sie zum Gespräch und versuchen, ihre Anliegen zu erfüllen. Das geht vom Wunsch nach Unterwäsche bis zum Telefonat an die Eltern, vom Ausleihen von Büchern und Zeitungen über den Gang zum Rechtsanwalt oder zum Steueramt bis hin zur Bitte der Gefängnisdirektion um Toilettenpapier, Lebensmittel, Gummihandschuhe oder Mineralwasser.
Bruno Bertoldi und Karl Fink haben ihre Aufgaben gut aufgeteilt. Bertoldi verteilt im Gefängnis Bekleidung, Hygieneartikel, Lebensmittel oder Zigaretten und Sportartikel. Außerhalb kümmert er sich um die dringend benötigten finanziellen Mittel. Diese kommen von der Stiftung Sparkasse, der Gemeinde Bozen, der Provinz Bozen, von der Südtiroler Vinzenzgemeinschaft und von privaten Spendern.
Karl Fink begleitet im Gefängnis den Bibliotheksdienst, versieht Post mit Briefmarken, nimmt die Telefonwünsche der Gefangenen auf, ruft später Verwandte der Häftlinge an, richtet ihre Wünsche aus, muntert verzweifelte Ehefrauen auf oder wickelt im Auftrag der Inhaftierten deren Bankgeschäfte ab. Die Einsätze sind für die Gefangenen sehr wichtig, da sie nur einmal in der Woche gegen Bezahlung und in Absprache mit den Wächtern telefonieren dürfen. Drei bis vier Stunden hält sich Karl Fink jeweils am Mittwoch im Gefängnis auf. Außerhalb arbeitet er monatlich bis zu zehn Stunden für die Gefangenen. Betroffen machen ihn weinende Mütter am Telefon.
Bruno Bertoldi und Karl Fink sind von der Gefängnisleitung anerkannt, jährlich wird ihr Leumund überprüft. Sie erhalten von Rom die Eintrittsgenehmigung jeweils für ein Jahr. Altersbedingt möchten beide in den Ruhestand treten. Als „große Lebensschule“ bezeichnet Karl Fink diese Arbeit. Beide machen den Dienst sehr engagiert. Sie können nachvollziehen, wenn ehemalige Gefangene sie auf der Straße später nicht mehr grüßen. Andere hingegen freuen sich, wenn sie sie treffen und mit ihnen einen Kaffee trinken.
Das Leben im Bozner Gefängnis hat sich in den vergangenen Jahrzehnten markant verändert: Bruno Bertoldi kann sich als erster Gefangenen-Betreuer Italiens überhaupt an die Anfänge im Jahr 1971 gut erinnern: Die damaligen Inhaftierten stammten vor allem aus Südtirol und dem übrigen Italien. Heute kommt der größte Teil der Gefangenen aus dem Ausland. Im Bozner Gefängnis sind vor allem Menschen inhaftiert, die zu weniger als fünf Jahren Haft verurteilt sind. Kleinkriminalität, Drogenhandel oder Überfälle sind ihre Hauptdelikte. Fink und Bertoldi fragen nicht, warum sie im Gefängnis sind. Wer es ihnen erzählt, dem hören sie zu. „Viele Menschen haben oft nichts zu verlieren“, sagt Karl Fink. Die Möglichkeiten, sich legal über Wasser zu halten, seien schwierig.
Bruno Bertoldi sieht das Ehrenamt in Krise. „In unserer Welt leben viele Egoisten“, sagt der Vater von zwei Kindern. Für ihn ist kontinuierlicher Einsatz für Menschen in Not eine Lebenserfahrung, die für jeden wertvoll wäre. Bertoldi ist von Anfang an Vorsitzender des „Vereins der freiwilligen Gefangenenbetreuung“. Monatlich treffen sich die Vereinsmitglieder mit Gefangenenseelsorger Robert Anhof zur Planung: Sie kümmern sich nicht nur um die Häftlinge im Gefängnis, sondern begleiten auch Haftentlassene, die zwar Arbeit, aber vorübergehend keine Wohnung haben. In einer von der Vinzenzgemeinschaft zur Verfügung gestellten Wohnung in Bozen bekommen einige vorübergehend Unterkunft. Die Vinzenzgemeinschaft betreut auch Häftlinge aus Südtirol, die in anderen Regionen untergebracht sind.
Der Präsident der Südtiroler Vinzenzgemeinschaft Josef Haspinger bedankt sich bei den zwei Freiwilligen. „Bruno Bertoldi und Karl Fink kann man nie genug danken“, sagt er. Ihr Einsatz, ihre Zuverlässigkeit und Ausdauer könnten mit Geld nicht aufgewogen werden.
Es werden dringend Freiwillige gesucht, die diesen wertvollen Dienst weiterführen. Für weitere Fragen steht die Südtiroler Vinzenzgemeinschaft unter Tel. Tel. 0471 324 208 zur Verfügung.