Verteidigung rüstet sich fürs Berufungsverfahren

„Benno ist krank“

Sonntag, 26. Februar 2023 | 10:17 Uhr

Bozen – Der Bozner Benno Neumair ist im November 2022 bekanntlich wegen des Mordes an seinen Eltern zu zweimal lebenslänglicher Haft verurteilt worden. Der Grund: Sowohl beim Mord an seinen Vater als auch später bei jenem an seiner Mutter sah ihn das Schwurgericht als zurechnungsfähig an. Genau diesen Grund will die Verteidigung voraussichtlich im Berufungsverfahren ins Wanken bringen.

Die Anwälte Flavio Moccia und Angelo Polo haben immer wieder betont, ihr Mandant leide unter psychotischen Zusammenbrüchen, die seine Zurechnungsfähigkeit stark beeinträchtigen würden. Das Schwurgericht hat diese These jedoch nicht überzeugt. Laut einem Bericht der italienischen Tageszeitung Alto Adige wird die Verteidigung im Berufungsverfahren auf diesem Argument jedoch voraussichtlich beharren.

Am 4. Jänner 2021 hatte Benno Neumair bekanntlich seine Eltern Laura Perselli und Peter Neumair, beide Lehrer, nacheinander in der Familienwohnung ermordet und deren Leichen beseitigt. Die leblosen Körper waren erst Wochen später nach einer aufwändigen Suche im Flussbett der Etsch gefunden worden. Der 32-Jährige hatte zunächst versucht, die Ermittler auf eine falsche Fährte zu locken, dann aber ein Geständnis abgelegt.

Die These der psychischen Krankheit ist vermutlich die einzige Karte, worauf die Verteidigung setzen kann, um ein milderes Urteil zu erwirken.

Das Kassationsgericht hat in der Vergangenheit festgehalten, dass auch Persönlichkeitsstörungen, die nicht unbedingt mit einer psychischen Krankheit gleichzusetzen sind, die Zurechnungsfähigkeit beeinträchtigen können, sofern sie stark und schwerwiegend genug sind. Dem Schwurgericht zufolge traf dies bei Benno Neumair nicht zu. Ob Benno Neumair zum Tatzeitpunkt zurechnungsfähig war, darüber waren sich die Gutachter auch im Prozess in der ersten Instanz nicht einig. Auch darauf könnte sich die Verteidigung im Berufungsverfahren stützen.

In der Urteilsbegründung weisen die Richter allerdings daraufhin, dass es weder vor dem Streit mit dem Vater noch nachher Anzeichen einer Psychose gegeben habe. Stattdessen deute alles darauf hin, dass der Angeklagte völlig ruhig gewesen sei. Auch nach den beiden Taten habe Benno Neumair mit extremer Schlauheit und Klarheit gehandelt, um sich Straffreiheit zu verschaffen. Auch in diesem Zusammenhang habe er sich nach außen hin völlig ruhig gezeigt.

Von: mk

Bezirk: Bozen