Nichts ist mehr wie früher – ein Kommentar

Bitterer Nachgeschmack

Donnerstag, 03. November 2022 | 01:18 Uhr

Rom/Bozen – Die Entscheidung der Regierung Meloni, die Impfpflicht für das Gesundheitspersonal zu kippen, wird besonders im „No Vax-Land“ Südtirol mit Freude aufgenommen. Da die bisher suspendierten Sanitätsangestellten nun zu ihren Arbeitsplätzen zurückkehren können – und in manchen Fällen auch nolens volens müssen –, dürfte sich über den römischen Entscheid auch der heimische Sanitätsbetrieb freuen. In der Tat begründet selbst die römische Regierung ihren Beschluss mit der Deckung von Personalengpässen im Gesundheitswesen.

Angesichts des Abflauens der Pandemie, die nach dem Beginn des Ukraine-Kriegs medial ohnehin in den Hintergrund getreten ist, hat die Regierung leichtes Spiel, die von den No Vax ungeliebte Impfpflicht zurückzunehmen. Allerdings ist es eine Tatsache, dass das vielleicht absehbare Ende der Pandemie vor allem der Verdienst jener ist, die sich geimpft haben. Die Impfung ist kein Wundermittel, sie hat aber wesentlich dazu beigetragen, schwere Verläufe zu verhindern, den Umlauf des Virus zu verringern und Druck von den Krankenhäusern zu nehmen. Zusammengefasst hat die Impfung sehr vielen Menschen das Leben gerettet. Die Rückkehr zur Normalität ist hauptursächlich auf die Impfung zurückzuführen.

Facebook/GIMBE

In den nächsten Tagen hingegen werden jene in ihre Abteilungen zurückkehren, die diesen gesellschaftlichen Beitrag zur Bekämpfung der Pandemie und zur Aufrechterhaltung des Krankenhausbetriebs nicht geleistet haben. „Ihre Wiedereinstellung sendet eine zutiefst wissenschaftsfeindliche Botschaft aus“, fasst es der Präsident der medizinischen Forschungsstiftung „Gimbe“ zu Recht mit einem Satz zusammen.

In den nächsten Tagen werden sie ihren Kolleginnen und Kollegen gegenüberstehen, die ihretwegen auf Urlaube verzichten mussten und gezwungen waren, zusätzliche Dienstschichten zu stemmen. Es wird vielleicht zu Spannungen kommen und manchmal wird das Arbeitsverhältnis unter Kollegen sogar kaum mehr zu kitten sein. Meistens wird man sich aber wieder zusammenraufen und vielleicht sogar so tun, als ob nie etwas passiert sei.

Die tiefe Kluft und die Erfahrung, dass Kollegen die Suspendierung der Impfung vorziehen, könnten das Betriebsklima belasten. Der bittere Nachgeschmack, dass nichts mehr so sein wird wie früher, wird daher vermutlich bleiben.

Von: ka

Bezirk: Bozen