Von: luk
Bozen – Über Jahrzehnte war die große Gebrauchtkleidersammlung im Herbst sowie die Containersammlung der Caritas ein wichtiger Bestandteil gelebter Solidarität in Südtirol. Doch nun musste die Caritas eine schwierige Entscheidung treffen: Die gesamte Gebrauchtkleidersammlung wird eingestellt – ein Abschied, der nach 51 Jahren schwerfällt.
„Die Gründe dafür sind vielfältig. Der Markt der Gebrauchtkleider hat sich leider stark gewandelt: Sie haben erheblich an Wert verloren, und immer größere Mengen müssen kostenintensiv entsorgt werden. Aus diesem Grund haben wir die große Gebrauchtkleidersammlung letzthin schon mehrmals ausgesetzt“, sagt Caritas-Direktorin Beatrix Mairhofer. „Seit Jahresbeginn ist nun aber eine neue EU-Verordnung in Kraft, die uns zu einer definitiven Entscheidung gezwungen hat.“
Neue EU-Verordnung
Laut dieser EU-Verordnung dürfen selbst beschädigte Textilien nicht mehr im Restmüll entsorgt werden, sondern müssen von den öffentlichen Anbietern recycelt werden. Konkret bedeutet das, dass die Gemeinden jetzt nicht mehr nur Altpapier, Glas, Plastik usw. getrennt einsammeln müssen, sondern eben auch alle Arten von Textilien. „Die Kosten bei der Sammlung, den Transport und die Trennung/Verwertung der Kleidung werden sich dadurch deutlich erhöhen. Wir als Caritas müssten also, um diesen Dienst gewährleisten zu können, den Gemeinden (auf Kosten des Steuerzahlenden) Geld verrechnen, um überhaupt kostendeckend arbeiten zu können. Wir aber sind kein Abfallentsorgungsbetrieb und wollen das auch nicht sein. Unser Auftrag ist ein anderer!“, sagt Mairhofer. „Aus diesem Grund haben wir schweren Herzens die Entscheidung getroffen, mit der Gebrauchtkleidersammlung ganz aufzuhören.“
Rückzug aus allen Gemeinden innerhalb dieses Jahres
„Wir werden uns im Laufe des Jahres in allen Gemeinden aus der Gebrauchtkleidersammlung zurückziehen“, kündigt Guido Osthoff an, der die Gebrauchtkleidersammlung gemeinsam mit Brigitte Hofmann bei der Caritas koordiniert hat. „Für uns geht damit eine Ära zu Ende: Seit 1974 haben wir als Caritas, bis auf nur vier Unterbrechungen, gebrauchte und gut erhaltene Kleidungsstücke, Schuhe, Taschen und Haushaltstextilien im Land eingesammelt und sie dann gemeinsam mit unseren Partnern nach ethischen, fairen und verantwortungsvollen Kriterien auf den Markt gebracht. Den Erlös haben wir für die Finanzierung wichtiger Caritas-Dienste eingesetzt, welche Bedürftige und Hilfesuchende kostenlos in Anspruch nehmen können. Kleiderspenden waren somit für uns wichtige Spenden“, sagt Osthoff.
Bisher wichtige Spendeneinnahme zur Finanzierung von Caritas-Diensten
„Im Schnitt haben wir jedes Jahr zwischen 1.000 und 2.500 Tonnen Gebrauchtkleider eingesammelt und durchschnittlich mehr als 100.000 Euro pro Jahr an Spenden erwirtschaftet“, sagt Osthoff weiter. Seid Corona allerdings sei der Erlös aus dem Verkauf stark zurückgegangen. „Mit den neuen gesetzlichen Vorgaben wäre die Situation nun gar so, dass uns die Bürger fortan nicht mehr nur ihre Kleider spenden würden, sondern für deren Einsammlung womöglich über eine Erhöhung der gemeindeeigenen Müllgebühren auch noch bezahlen müssten. Das ist für uns, abgesehen von der Tatsache, dass wir uns nicht als Abfallentsorgungsbetrieb in das entsprechende Register eintragen wollen, nicht vertretbar“, unterstreicht auch Osthoff.
Caritas sagt „Danke!“
„Wir bedanken uns ganz herzlich bei der Südtiroler Bevölkerung, bei den Gemeinden, vor allem aber bei den unzähligen Freiwilligen, den Pfarreien, Vereinen und Gruppen vor Ort, die gerade bei der großen Gebrauchtkleidersammlung immer tatkräftig mitgewirkt haben und ohne die eine so große Aktion gar nie möglich gewesen wäre“, sagt Caritas-Direktorin Mairhofer und hofft auch in Zukunft auf Unterstützung: „Solidarität bleibt wichtig, auch wenn sich ihre Formen ändern.“
Wer helfen möchte, kann dies weiterhin durch bewusste Spenden und gezieltes Engagement tun – damit die Caritas auch weiterhin Menschen in Not durch Beratung, Begleitung und wo notwendig, auch finanzielle Unterstützung, helfen kann.
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