Von: mk
Bozen – Der Umbau des bestehenden dormizil in der Rittner Straße in Bozen, die Suche nach einer neuen Notschlafstätte für den kommenden Winter, die Begleitung von obdachlosen Menschen in den zur Verfügung gestellten Wohnungen in der Landeshauptstadt, die intensivere Einbindung von Freiwilligen, weitere Sensibilisierung zum Thema Obdachlosigkeit und eine verstärkte Zusammenarbeit mit anderen Vereinen: Die Herausforderungen für den vor drei Jahren gegründeten Verein „Housing first bozen EO“ bleiben groß. Paul Tschigg übernimmt in den kommenden drei Jahren den Vorsitz des Vereins. Ihm zur Seite stehen Martina Schullian, Christian Anderlan und Erich Innerbichler.
Der Verein „housing first bozen EO“ hat sich bei der kürzlich stattgefundenen Mitgliederversammlung viel vorgenommen und einen neuen, auf vier Personen aufgestockten Vorstand gewählt. Der bisherige stellvertretende Vorsitzende Paul Tschigg übernimmt die Leitung des Vereins „housing first bozen EO“ für die kommenden drei Jahre. Das bisherige Vorstandsmitglied Christian Anderlan arbeitet weiter im Vorstand mit, Martina Schullian und Erich Innerbichler kommen neu hinzu. Magdalena Amonn hat den Vorsitz des Vereins zurückgelegt. Sie wird sich in den kommenden Monaten beruflich um neue Projekte kümmern und hat nicht mehr ausreichend Zeit, bleibt dem Verein aber als Mitglied erhalten. Der Steuer- und Arbeitsrechtsberater Roland Lahner hat sich bereiterklärt, als Kontrollorgan des Vereins zu fungieren.
Der Verein hat es sich bei seiner Gründung im Jahr 2020 zur Aufgabe gemacht, Wohnungs- und Obdachlosigkeit in Südtirol nachhaltig zu bekämpfen und neue Wohnkonzepte nach Südtirol zu bringen. Die Haselsteiner Familien-Privatstiftung hat dem Verein in der Rittner Straße 25 in Bozen ein dreistöckiges Haus als Leihgabe für 30 Jahre für den Dienst an obdachlosen Menschen kostenlos zur Verfügung gestellt. In den zwei vergangenen Wintern wurde das Gebäude aufgrund der prekären Wohnsituation in Bozen 25 wohnungs- und obdachlosen Menschen bereitgestellt. Noch im Jahr 2023 soll der Umbau des Hauses beginnen: Neun langjährig obdachlose Menschen erhalten nach dem Konzept „Housing First“ eine kleine Mietwohnung. Im Dachgeschoss des künftigen dormizil finden außerdem bis zu fünf Personen in einer Notunterkunft einen vorübergehenden Schlafplatz. Im Tiefparterre sollen Menschen ohne Dach über dem Kopf duschen und ihre Wäsche waschen können. Gearbeitet wird mit Baubestand. Auf sechs Stockwerken plus Keller werden 900 Quadratmeter verbaut.
Diesen Umbau gilt es zu begleiten und die nötigen Finanzmittel dafür aufzutreiben, erklären die vier Vorstandsmitglieder. Weil der nächste Winter bestimmt kommt und immer mehr Menschen in Südtirol wohnungs- und obdachlos werden, sind alle Vereinsmitglieder (Magdalena Amonn, Christian Anderlan, Verena von Aufschnaiter, Wolfgang Aumer, Sigrid Bracchetti, Birgit Bragagna Spornberger, Erich Innerbichler, Norbert Pescosta, Martina Schullian, Paul Tschigg) intensiv bemüht, eine neue Einrichtung im Zentrum von Bozen zu finden, wo mindestens 25 wohnungs- und obdachlose Menschen in der kalten Jahreszeit einen würdevollen Schlafplatz haben. Es dürfe nicht sein, dass im reichen Bozen Menschen erfrieren und an den Rand der Stadt gedrängt werden, erklären sie.
Bei einer Dankesfeier in der Gärtnerei Schullian und bei einem Feedbacktreffen im dormizil haben sich die mehr als 100 Freiwilligen in den vergangenen Wochen über Entwicklungsmöglichkeiten des Vereins ausgetauscht. Gar einige haben sich disponibel gezeigt, sich über die Nacht- und Frühstücksdienste hinaus bei Aktionen und anderen Tätigkeiten einzubringen. Dem wollen die Vereinsmitglieder nachkommen und den Freiwilligen Möglichkeiten eröffnen: „Ohne das Engagement unserer Freiwilligen könnten wir die großen auf uns zukommenden Herausforderungen nicht bewältigen“, erklären sie. Bisher kommt der Verein ohne berufliche Mitarbeiter:innen aus, alles wird auf ehrenamtlicher Basis abgewickelt.
Um den Umbau des Hauses in der Rittner Straße 25 und die Führung einer neuen Winternotschlafstätte zu finanzieren, ist der Verein zur Gänze auf Spenden angewiesen.
Die Vereinsmitglieder und Freiwilligen werden weiterhin mit Aktionen, mit der Teilnahme an Diskussionen und bei Schulbesuchen zu Obdachlosigkeit sensibilisieren. „Wir wollen von unseren Erfahrungen erzählen und in das Fachwissen der Menschen investieren, um einer Stigmatisierung von Obdachlosigkeit entgegenzuwirken, um junge und ältere Personen auf ihre gesellschaftliche Verantwortung aufmerksam zu machen und sie zum Handeln zu ermutigen“, sagen die Mitglieder von „housing first bozen EO“. Vor allem junge Menschen stünden der komplexen Thematik der Obdachlosigkeit und Armut offen gegenüber und bringen sich gerne ein. Durch die Auseinandersetzung mit der komplexen Thematik werde den Leuten bewusst, dass auch im relativ reichen Südtirol gravierende Missstände herrschen, denen mit sozialem Engagement begegnet werden kann: „So erleben die einzelnen Personen effektiv, wie wirkmächtig sie sind und erfahren die Bedeutung von Gesellschaft aus einer neuen Perspektive.“ Das baue Vorurteile ab und fördere ihr kritisches Denken.