Begnadigung Oberleiters wäre gute Gelegenheit – ein Kommentar

Einen Schlussstrich ziehen

Donnerstag, 16. Dezember 2021 | 06:34 Uhr

Bozen – Die durch den italienischen Präsidenten Sergio Mattarella erfolgte Begnadigung des ehemaligen Südtirol-Attentäters Heinrich Oberleiter ist von allen Seiten mit großer Freude aufgenommen worden.

Angesichts der vielen vergangenen vergeblichen Bemühungen, den noch lebenden Südtirol-Attentätern eine Rückkehr in ihre Heimat zu gewähren, ist die Begnadigung Oberleiters eine Überraschung. Diese konnte aber nur geschehen, weil der 80-Jährige seine Ablehnung der Gewalt und sein tiefes Bedauern für die Opfer aller Angriffe zum Ausdruck gebracht hatte. Es hatten sich aber auch zwei Opfer gefunden, die dem früheren „Puschtra Bui“ vergeben hatten.

shb

In gewisser Weise hatten sich ehemalige Kontrahenten aufeinander zubewegt. Seine Begnadigung ermöglicht es dem heute 80-jährigen, der wegen verschiedener Anschläge in den 1960-er Jahren zu lebenslanger Haft verurteilt worden war, seine letzten Lebensjahre in seiner Geburtsheimat zu verbringen.

Die Begnadigung Oberleiters könnte aber auch dazu beitragen, unter die Anschläge der 1960-er Jahre endlich einen Schlussstrich zu ziehen. Die noch lebenden Attentäter und der Staat, die damals beide zu unschönen und unsauberen Mitteln gegriffen hatten, hätten nun Gelegenheit, sich aufeinander zuzubewegen und einander die Hand zum Frieden zu reichen. Mehr als 50 Jahre nach den eigentlichen Taten müsste auf beiden Seiten eigentlich längst die Zeit reif dafür sein, über den eigenen Schatten zu springen und die jeweilige eigene Verantwortung für alles Geschehene zu übernehmen.

Dieser mutige Schritt würde alten Männern nicht nur einen Lebensabend in ihrer Heimat ermöglichen, sondern auch manch Wunde heilen, die heute noch schmerzt und manchmal wieder aufbricht.

Von: ka

Bezirk: Bozen