Von: ka
Bozen – Die Nachricht, dass immer mehr Einwohner der Landeshauptstadt wegziehen, um im näheren oder weiteren Umland eine neue Bleibe zu suchen, stieß auf reges Interesse.
Während es früher die niedrigeren Wohnkosten waren, die die Bozner in den Speckgürtel lockten, sind es heute meist die Sehnsucht nach mehr Grün oder der Wunsch nach einer schönen Terrasse, die die Menschen anziehen. Wenn man sich umhört, spielt bei einigen auch die Möglichkeit eine Rolle, ihre Kinder in einer „deutscheren” Umgebung aufwachsen zu lassen. Andere hingegen verlassen die Landeshauptstadt, weil sie sich dort nicht mehr sicher fühlen.
Interessant ist, dass viele der Weggezogenen weiterhin in Bozen arbeiten. Bei nicht wenigen spielt sich auch der Großteil des Privat- und Soziallebens dort ab. Das bedeutet, dass sie mindestens einmal hin- und zurückfahren müssen, was Zeit in Anspruch nimmt und Geld kostet. Fahren sie zu „ungünstigen” Zeiten oder es fallen drei Tropfen – oder noch schlimmer – drei Schneeflocken, stehen die ehemaligen Bozner, die nun Pendler sind, lange im Stau.
Glücklich können sich diejenigen schätzen, die in der Nähe Bozens wohnen und über gute Bus- und Bahnverbindungen in die Landeshauptstadt verfügen. Alle anderen müssen lange Anfahrtswege in Kauf nehmen und verbringen täglich zwei bis drei Stunden im Zug oder Bus. Wer auf das Auto angewiesen ist, dem wird schnell auffallen, dass das richtig ins Geld geht. Zwischen Treibstoff- und Parkplatzkosten können pro Monat leicht 200 bis 300 Euro zusammenkommen.
Das Fazit lautet, dass sich die Hoffnung auf mehr Lebensqualität meist nur für diejenigen erfüllt, die in einer der Nachbargemeinden ein wirklich schönes Zuhause finden, in dem sie sich wohlfühlen. Die meisten anderen werden feststellen, dass sie nicht nur weniger Geld zur Verfügung haben, sondern auch früher aufstehen und später nach Hause kommen müssen als ihre Kollegen aus Bozen. Ein Umzug sollte also gut überlegt sein. Ob es das wert ist, muss jeder für sich selbst entscheiden. Manch Weggezogener dürfte seine Entscheidung jedoch längst bereuen.
Um der „Landeshauptstadt-Flucht“ entgegenzuwirken, sollte die neue Bozner Stadtverwaltung noch stärker als bisher in Grünanlagen investieren und den Stadtbewohnern ermöglichen, im Zuge von Renovierungen und Umbauten ihre Balkone und Terrassen zu vergrößern. Mehr Kontrollen, die die Sicherheit erhöhen, sowie ein wohnlicheres und ansehnlicheres Stadtbild könnten viele Zweifelnde davon überzeugen, in Bozen zu bleiben.
Aber gehören nicht auch etwas mehr Geld im Portemonnaie und besonders mehr Zeit für sich selbst zur Lebensqualität?
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