Von: mk
Bozen – Von einem Arzt, der seine Ausbildung nicht abgeschlossen hat, verlangte die Steuereinhebungsbehörde Equitalia insgesamt 34.000 Euro.
Nun hat das Zivilgericht ein möglicherweise richtungsweisendes Urteil gefällt: Das Facharztstipendium ist als eine Entlohnung für die geleistete Arbeitszeit anzusehen, auf die der Arzt laut EU-Recht Anspruch hat, befand Zivilrichterin Silvia Rosá. Damit muss der Arzt das Geld dem Land nicht rückerstatten, berichtet das Tagblatt Dolomiten.
Die Richterin folgte den Argumenten von Rechtsanwalt Domenico Laratta, der gegen die Zahlungsaufforderung rekurriert hatte. Das Urteil vom heurigen März ist nun rechtskräftig.
Inwieweit auch andere Ärzte, die ihre Facharztausbildung nicht beendet haben, profitieren, lässt sich vorerst nicht abschätzen. Denn im Fall des betroffenen Arztes hing es nicht von ihm ab, dass er seine Ausbildung nicht abgeschlossen hatte. Die beiden Spitäler – eines in Südtirol und eines in Deutschland –, in denen er arbeitete, hatten ihn als nicht geeignet eingestuft, die Ausbildung fortzusetzen.
Das Land Südtirol hat per Gesetz ein Stipendium zur Facharztausbildung vorgesehen, die jeweils für jene Bereiche ausgeschrieben werden, in denen Bedarf besteht. Derzeit absolvieren 38 Ärzte ihre Facharztausbildung mit Stipendium an einer italienischen Universität, 37 in Südtirols Spitälern und 17 an ausländischen Unis.
Wer das Stipendium in Anspruch nimmt, verpflichtet sich, innerhalb der zehn Jahre nach Abschluss der Ausbildung fünf Jahre in Südtirol als Facharzt zu arbeiten – falls nicht, ist er per Abmachung verpflichtet, rund 75 Prozent der Stipendiensumme zurückzuzahlen. Dieses Übereinkommen hat auch der betroffene Arzt unterzeichnet.
„Die Richterin befand aber, dass der Fall meines Mandanten anders gelagert ist, da er die Ausbildung ja nicht freiwillig abgebrochen hat“, erklärt Rechtsanwalt Laratta gegenüber den „Dolomiten“. Fälle von einseitiger Aufkündigung durch die Ausbildungsstätte seien im Landesgesetz nicht geregelt.
Wohl aber durch EU- bzw. Staatsgesetz geregelt sei die Entlohnung während der Facharztausbildung. „Vorgesehen ist, dass der Arzt auch bei vorzeitiger Auflösung des Vertrages Anrecht auf Entlohnung hat, sofern die Ausbildung im universitären Umfeld auf den Dienst des Arztes in Spitälern abzielt“, betont der Anwalt laut „Dolomiten. Weil das Land diesen Punkt nicht eigens reglementiert habe, greife das Staatsgesetz.
Laut Zivilgericht darf der Rekurssteller demnach die als Stipendium ausbezahlten Gelder als Entlohnung für seine Arbeit im Ausbildungszeitraum behalten.